Vorhalle. Was der Initiativkreis „Lebendiges Vorhalle“ in nur zwei Jahren aus dem Ortskern gemacht hat, ist bemerkenswert. In einer Stadt voller Sparzwänge.

Was der Initiativkreis „Lebendiges Vorhalle“ in nur zwei Jahren aus dem Ortskern zwischen Europaplatz und evangelischer Kreuzkirche gemacht hat, übersteigt in der Theorie eigentlich das, was Privatmenschen neben in ihren eigenen Verpflichtungen und Berufen zu leisten im Stande sind. Das Engagement der beherzten Vorhaller zieht noch dazu bauliche Veränderungen und Verbesserungen nach sich. Ein bemerkenswertes Beispiel bürgerschaftlichen Engagements in einer Stadt, deren finanzielle Fesseln derartige Entwicklungen aktuell nicht möglich machen. (Lesen Sie auch: Wie „Lebendiges Vorhalle“ nach dem Ende des Vorhaller Forums entstand)

Hochbeete zieren den Bereich rund um das Ehrenmahl. Angelegt wurden sie von den Mitgliedern von „Lebendiges Vorhalle“.
Hochbeete zieren den Bereich rund um das Ehrenmahl. Angelegt wurden sie von den Mitgliedern von „Lebendiges Vorhalle“. © WP | Michael Kleinrensing

Als die Redaktion vor zwei Jahren erstmals mit Tina Kramps (60) im Schatten des Kriegerdenkmals sprach, da war ihr kleiner Kreis gerade erst aus der Taufe gehoben worden. Und neben viel Optimismus und Herzblut für den eigenen Kiez schwebte auch hier ein bisschen die Gefahr mit, dass die Kraft der guten Gedanken an den Mauern des Machbaren in Hagen geschwächt werden könnte. Doch: Pustekuchen.

+++ Lesen Sie auch: Oberbürgermeister Erik O. Schulz – Acht Jahre, keine Vision +++

„Wir tun die Dinge, die in unserer eigenen Verantwortung liegen“, sagt Kramps. „So entmutigt uns auch nichts. Wir wollen viele Dinge einfach immer einmal mehr und glauben an das Gute. Und wenn man sieht, was wir hier geschafft haben, dann können wir ziemlich stolz auf uns sein.“

Die Fitnessgeräte haben rund 10.000 Euro gekostet – finanziert wurden sie durch Sponsoren.
Die Fitnessgeräte haben rund 10.000 Euro gekostet – finanziert wurden sie durch Sponsoren. © WP | Michael Kleinrensing

Lassen wir die Auflistung für sich sprechen: Hochbeete, Bücherschrank, Picknicktische, 45 Nistkästen, Fitnessgeräte im Wert von 10.000 Euro, Blockhäuser auf dem Marktplatz, Spielzeugboxen, Schachkisten, Spieltische aus Findlingen. Dazu improvisierte Tempo-30-Schilder, Liegebänke, künstlerisch bemalte Mülleimer und Verteilerkästen, Boulespielabende, Weihnachtssingen, Trödelmärkte, Stadtteilrallyes, Kräuterwanderung, ein Tag am See, Klavierkonzert, Müllsammelaktionen, Feierabendmärkte, Mitsing-Feten. Auch die fest installierte Beleuchtung des Ehrenmals geht auf „Lebendiges Vorhalle“ zurück. Die Verlegung der Elektronik dafür haben sie selbst gemacht. Auch auf dem Europaplatz gibt es nun eine feste Beleuchtung im Zentrum der Fläche.

Die großen Steine rund um das Ehrenmal wurden von den Freiwilligen zu Spieltischen umfunktioniert.
Die großen Steine rund um das Ehrenmal wurden von den Freiwilligen zu Spieltischen umfunktioniert. © Michael Kleinrensing

Neuer Spielplatz im Zentrum

Dass der Wirtschaftsbetrieb Hagen (WBH) den Spielplatz am Ehrenmal komplett neugebaut hat, zieht so viele Familien mit Kindern an, dass es an sonnigen Tagen richtig voll hier wird. Eisdiele, Vorhaller Stadtteilhaus inklusive „Vorhaller Wohnzimmer“, die gut gehende Trinkhalle – städtebaulich wirkt das Areal nun einfach rund. „Und wenn wir dann so Szenen sehen wie die eines älteren Mannes, der hier neulich mit einer Müllgabel Dreck aufgesammelt hat, dann sehen wir, welche Wertschätzung die Vorhaller den geschaffenen Dingen hier entgegenbringen“, sagt Tina Kramps.

Die „Feierabend-Häuser“ auf dem Vorhaller Marktplatz. Um sie herum soll bald eine Art Feierabend-Markt entstehen.
Die „Feierabend-Häuser“ auf dem Vorhaller Marktplatz. Um sie herum soll bald eine Art Feierabend-Markt entstehen. © WP | Michael Kleinrensing

Der Initiativkreis besteht aus einem guten Dutzend Vorhallern, die sich Gedanken machen, wie man mit kleinen Dingen Verbesserungen erzielen kann, die das Gemeinschaftsgefühl im Stadtteil heben. Ein Ortsteil, der in den vergangenen Jahren eigentlich immer nur mit seinen vier großen Negativ-Themen öffentlich in Erscheinung trat: Autobahn-Lärm, Zug-Lärm, einer Geschäftswelt auf dem Rückzug und ein fehlender Discounter. „Sicher, alles richtig“, sagt Initiativkreis-Mitglied Carsten Tillmann. „Aber man muss auch auf die Dinge blicken, die der Stadtteil hat und die ihn wertvoll machen.“

Der neue Spielplatz am Vorhaller Ehrenmal zieht sehr viele junge Familien an.
Der neue Spielplatz am Vorhaller Ehrenmal zieht sehr viele junge Familien an. © Michael Kleirnensing

Das tun sie hier. Unermüdlich. Sie zapfen Fördertöpfe an, sammeln Sponsorengelder, opfern Freizeit und bringen Menschen zusammen. Was allein schon örtlich betrachtet eine Herausforderung ist, weil die Weststraße den Ortsteil in zwei Hälften teilt – auch was die Zusammensetzung der Gesellschaft angeht. Hier, an der Schnittstelle, an der „Lebendiges Vorhalle“ so viel verändert hat, kommen sie zusammen. Nächstes Ziel übrigens: Ein Feierabendmarkt, bei dem sich Vorhaller Händler und Gastronomen präsentieren können. „Wir bleiben mutig“, sagt Tina Kramps.

Die Bürgerinitiative
Die Bürgerinitiative "Lebendiges Vorhalle" hat innerhalb der vergangenen Monate viele Dinge rund um den Vorhaller Europaplatz verändert. Carsten Tillmann und Tina Kramps machen es sich an einer der neuen Liegebänke bequem. © WP | Michael Kleinrensing