Herdecke/Hagen. Ein einmaliges Tourismus-Projekt für Hagen und Herdecke. Von den RWE-Buchstaben am alten Koepchenwerk soll eine Zipline zum Hagener Ufer führen.

Wer an die Stromleitungen vom Herdecker Koepchenwerk hinüber zum Hagener Ufer denkt, kann sich auch den Verlauf einer Zip-Line über dem Hengsteysee vorstellen. Eine was? Die Rede ist von einer Seilrutsche, die vielerorts als touristische Attraktion gilt. Dabei handelt es sich um eine stählerne Verbindung zwischen zwei unterschiedlich hoch gelegenen Punkten. Wagemutige ohne Höhenangst klicken sich in ein Gurtsystem ein, durch die Schwerkraft rauschen sie dann von einer Plattform hinunter zum Ziel. (Lesen Sie auch: Brücke am Wehr – Ungeklärte Zukunft sorgt für Unruhe in Herdecke)

Der Steilhang, auf dem sich die historische Anlage des alten Koepchenwerks befindet, ist der Startpunkt für die geplante Zipline.
Der Steilhang, auf dem sich die historische Anlage des alten Koepchenwerks befindet, ist der Startpunkt für die geplante Zipline. © Hans Blossey

Winterberg-Fans mögen den „Astenkick“ kennen, die zweitlängste Seilrutsche Europas. Im Sauerland, genauer gesagt in Altastenberg, geht es mit 70 Stundenkilometern auf einer Strecke von 1000 Metern ins Tal hinab. Die Hirschgrund-Zip-Line im Schwarzwald wiederum gilt zum Beispiel als das Nonplusultra der Seilrutschen in Deutschland. Am Hengsteysee böte sich den Fliegenden auf dem Weg vom Ardeygebirge nach Hagen ein toller Ausblick über die Volmestadt, das Ruhrtal bis ins Sauerland. Auch Industriegeschichte und Neubeginn lassen hier vereinen: das historische Koepchenwerk und der zukünftige Seepark am Hagener Ufer.

Vom Ardeygebirge hinab rauschen

Am stillgelegten Denkmal in Herdecke bietet sich das Schieberhaus mit den drei RWE-Buchstaben als Startpunkt für die Seilrutsche an. Auf der anderen Seite, also unten am Ufer in Hengstey, soll der Seepark entstehen. Beide Einrichtungen haben die zwei Nachbarstädte als ihre Schwerpunkte für die Internationale Gartenausstellung (IGA) 2027 definiert. In Herdecke stocken aber – wie berichtet – die Bemühungen um Fördermittel zur touristischen Aufwertung des Koepchenwerks.

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Vor allem eine mögliche Reaktivierung der Standseilbahn am Hang neben den Rohren kostet viel Geld. Daher hatte Bürgermeisterin Katja Strauss-Köster in diesem Sommer sinngemäß gesagt, dass die Zip-Line-Idee in weite Ferne gerutscht sei. Auch in der Industriedenkmal-Stiftung, der das Gelände neben dem RWE-Pumpspeicherkraftwerk gehört, haben Verantwortliche eher mit einem Scheitern dieser besonderen See-Überquerung gerechnet.

Dieses Foto zeigt den möglichen Startpunkt der Zipline am alten Schieberhaus oben rechts (RWE-Buchstaben) und dann nach links unten hinunter zum Hagener Ufer des Sees.
Dieses Foto zeigt den möglichen Startpunkt der Zipline am alten Schieberhaus oben rechts (RWE-Buchstaben) und dann nach links unten hinunter zum Hagener Ufer des Sees. © Michael Kleinrensing

Machbarkeit wird geprüft

Umso überraschender stellt sich die aktuelle Lage dar. In einem Herdecker Fachausschuss hat Ratsmitglied Nico Fischer (Die Partei) berichtet, dass ihm eine Planung des Freizeitareals Hengsteysees der Stadt Hagen mit besagter Zip-Line als Bestandteil vorliegt. Zu sehen ist, wie die Seilrutsche vom Koepchenwerk hinüber zu einer so genannten Aktions-Arena im Seepark führt, in unmittelbarer Nähe könnte auch eine Anlegestelle für eine neue Solarfähre liegen. Katharina Biermann als Leiterin des Amts für Wirtschaftsförderung, Stadtmarketing und Tourismus führte in der Sitzung aus, dass Hagen zum Seilrutschen-Projekt eine Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben habe. (Lesen Sie auch: Wein-Anbau zwischen Druckrohrleitungen am Hengsteysee – ein einmaliges Projekt)

Wortgleiche Erklärungen

Auf Nachfrage in beiden Rathäusern heißt es wortgleich, dass sich die beiden Stadtverwaltungen diesbezüglich eng abstimmen. „In einem gemeinsamen Termin wurde eine Machbarkeitsstudie vorgestellt, die sich mit mehreren Varianten auseinandersetzt. Bevor wir zusammen das Projekt der Öffentlichkeit vorstellen, müssen allerdings noch Ergänzungen zur Machbarkeitsstudie abgearbeitet werden.“

Die Rahmenplanung des Seeparks zeigt in der Mitte am „Aktionsfenster II“ die Zipline vom alten Kopechenwerk hinüber zum Seepark.
Die Rahmenplanung des Seeparks zeigt in der Mitte am „Aktionsfenster II“ die Zipline vom alten Kopechenwerk hinüber zum Seepark. © Stadt Hagen

Geklärt sei aber schon, dass ein Schrägseilaufzug keine zwingende Voraussetzung für eine Zip-Line sei. Weitere Angaben gibt es dazu nicht. Somit bleibt vorerst offen, ob ein Zuweg zur Start-Plattform oben im Ardeygebirge auch von unten über die steilen Treppenstufen neben der alten RWE-Standseilbahn oder seitlich am Hang erfolgen könnte. Zur Frage nach Parkplätzen stehen ebenso Antworten aus wie zu den Beförderungsmöglichkeiten für Zip-Line-Nutzer am Hengsteysee. (Lesen Sie auch: Das Hagener Seepark-Projket und der Weg zu den Fördermillionen)

Herdecker wissen nichts

Herdeckes Ratsherr Nico Fischer wiederum habe durch Zufall von den Entwicklungen in Hagen erfahren und sich gefragt: „Warum wissen wir auf Herdecker Seite davon nichts?“ Der Politiker würde das Einrichten dieser Touristen-Attraktion, die womöglich auch ein jüngeres Publikum anlocken könnte, begrüßen und denkt schon an hiesige Firmen, die einen Auftrag für diese stählerne Seilkonstruktion über dem See erhalten könnten. „Natürlich dürften noch viele Sicherheitsaspekte und einiges mehr zu klären sein. Aber diese Zip-Line wäre wohl einmalig in Deutschland, das könnte vielen ein atemberaubendes Erlebnis bescheren.“

Der Schrägaufzug

Die AG Koepchenwerk widmet sich der Wiederherstellung des Schrägaufzugs und der Beibehaltung der Schienen, damit eine Art Museumszug Gäste über die vorhandenen Gleise am Schiffswinkel befördern kann. Das Thema Seilrutsche steht nicht an oberster Stelle der Herdecker Ehrenamtlichen.

Hinsichtlich der Zip-Line, die höchstwahrscheinlich ein externer Investor betreiben würde, könnte sich ein Fördergeld-Problem ergeben. Sollten öffentliche Mittel zur Aufwertung eines Denkmals fließen, sollten diese eher nicht im Zusammenhang mit einer möglichen Bereicherung von Privatpersonen oder gewinnorientierten Firmen stehen.

Zwischen den historischen Rohren des alten Kopechenwerks bauen junge Hobby-Winzer mittlerweile Wein an.
Zwischen den historischen Rohren des alten Kopechenwerks bauen junge Hobby-Winzer mittlerweile Wein an. © Steffen Gerber