Hagen. Angesichts der aktuell schwierigen Rahmenbedingungen gibt es zurzeit so wenig Bewegung wie selten zuvor auf dem Hagener Immobilienmarkt
Die 2023er-Entwicklung am Hagener Immobilienmarkt war von erheblicher Zurückhaltung und Umsatzrückgängen geprägt. Das zeigt der aktuelle Grundstücksmarktbericht der Stadt Hagen, der jetzt von Thekla Dietrich, Vorsitzende des Gutachterausschusses der Stadt Hagen, sowie dessen Geschäftsführer Dirk Weißgerber präsentiert wurde.
Dabei wurde deutlich, dass sowohl die Anzahl der Kaufverträge als auch die Geldumsätze selbst im langjährigen Vergleich (siehe Grafik) deutlich gesunken sind. Die Preise gingen derweil eher moderat zurück. „Die Entwicklung ist wirklich besonders und auch ein wenig speziell“, bilanziert Dietrich: „Der Krieg in der Ukraine hat für eine erhebliche Zurückhaltung und eine verhaltene Investitionsbereitschaft gesorgt. Hinzu kommen stark gestiegene Baukosten, ein anhaltender Handwerkermangel, viele offene energetische Fragen gepaart mit Unsicherheiten, was wiederum in eine allgemeine Zurückhaltung mündete.“
Zudem verweist Weißgerber auf die steigenden Zinsen: „Die haben natürlich längst noch nicht das Niveau aus längst vergangenen Zeiten, als die Zinsen sogar bei acht bis zehn Prozent lagen, aber damals waren auch die Baukosten noch deutlich geringer.“
Wesentliche Aufgabe des Grundstücksmarktberichtes ist es, die Umsatz- und Preisentwicklungen sowie das Preisniveau auf dem Hagener Immobilienmarkt im vorangegangenen Jahr darzustellen. Dazu werden sämtliche Kaufverträge über Grundstücke und Immobilien in einer Kaufpreissammlung erfasst und ausgewertet. Damit dient dieser Überblick nicht bloß der allgemeinen Markttransparenz, sondern allen Interessierten vor allem der Orientierung beim Kauf oder Verkauf einer Immobilie.
Lediglich 962 Kaufverträge
Demnach gab es im Jahr 2023 in Hagen lediglich 962 beurkundete Kaufverträge, die der Gutachterausschuss auswerten konnte. „Einen Wert unter 1000 hat es in Hagen seit Jahrzehnten nicht mehr gegeben“, ordnet Weißgerber diese Zahl ein, die einem rasanten Minus von 22 Prozent im Vergleich zum Vorjahr entspricht.
Der Geldumsatz ist sogar um 26 Prozent gefallen, wobei gut ein Viertel des Gesamtumsatzes auf 15 Großverträge jenseits der 1,5-Millionen-Euro-Schwelle entfällt. Ein Blick auf die ersten Quartale der Jahre 2023 und 2024 zeigt bereits, dass sich die stagnierende Situation, die sich übrigens ähnlich in weiten Teilen NRWs widerspiegelt, auch in diesem Jahr fortsetzen könnte – von Belebung gibt es also bislang kaum eine Spur.
Im Vorjahr wurden lediglich 14 Bauplätze für Einfamilienhäuser verkauft (2022: 51 Grundstücke, 2021 69 Grundstücke), wobei sich darunter sogar einige Zweitverkäufe von Flächen befinden, weil den ursprünglichen Käufern inzwischen finanziell die Puste ausgegangen ist. „Dies dokumentiert eindrucksvoll, dass die hohen Baukosten und erhöhten Bauzinsen die Nachfrage nach Baulandflächen einschlafen lassen“, stellt Dietrich fest.
Die letzten Neubaugebiete „Auf der Gehre“ (Eppenhausen) und „Am Wasserturm“ (Haßley) seien inzwischen fast vollständig verkauft und würden jetzt schrittweise bebaut. „Dabei handelt es sich immer häufiger um Fertigbauhäuser ohne Keller“, sieht Weißgerber hierin eine Reaktion auf die stattlichen Grundstückspreise um die 300 Euro/qm. „Unter 500.000 Euro ist ein Einfamilienhaus-Neubau heute kaum noch möglich“, steckt die Vorsitzende des Gutachterausschusses den finanziellen Rahmen ab und hegt zugleich erhebliche Zweifel, ob die Nachfrage angesichts der aktuellen Rahmenbedingungen zeitnah wieder anzieht.
Neue Baugebiete kommen
Dabei versucht die Stadt Hagen zurzeit durchaus, weitere Baugrundstücke an den Markt zu bringen. Dazu gehört ein großflächiger Baulückenschluss an der Buschstraße ebenso wie der ehemalige Sportplatz am Quambusch oder auch das Baugebiet Kuhle Hardt am Kuhlerkamp, wo neben vier Mehrfamilienhäusern auch Reihen, Doppel- und Einfamilienhäuser entstehen sollen.
Großflächig gestaltet sich ebenso die Entwicklung am Lange Lohe am Emster Marktplatz, wo ebenfalls neben zahlreichen Einfamilienbauten ein Teil für Geschosswohnungsbau vorgesehen ist. „Der Bedarf dafür ist sicherlich da, aber es bleibt fraglich, ob sich hier überhaupt Investoren finden, wenn angesichts der momentanen Baukostenkulisse die Mieten eigentlich bei 20 Euro/qm liegen müssten“, geht Thekla Dietrich davon aus, dass dieses Marktsegment ohne offensive Förderung des Bundes mittelfristig ein Schattendasein führen wird.
Im vergangenen Jahr wurde in Hagen kein einziges Grundstück für Geschosswohnungsbau veräußert. „Der Neubau von Eigentumswohnungen ist seit 2021 als Marktsegment faktisch nicht mehr vorhanden“, stellt Weißgerber fest, obwohl der Bedarf bei den Menschen dafür durchaus vorhanden sei. Da richtet sich der Blick nicht bloß auf Familien, bei denen das Budget für Eigenbesitz nicht ausreicht, aber auch auf ältere Menschen, die eventuell ihre eigene Immobilie aufgeben und sich kleiner setzen möchten.
Einen Rückgang von 25 Prozent verzeichnete der Gutachterausschuss im Vorjahresvergleich ebenso bei den Eigentumswohnungen. Hier gaben die Preise zugleich um zwei Prozent nach. Das Gremium hat die Immobilienrichtwerte entsprechend aktualisiert und veröffentlicht. Den Wert einer Eigentumswohnung mit ihren individuellen Besonderheiten (Alter, Ausstattung, Lage, etc.) kann im Sinne einer erhöhten Markttransparenz jeder Bürger individuell über den Immobilienpreis-Kalkulator gebührenfrei unter www.boris.nrw.de ermitteln.
Einfamilienhäuser gefragt
Ein Plus gab es 2023 lediglich beim Verkauf von Einfamilienhäusern. Hier wurden 254 Verträge geschlossen, während es im Vorjahr lediglich 213 Verträge waren. Der Umsatz blieb dabei mit 78 Millionen Euro nahezu auf Vorjahresniveau (76 Mio.). Der Preisrückgang bei freistehenden Ein- und Zweifamilienhäusern lag bei etwa minus sechs Prozent, während die Kaufpreise von Reihen- und Doppelhäusern um etwa fünf Prozent nachgaben.
Grundsätzlich lobt Thekla Dietrich das Engagement der Hagener Erschließungs- und Entwicklungsgesellschaft, aber auch der Stadt Hagen bei der Sanierung oder dem Abriss von Schrottimmobilien. Diese Maßnahmen, die sich bislang vorzugsweise in Wehringhausen abspielen, würden durchaus zu einer Stabilisierung der Marktsituation beitragen.
Den kompletten Grundstücksmarktbericht 2024, alle Bodenricht- und Immobilienwerte sowie den Preiskalkulatoren für Eigentumswohnungen und Einfamilienhäuser finden Interessierte unter www.boris.nrw.de.