Hagen-Wehringhausen. Es gibt wieder Hoffnung, dass eine zerfallende Schrottimmobilie, von der bereits Fassadenteile auf den Bürgersteig krachen, gerettet werden kann.
Mehr als ein halbes Jahr ist es inzwischen her, dass herabstürzende Fassadenteile dafür gesorgt haben, dass an der Ecke Eugen-Richter-/Tunnelstraße ein nervenzehrender Verkehrsengpass entstanden ist. Zumindest während der Stunden des Berufsverkehrs wird hier tagtäglich die Geduld der Hagener Autofahrer erheblich strapaziert, weil ein finanziell überforderter Hausbesitzer sich nicht in der Lage sieht, sich angemessen um seinen Besitz zu kümmern. Doch jetzt zeichnet sich eine Perspektive für das ungelöste Dauerproblem ab: Die Hagener Erschließungs- und Entwicklungsgesellschaft hat das Objekt erworben und wird die Sanierung in die Hand nehmen.
Auf der Eugen-Richter-Straße ist seit dem Sommer durch rot-weiße Absperrzäune ein künstliches Nadelöhr geschaffen worden. Betroffen sind nicht bloß der Auto-, Bus- und Zweiradverkehr, sondern es entstand auch für Schul- und Kita-Kinder ein eher unübersichtlicher Engpass, für den sich jetzt offenkundig eine Lösung abzeichnet.
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In den frühen Morgenstunden des 27. Juni, der erste Dienstag der Sommerferien, hatte die Verkehrsabteilung der Stadt Hagen im sogenannten „Sofortvollzug“ die Sperrung des Bürgersteigs vor dem Haus Nr. 96 sowie der vorgelagerten Fahrspur in Richtung Haspe veranlasst. Der Grund für die Akut-Maßnahme: An der Fassade des arg in die Jahre gekommenen Gründerzeit-Mehrfamilienhauses hatten sich Teile der Putzfassade vom Mauerwerk gelöst und waren auf den Gehweg gekracht. Um Passanten vor weiteren herabstürzenden Brocken zu bewahren, sah sich die Stadt genötigt, sofort durchzugreifen.
Hausherr legt Hände in den Schoß
Angesichts der sich ausweitenden Schäden war gleich an mehreren Stellen Wasser hinter die Fassade gelaufen, sodass es zu Absprengungen und zum großflächigen Lösen des Putzes vom Mauerwerk kam. Da es sich hierbei um einen Zementputz mit einer Stärke von bis zu vier Zentimetern handelt, hatten die vorzugsweise von den Fensterstürzen herabfallenden Teile ein erhebliches Gewicht.
Doch der Hausherr scherte sich seitdem in keiner Weise um den Schaden, das Gebäude wurde nicht einmal eingerüstet. „Da hier eine Gefahr für Leib und Gesundheit für Personen besteht, die sich dort auf dem Bürgersteig aufhalten, muss die Absperrung so lange bestehen bleiben, bis die Mängel an dem Gebäude beseitigt wurden“, begründete Stadtsprecherin Clara Treude zuletzt den Kurs der Behörden. Jegliche Appelle an den Eigentümer – unter anderem auch unter Androhung von Zwangsgeldern – verpufften effektfrei.
Doch mit dem Einstieg der HEG kommt jetzt endlich Bewegung in das Thema: „Es handelt sich um eine Problemimmobilie mit einem erheblichen Sanierungsstau“, hat sich Geschäftsführer Hans-Joachim Bihs mit dem Eckgebäude vertraut gemacht. „Wir haben ja bereits die beiden angrenzenden Objekte an der Eugen-Richter-Straße durchsaniert und werden jetzt auch die Hausnummer 96 in diesem Jahr angehen.“ Dabei hat die HEG sich über ihr Vorkaufsrecht den Zugriff auf das teilweise noch bewohnte Gebäude gesichert.
Bei der Sanierung der Wohnetagen hat die HEG sowohl die Idee von WG-Wohnungen für Studenten als auch klassische Etagenwohnungen im Blick. Zudem könnten genauso gut Mitarbeitende des Agaplesion Klinikum Hagen (AKH) profitieren, wo auch immer wieder Ärzte im Praktikum auf der Suche nach einer im Quartier gelegenen Unterkunft sind.
Angebote für HSPV-Studenten
Bereits in den Nachbarhäusern wurden Interims-Unterkünfte für die Besucher der Hochschule für Polizei und öffentliche Verwaltung (HSPV) etabliert, die sich unweit im Gewerbepark Kückelhausen am Ostrand von Haspe wiederfindet. Deren Zukunft steht zwar offiziell noch in den Sternen, weil das Land Nordrhein-Westfalen im vergangenen Jahr bereits den Startschuss für eine neue HSPV-Zentrale in Herne gegeben hat.
Der künftige Hauptsitz wird mit einer Fläche von 32.000 Quadratmetern jedoch bloß etwa 5000 Studierenden Platz bieten, ist angesichts der aktuellen Studierendenzahl von 12.000 jungen Frauen und Männern also von Beginn an hoffnungslos unterdimensioniert. Vor diesem Hintergrund wittert man in Hagen die realistische Chance, als Außenposten, der für den gesamten südwestfälischen Raum bis hinauf zur hessischen Grenze gut zu erreichen und somit als Standort attraktiv ist, auch in Zukunft unentbehrlich zu bleiben.
Beim Wohnlevel setzt die HEG wie bei all ihren Sanierungsprojekten in Wehringhausen durchaus auf einen gehobenen, modernen Standard: „Photovoltaik oder auch Luft-Wärmetauscher – ökologisch betrachtet geht das alles in eine sehr moderne Richtung“, möchte Bihs natürlich auch die entsprechenden Fördertöpfe anzapfen.
Mehr Parkraum am Bodelschwinghplatz
In die gleiche Richtung zielen auch die Aktivitäten der HEG bei den Gründerzeithäusern Eugen-Richter-Straße 54 und 56. Hier ist die städtische Tochtergesellschaft bei einer Zwangsversteigerung zwar zunächst von einem Konkurrenten überboten worden. Doch nachdem dieser erstmals das Innenleben des Gebäudes detailliert betrachtet hatte, reichte er die Objekte angesichts des erheblichen Sanierungsstaus prompt an die HEG weiter. Auch hier sollen Wohneinheiten entstehen, die sowohl für HSPV-Studenten als auch AKH-Beschäftigte geeignet sind, aber ebenso für normale Mieter von Interesse sein könnten.
Und auch am Bodelschwinghplatz im unteren Wehringhausen hat die HEG ihren ohnehin schon breiten Besitz um eine weitere Immobilie erweitert. So wurde das Eckgebäude Wehringhauser Straße/In der Beike gegenüber dem Drei-Kaiser-Brunnen mit dem Kiosk im Erdgeschoss erworben. „Hier eröffnet sich für uns neben einer Sanierung zudem die Chance, das angrenzende Hinterhaus in Richtung Bohne-Park abzureißen und dort eine Stellplatzanlage anzubieten“, möchte Bihs hier auf den immensen Parkdruck reagieren und somit zugleich die Attraktivität des HEG-Portfolios rund um den altehrwürdigen Platz weiter verbessern.