Herdecke. Familien-Bezüge zu RWE und Testphase: Hobby-Winzer Elias Sturm aus Herdecke startet mit Freunden Weinanbau zwischen den Rohren am Koepchenwerk.

Ein Schluck im Schieberhaus des Koepchenwerks: Oben am Hang des Ardeygebirges kann sich Elias Sturm sehr gut eine Weinprobe vorstellen, um dann den Blick über den Hengsteysee schweifen zu lassen. Bekanntlich hat der Herdecker einige Reben bereits am Gerhart-Hauptmann-Weg gesetzt und will sein Winzer-Hobby nun auf dem Gelände des Industriedenkmals fortsetzen. Zwischen den beiden großen Druckrohrleitungen hat der Anbau bereits begonnen.

Die Testphase läuft. „Die Steillage in Süd-Ost-Ausrichtung ist einfach top“, sagt der 21-Jährige. „Alle guten Weine kommen vom Hang.“ Auch der Boden am Koepchenwerk, ein Gemisch aus Schiefer, Sandstein und Ton sei bestens geeignet für den Weinanbau.

Außerdem führe die Klimaerwärmung dazu, dass auch hier die Chancen auf Erschließung neuer Weingebiete wachsen. Zumal der junge Mann nach dem Start auf dem Grundstück seines Onkel weiter fasziniert vom Anbau ist. Was er vorhat, ist keine Schnapsidee. Zusammen mit Herdecker Freunden aus Kindertagen will er das größere Projekt am Koepchenwerk in Angriff nehmen. „Das ist hier meine Heimat, hier lebt meine Familie. Wir sind mitten im Ruhrgebiet und dennoch im Grünen. Das ist toll.“

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Mit dem nach Arthur Koepchen benannten Werk verbindet ihn Familiengeschichte. Dieses leitete sein Urgroßvater Wilhelm (Willi) Kranz von 1945 bis 1962. Daher auch die spontane Eingebung, den Wein von dort „Willi und Arthur“ zu nennen.

Ursula Mehrfeld, Geschäftsführerin der Stiftung Industriedenkmalpflege und Geschichtskultur (diese ist Eigentümerin der alten Anlage), will das Projekt konstruktiv begleiteten. „Jeder unserer denkmalgeschützten Standorte inspiriert zu individuellen, neuen Nutzungen. Das macht den Reiz aus. Die Idee von Elias Sturm, Weinanbau gezielt in dieser industriell geprägten Landschaft zu betreiben, ist nicht nur originell, sondern bedarf auch eines starken Antriebs. Das passt sehr gut zu diesem Ort, zum Geist der Gründerväter des innovativen Pumpspeicherkraftwerks ebenso wie zu unserem Stiftungsauftrag, das Denkmal angemessen zu nutzen und für eine neue Generation zu erschließen.“ Die Stiftung habe das Vorhaben mit Behörden, der Stadt Herdecke sowie mit Nachbar RWE abgestimmt und alle Wege geebnet.

Unterstützung erbeten

Elias Sturm und die Stiftung würden sich über Unterstützung freuen. Erntehelfer seien ebenso willkommen wie Neugierige, die das Winzer-Handwerk kennenlernen wollen.

Sturm kann sich auch gut eine Kooperation mit dem nahe gelegenen Gymnasium vorstellen. Zudem würde Spendengeld bei der Verwirklichung helfen, Kontaktaufnahme per Mail an info@projectvino.de (Informationen gibt es auch auf Instagram unter PROJECT:vino).

Weitere Informationen zum Koepchenwerk sowie zur Stiftung Industriedenkmalpflege und Geschichtskultur gibt es im Internet (www.industriedenkmal-stiftung.de).

Wer diesen Weinberg bestellen will, sollte jung und fit sein. 300 Stufen sind stets zu bewältigen, um in den Hang (Steigung 45 Grad) einzusteigen. Derzeit warten noch 3300 Quadratmeter Brache mit viel Gestrüpp. Mit seinen Freunden Lennart Hecker, Luca Schmidt und Joshua Kleine hat der Jungwinzer erste Flächen freigeschnitten. Nach 40 Zentimetern stießen sie auf Fels. 15 Reben haben Sturm und Co. sorgfältig gesetzt. Quasi als Probe, bevor es in größere Dimensionen geht. Die ersten Pflanzen treiben bereits aus. Der Architekturstudent ist zufrieden. „Das sieht gut aus.“

Voller Ertrag vielleicht im fünften Jahr

Insgesamt sind 17 Reihen im Abstand von 1,80 Meter geplant. Alle 70 Zentimeter soll eine Rebe stehen, alle fünf Meter ein hoher Pfosten. Eine Vorbereitungssaat aus 50 verschiedenen Kräutern, Gräsern und Blumen soll ein natürliches, biodynamisches Gleichgewicht aus Schädlingen und Nützlingen herstellen. Die Vorbereitung erfolgt in Eigenleistung und Handarbeit. Circa 500 Stunden veranschlagt der 21-Jährige dafür in den ersten zwölf Monaten. Es folgen weitere, erst im dritten Jahr kann geerntet werden. Jedoch ist erst im fünften Jahr mit einem vollen Ertrag zu rechnen.

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3000 Liter Wein pro Lese sind das Ziel. Der Herdecker Tropfen wird ein Biowein aus der sogenannten Traube von PIWI Reben (pilzwiderstandsfähigen Reben), sie muss kaum gespritzt werden. Im besten Fall benötigt sie auch keine Bewässerung. Doch an diesem Punkt ist Elias Sturm auch skeptisch. Zu Beginn benötigen sie vielleicht doch die Bewässerung. Und das sei ein Problem. Denn Wasser muss dann aus dem Hengsteysee aufwendig über die Stufen in die Höhe transportiert werden. Die Clique, die aus insgesamt acht jungen Männern besteht, schreckt das nicht ab.