Hagen/Herdecke. Die Koepchenwerk-Finanzierung zur Internationalen Gartenausstellung 2027 wackelt. Ein Dialog über Tourismus am Hengsteysee in Herdecke und Hagen.

Die Lage am See. Die Chancen am Ufer. Gemeinsam Touristen nach Hagen, Herdecke und in die Region mittleres Ruhrtal locken. An der Stadtgrenze trafen sich kürzlich drei zuständige Damen mit zweiJournalisten aus den jeweiligen Lokalredaktionen. Viele Themen, ein Gespräch.

Kirsten Fischer von der Hagen-Agentur berichtet über eine eingerichtete Arbeitsgruppe und interkommunale Bemühungen mit der Zielrichtung, Internationale Gartenausstellung (IGA) 2027 und darüber hinaus Auswärtige hier zur Ruhr und an die hiesigen Stauseen zu locken. „Unter uns Touristikern herrscht hier keine Konkurrenz. Es geht ja um das bestmögliche Ergebnis, den Gästen sind Stadtgrenzen egal. Herdecke hat vieles gut vorgemacht. Wir in Hagen stellen gerade Teil zwei unseres neuen Tourismus-Konzepts fertig.“

Schrägaufzug und ZIP-Line

Bürgermeisterin Katja Strauss-Köster und Gundula König vom Her­decker Planungsamt hören nickend zu. Und dämpfen Erwartungen. „Wir sollten jetzt eine neue Initiative starten, weil die Finanzierung von manchen IGA-Projekten womöglich nicht klappt. Das habe ich auch meinem Hagener Kollegen Erik O. Schulz gesagt“, so die Bürgermeisterin, die sich vor allem um das Projekt Koepchenwerk mit Schrägaufzug sorgt. Eine dort am Hengsteysee mal angedachte Seilrutsche (neudeutsch Zip-Line) hinüber zum Hagener Ufer erscheint in ganz weiter Ferne. Die Idee dazu sei als eine private Investition zur Attraktivitätssteigerung mit Alleinstellungsmerkmal gedacht und nicht zwingend auf den Schrägaufzug auf Herdecker Seite angewiesen. „Damit war frühzeitig klar, dass das Projekt Zip-Line keine Fördermaßnahme sein kann“, so Hagens Verwaltung.

All dies kam in Gesprächen mit übergeordneten Instanzen zu möglichen Fördermitteln heraus. „Wir überlegen, auch Bundesmittel anzustreben“, erklärt König, die jahrelang das Herdecker Amt für Wirtschaftsförderung, Stadtmarketing und Tourismus leitete. „Wir wollen unsere Ideen weiterverfolgen, müssen aber finanziell neu denken“, sagt sie und denkt an den Topf „Nationale Projekte des Städtebaus“.

Gespräch mit drei Damen am Ufer: Bürgermeisterin Katja Strauss-Köster sowie Gundula König vom Herdecker Planungsamt (Mitte) loten mit Kirsten Fischer (links) von der Hagen-Agentur touristische Chancen im mittleren Ruhrtal aus.
Gespräch mit drei Damen am Ufer: Bürgermeisterin Katja Strauss-Köster sowie Gundula König vom Herdecker Planungsamt (Mitte) loten mit Kirsten Fischer (links) von der Hagen-Agentur touristische Chancen im mittleren Ruhrtal aus. © Michael Kleinrensing

Für rund fünf Millionen Euro, so eine aktuelle und reduzierte Kostenschätzung, könnte das Koepchenwerk als sogenanntes IGA-Ruhrfenster mitsamt naher Umgebung zu einem touristischen Anziehungspunkt werden. 2020 wurden zur Entwicklung noch 11,5 Mio. angegeben. Anfang 2022 schauten sich Vertreter des NRW-Wirtschaftsministeriums den Standort an und teilten der Verwaltung mit, dass es nach aktuellem Stand kein Geld für das Projekt aus dem Europäischen Strukturfond sowie aus dem regionalen Wirtschaftsförderungsprogramm gebe. Mitte September soll es einen erneuten Austausch geben.

Bestandsaufnahme

Strauss-Köster blickt im Zuge der Hengsteysee-Analyse auch an Orte flussabwärts. Von den Entwicklungen in Hagen/Herdecke könnten zugleich Orte wie das Wasserschloss Werdringen oder Sehenswürdigkeiten in Wetter profitieren, die geplante Ruhrtal-Acht sei diesbezüglich eine fast ebenso wichtige Strecke wie der Ruhrtalradweg.

Am Herdecker Ufer gebe es eine Menge Attraktionen, die an Wochenenden häufig Menschenmassen anlocken. „Wir werden hier teilweise überrannt, manchmal ist in Gastronomien die Pizza ausverkauft. Das ist toll, darauf sind wir stolz. Ich erhalte auch viele Zuschriften von Hagenern mit Verbesserungsvorschlägen für uns, während sich manche Herdecker nicht mehr in ihre volle Stadt begeben und sich auch auf Hagener Seite über Angebote freuen würden“, sagt Strauss-Köster. Sie habe sich einerseits über Entwicklungen und Pläne auf Hagener Seite (Seepark, Strandhaus oder Beach-Bar von Mike Henning) sehr gefreut. Nach längerem Stillstand gehe es dort voran, das könne die Besucherströme entzerren. Ein Elektroboot auf dem Hengsteysee könne im wahrsten Wortsinn verbindend sein. Um dann aber auch angesichts der vielen unbebauten Uferflächen nachzuschieben: „Aus meiner Sicht könnte Hagen größer denken.“

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Aus Hagener Sicht biete wiederum das Herdecker Koepchenwerk Möglichkeiten, auch etwas „drumherum“ zu gestalten. Für Kirsten Fischer ein guter Ansatz für regionales Marketing. Das zielt wiederum aufseiten der Volmestadt bezüglich der IGA 2027 auf den neuen Seepark ab. Finanzielle Unterstützung dafür soll erst in künftigen Förderaufrufen beantragt werden und sei aus Hagener Einschätzung nicht unrealistisch. Die Aufwertung der Infrastruktur mit Rast- und Verweilmöglichkeiten, Trinkwasserspendern, Zugängen zum Wasser bilden demnach die Basis für den Seepark.

Im Zuge der Zusammenarbeit der beiden Städte standen die IGA-Projekte Koepchenwerk und Seepark schon von Beginn an in einem Zusammenhang, um den Hengsteysee als ganzheitlichen Erlebnisraum aufblühen zu lassen, so Hagens Verwaltungsspitze. Vielfach seien laut Strauss-Köster Entwicklungen auf Hagener Seite im Kontext mit Herdecke zu sehen, aber – einfach gesagt – auch eine Entlastung für die kleinere Nachbarstadt.

Blick ins historische Köpchenwerk

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Pumpspeicherwerk Koepchenwerk am Hengsteysee.
Pumpspeicherwerk Koepchenwerk am Hengsteysee.
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Gundula König mahnt eine längerfristige Perspektive an. „Die Tourismus-Definition hat sich ja verändert, was die Entfernung anbetrifft. Heute fallen hier ja schon Gäste aus Bochum in diese Kategorie.“ Früher zählten nur Leute mit weiter Anreise dazu. Hagen, Herdecke und andere Anrainer sollten nun den Vergleich mit größeren Städten nicht scheuen: Das mittlere Ruhrtal hier könne viele Auswärtige anlocken.