Hagen. Müll, Kippen, Sonnenblumenkerne: Die Sauberkeit lässt in Hagen an vielen Stellen zu wünschen übrig. Eine genauer Blick auf acht Orte.
Vermüllung in Hagen – ein Dauerthema in den politischen Gremien, aber auch bei Wirtschaftsverbänden sowie den Marketing-Vertretern. Auch Bürgerinnen und Bürger bemängeln immer wieder die teils desaströsen Zustände und den Dreck an vielen Stellen im Stadtgebiet.
Die Stadtredaktion macht die Sauberkeit daher noch einmal zum Thema. Wir widmen uns acht Hagener Plätzen. Und der Frage, wer dort – und wie oft – für Ordnung sorgt.
Die Hagener Entsorgungsbetrieb (HEB) und der Wirtschaftsbetrieb Hagen (WBH) kümmern sich an vielen Stellen gemeinschaftlich um die Sauberkeit. Unterstützt wird dieses Wirken von den Waste-Watchern, die zumindest auf den neuralgischen Plätzen täglich, also auch an den Wochenenden, kontrollieren. Sie schauen u.a. auch im Hamecke-Park vorbei, wo ansonsten dreimal pro Woche der WBH für die Sauberkeit zuständig ist. Ergänzt wird dieses Wirken von den Teams „Gemeinsam für mehr Stadtsauberkeit“ sowie „AS Haspe“, die zu Fuß unterwegs sind und sich vorsorglich um kleinteilige Abfälle bis hin zu Zigarettenkippen kümmern.
Wilhelmsplatz: Ein Paradies für Flaschensammler
Wilhelmsplatz: Was war denn hier gestern los? Ist der Montagabend am Wilhelmsplatz jetzt der heißestes Open-Air-Party-Shit im Städtchen? Die Spuren am Dienstagmorgen um kurz vor 8 Uhr lassen das vermuten und sorgen für Ernüchterung. Die Baumscheibe mit Sitzgelegenheit an der Ecke Bismarck-/Kottmannstraße birgt neben Glasbruch auch reichlich intakte, leere Bierflaschen und Pfand-Getränkedosen, dass Flaschensammler dort ihr Glück finden könnten. In der Fahrbahn-Mitte steht sogar noch ganz provokativ eine Plastik-Flasche. Die Aufkleber an den reichlich platzierten Mülleimern „Pfand gehört daneben“ bleiben unverstanden. Ein Kind (Warum ist der Junge nicht in der Grundschule?) springt plötzlich auf eine leere Getränke-Kartonage. Der laute Knall des aufplatzenden Behältnisses scheucht einen Taubenschwarm auf, der unverdrossen zwischen den Sonnenblumenkern- und Pistazienschalen-Resten pickt.
Allerorten liegen Chipskrümel, Wassereis-Hüllen, Kaffeebecher, Döner-Reste, abgenagte Maiskolben und Süßigkeiten-Tüten herum. Und überall Kippen, Kippen, Kippen. Die Abfallbehälter sind derweil nur halb gefüllt, eine pralle von Insekten umschwärmte Babywindel-Tüte passte wohl nicht mehr durch den Einwurfschlitz. Die in den Boden eingelassenen Springbrunnen-Fontänen blubbern gerade noch fünf Zentimeter hoch. Die klebrigen Flüssigkeitsspuren auf der noch neuwertigen Pflasterung dürften eine Herausforderung für jedes chemische Untersuchungsamt sein. Weil es an diesem Morgen weitgehend windstill ist, haben die Böen die überall verstreuten Abfälle noch nicht unter die Außenterrasse des „Bistro Journal“ geweht, wo sich reichlich Unrat sammelt. Ein wahrlich deprimierender Anblick.
HEB reinigt montags bis samstags einmal täglich - zusätzlich ist an drei Tagen in der Woche das Team „Gemeinsam für mehr Stadtsauberkeit“ (Fördermaßnahme des Jobcenters) unterwegs; der WBH kontrolliert parallel die Spielgeräte rund um den Platz.
Berliner Platz/Hauptbahnhof: Kippen-Kunstwerk am Taxistand
Berliner Platz: Fangen wir mal bei den Taxifahrern an. Wer von oben auf die Pflastersteine am Taxistand blickt, mag meinen, die Kippen in den tiefen Fugen neben dem groben Mosaik würden sich zu einem Gesamtkunstwerk fügen. Hunderte mögen es sein, gar Tausende. Und der Mann vom HEB, der immerhin mit Besen und Wagen gerade versucht, die übelsten Hinterlassenschaften zusammenzukehren, kapituliert. „Die müsste man einzeln mit einer Zange heraus holen.“ Eine unzumutbare Sisyphosarbeit.
Was hilft? Hoher Druck. Kontrollen. Strafen. Je drastischer, desto besser. Wenn man nicht mit Argumenten überzeugen kann, dann indem es ans Portemonnaie geht. Bei Taxifahrern wird sich das schnell rumsprechen.
Und sonst: Die Mülleimer sind am Morgen geleert. Oberflächlich betrachtet wirkt die weite graue Pflasterfläche vor dem Bahnhof sauber. Die Fontänen plätschern. Die Beleuchtung soll verbessert werden.
Der Teufel steckt im Detail. Der gläserne Wegweiser vor dem Bahnhof ist zerstört. Am Abgang zum Parkhaus riecht es penetrant nach Urin. An der Bank in der Nachbarschaft hat jemand seinen Mageninhalt entleert. An den Fahrradständern daneben sind nur noch Gerippe mit Schlössern angebunden, die ihrem Zweck – Fahren – schon seit Monaten nicht mehr nachkommen. Ohne Reifen, ohne Felgen, ohne Sattel, ohne Lenker. Metallschrott – nicht mehr.
Das Kippenproblem setzt sich am Omnibusbahnhof fort. Würden die Raucher wenigstens ihre Hinterlassenschaften in den goldenen Dosen eines Günstig-Brause-Anbieters entsorgen, hätte man den Müll immerhin um die Hälfte reduziert (Ironie aus). Um die Alubüchsen kümmert sich niemand. Der Boden klebt unter den Sohlen.
Dann ist da noch der Mittelstreifen des Graf-von-Galen-Rings. Wette höhere Beträge, dass der im Hagener Zuständigkeitswirrwarr um Müllentsorgung und Reinigung von Plätzen, Straßen und Grünflächen schlicht vergessen worden ist. Anders ist eine Halde, die sich über mehrere 100 Meter erstreckt, nicht zu erklären.
Am Haus Deutscher Ring wartet eine Reisegruppe auf den Bus. Es geht nach Straßburg. Vielleicht ist es da ja sauberer. Manchmal hat man den Eindruck, der Berliner Platz ist ein Ort, an dem es nicht schwer fällt, Hagen den Rücken zu kehren.
HEB säubert von montags bis sonntags zweimal täglich – zusätzlicher Einsatz des Teams „Gemeinsam für mehr Stadtsauberkeit“.
Verdreckter Wasserlauf in der Innenstadt
Friedrich-Ebert-Platz: Ein Dienstagmorgen, 8.30 Uhr, an dem Platz, der das Herz der Innenstadt markiert: Lediglich die Windböen haben hier dafür gesorgt, dass Blätter, Äste und Nüsse von den Bäumen ihren Weg auf den Boden gefunden haben. Müll? So gut wie Fehlanzeige, bis auf kleinere Bereiche, in denen die Kippenstummel auf dem Boden festgetreten wurden. Es wirkt sauber, aufgeräumt. Fairerweise: Das ist hier häufig so. Weil hier in der Innenstadt häufig gereinigt und aufgeräumt wird.
Der einzige „Schandfleck“ – so zumindest wird er von vielen Innenstadtbesuchern wahrgenommen – ist der Wasserlauf, der sich zwischen dem bekannten Fast-Food-Anbieter und dem Stadtfenster unweit des Ebert-Platzes befindet.
Hier schwimmen neben diversen Getränke- und Fastfoodverpackungen, Zigarettenstummel und diverser anderer Müll. An dieser prominenten Stelle dürfte sich gerne etwas verändern.
HEB reinigt montags bis samstags zweimal täglich im Herzen der Innenstadt.
Abfalleimer in Vorhalle quillen über
Europa-Platz: Auf dem Europaplatz in Vorhalle könnte man an diesem Dienstagmorgen den Eindruck gewinnen, als habe sich am Vorabend eine Menschenmasse dort versammelt.
Die Abfalleimer quillen über, zwischen den Sträuchern und unter den Büschen liegen leere Dosen, Flaschen, Glasscherben, alte Taschentücher und weiterer Unrat. Zwei Mitarbeiter des Wirtschaftsbetriebs Hagen (WBH) sind jetzt um 8.30 Uhr bereits mit Müllsäcken und Greifzangen auf dem Platz unterwegs, um den ganzen Schmutz aufzukehren bzw einzusammeln. Selbst auf dem Spielplatz und am Denkmal sieht es aus wie nach einer durchzechten Nacht.
Die Verkäuferin im Kiosk an der Vorhaller Straße führt die Verschmutzung nicht zuletzt auf fehlende Mülleimer zurück. „Die Behälter sind sehr schnell überfüllt, und dann fliegt der Abfall über den Platz.“
Man kann nur froh sein, dass hier regelmäßig frühmorgens sauber gemacht wird, denn später am Tag ist der Platz zentraler Anlaufpunkt für Familien, Senioren und andere Vorhaller. Dem Initiativkreis „Lebendiges Vorhalle“ ist es gelungen, aus dem einstmals recht trist wirkenden Gelände einen Ort zu machen, an dem sich die Menschen gerne aufhalten. Der Dreck frühmorgens beweist, dass dieses Engagement leider nicht von allen Zeitgenossen gewürdigt wird.
HEB reinigt bei Bedarf; WBH kümmert sich um die Grünflächen und Kinderspielplätze (dienstags und freitags).
Mülleimer in Boele einfach verschwunden
Boeler Marktplatz: Symptomatisch für die Müllproblematik auf dem Boeler Markt ist aktuell, dass ein Mülleimer ganz aus seinem Gestell verschwunden ist. Ob gestohlen oder in Reparatur – unklar. Jemand hat eine Kippenschachtel darauf gelegt und die Schale einer Banane.
Auf der Betonwüste zwischen Hilgenland, Schwerter- und Dortmunder Straße fliegt so ziemlich alles an Müll rum, was es gibt. Große „Durstlöscher“-Kartons, Taschentücher, Zigarettenstummel, Schnapsflaschen, Brötchentüten. Ob es immer hier einfach so hingeschmissen wurde oder der Wind seine Spielchen damit gespielt hat, lässt sich nicht mit Bestimmtheit sagen. Was man aber merkt, ist, dass zu wenig Mülleimer den Platz zieren.
Zwei stehen am Sitzrondell neben dem frisch demolierten Bücherschrank der Bezirksvertretung Nord, zwei an den Bänken, an denen bestimmtes Klientel den halben Tag lang miteinander anstößt. Und weil man nun dazu übergangen ist, auf der Fläche, auf der mittwochs der Markt stattfindet, aufgezeichnete Parkboxen anzubieten, fliegt der Müll hier ziemlich unkontrolliert zwischen den Autos her. Die meisten Aussteigenden scheinen wohl gar nicht erst nach einem Mülleimer zu suchen.
Der Platz braucht mehr Sitzgelegenheiten, mehr Grün, mehr Aufenthaltsqualität. Und damit auch gleich mehr Gefäße für den Müll.
HEB säubert nach dem Markttag; WBH ist zuständig für die daneben befindliche Grünfläche und den Kinderspielplatz (montags und mittwochs).
Hohenlimburg-Besuch: Ein Platz wie geleckt
Brucker Platz: „Angenehm Sauber“ so war am Dienstag Morgen, kurz vor 9 Uhr, mein erster Gedanke. Das kennt man von Besuchen an anderen Plätzen, insbesondere auch Parkplätzen in Hohenlimburg wie am Lennebad, dem Parkplatz der Firma Billstein gegenüber am anderen Flussufer sowie am Parkplatz Kirchenberg von diversen Hundespaziergängen durchaus anders. Von der Limburger Freiheit, am Anfang der Fußgängerzone mit seinem recht großen Brunnen Elementen und Sitzgelegenheiten, bis hin zum Brucker Platz konnte man bei nicht mal halb gefüllten Mülleimern keinen auf dem Boden liegenden Unrat entdecken.
Besonders angesichts des grade erst wiedereröffneten Eiscafés Panciera und der dortigen Gastro wie dem Neka Grill oder auch der Bäckerei Niehaves freute es Passaten, keinem Verpackungsmüll zu begegnen. Vielleicht aber auch ein Resultat der mangels Geschäften immer weniger besuchten Hohenlimburger Innenstadt.
HEB reinigt den Platz montags bis freitags täglich; WBH macht die Spielbereiche (montags und freitags).
Überraschung im Zentrum von Haspe
Hasper Torhaus: Entspannte Situation kurz vor halb neun Uhr am Hasper Torhaus. Also jenem Ort, wo man sich angeblich in der Nacht aufgrund herumlungernder Gestalten, die mitteleuropäischen Gepflogenheiten wenig abgewinnen können, nicht mehr sicher fühlen kann. Spuren dieses überlieferten Treibens sind zumindest nicht mehr sichtbar. Alles picobello: Mülleimer geleert, keine nennenswerten Abfälle – von den obligatorischen Kippen am Taxistand und einem Kaffeerührstäbchen aus Plastik am Sockel des Kirmesbauerdenkmals mal abgesehen.
Lediglich ein Pflanzkübel an einem Bäumchen lässt vermuten, dass hier am Vorabend Nüsse geschlemmt und die Schalen gedankenlos fallengelassen wurden. Hinter dem Torhaus wirkt es deutlich schmuddeliger: Hier müsste dringend mal jemand intensiv zum Besen greifen.
Aber wo ist denn nun der Unrat, der sich den Legenden zufolge im Hasper Zentrum auftürmen soll? Eine Schleife über den Hüttenplatz bringt da keinen zusätzlichen Erkenntnisgewinn – alles sauber. Ähnlich am Hasper Kirchplatz an der Frankstraße: eine leere Plastik-Wasserflasche an der Treppe zum Gotteshaus und ein knatschbunte FFP2-Maske am Sockel des Löwen-Denkmals – selbst die Kippen türmen sich im Aschenbecher des bereitgestellten Papierkorbs.
HEB reinigt montags bis samstags einmal täglich und zusätzlich wird montags bis freitags zwei Mal täglich durch AS Haspe (12 Beschäftigte in geförderter Maßnahme) gereinigt.
Sonnenblumenkerne in Altenhagen auf dem Boden
Friedensplatz Unter einer Sitzbank am Rande des Platzes häufen sich Joghurt-Becher, Taschentücher, Getränkedosen, kleinere Verpackungen und – ein leidiges Thema und Dauerproblem in Hagen: Zigarettenstummel und festgetretene Hülsen von Sonnenblumenkernen. Bei Regen macht es das für die städtischen Mitarbeiter, die hier in regelmäßigen Abständen für Ordnung sorgen, nicht unbedingt leichter.
Auch auf dem Rest des Platzes sieht es am Tag nach dem Markttag nicht bedeutend besser aus. Zwar türmen sich hier keine großen Müllberge, wie vielleicht an anderen Stellen in Altenhagen – aber der gewisse Grunddreck, der sich über den gesamten Platz bis zum Aufgang hinten verteilt, versprüht nicht unbedingt das Gefühl von besonderer Aufenthaltsqualität.
Als wir wieder fahren, ist immerhin bereits ein emsiger Mitarbeiter mit Müllzange dabei, den Platz von den unschönen Hinterlassenschaften zu befreien, die Besucher hier zurückgelassen haben. Ein Rhythmus, der sich leider täglich wiederholt.
HEB reinigt dreimal in der Woche sowie täglich durch „Gemeinsam für mehr Stadtsauberkeit“; WBH kümmert sich um die Grünflächen (donnerstags).