Hagen. Die Zahl der Taschendiebstähle in Hagen nimmt wieder zu. Die Ermittlungen sind schwer. Die Polizei setzt daher auf Aufklärung.
Zack. In die Falle getappt. Zumindest in der Theorie. Stehe aber am Stand der Polizei mitten auf dem Friedrich-Ebert-Platz, umgeben von Polizisten. Und selbst wenn ich sowohl Handy als auch Portemonnaie in der Hosentasche trage, so ist die Gefahr, in Hagen Opfer eines Taschendiebstahls zu werden, an diesem Ort in der Stadt wohl am geringsten.
Die Polizei hat hier ein Piktogramm auf das Pflaster gesprüht. In einem roten Dreieck ist die Szene nachgestellt, in der der Täter zuschlägt. Das ist dort besonders häufig der Fall, wo sich viele Menschen tummeln, wo sie auch mal dicht an dicht stehen. Also zum Beispiel in der Innenstadt, auf dem Ebertplatz, in der Fußgängerzone, am Hauptbahnhof, in den Stadtteilzentren aber auch in Supermärkten. Und überall hier will die Polizei entsprechende Warnhinweise auf den Boden bringen.
Zahl der Taschendiebstähle steigt wieder an
Genaue Zahlen hat Nicole Gaertig von der Abteilung Kriminalprävention und Opferschutz nicht parat. Aber dafür ein Bauchgefühl. Und das besagt: Je mehr Menschen nach den Corona-Lockdowns wieder vor die Tür gehen, umso mehr steigt auch die Zahl der Taschendiebstähle wieder an. Eine kriminelle Branche und ihre bösartigen Protagonisten erleben eine Konjunktur.
„Taschendiebstahl zählt im wahrsten Sinne zum Tagesgeschäft“, sagt Nicole Gaertig. „Täglich erreichen uns Anzeigen. Und seit die Menschen wieder mehr unterwegs sind, nimmt die Zahl definitiv zu.“
Täter sind absolute Profis
Kosten schnell im dreistelligen Bereich
Die Polizei Hagen weist auch darauf hin, dass potenziellen Opfern von Taschendiebstählen – abgesehen vom eigentlichen Schaden durch den Verlust von Bargeld und Geldbörse – weitere Kosten drohen.
So errechnet die Polizei für die Neubeantragung eines Personalausweises 28,80 Euro, 59 Euro für einen neuen Reisepass, 40 Euro für einen neuen Führerschein, 12 Euro für einen neuen Fahrzeugschein, 25 Euro für eine neue Kreditkarte, 63 Euro für ein Monatsticket im ÖPNV und 10 Euro für sonstige Ausweise. In Summe: 237,80 Euro.
Dazu kommen Zeitaufwand und evt. auch Kosten für die Beschaffung einer Krankenkassenkarte, eines Sozialversicherungsausweises, eines Schülerausweises, eines Studentenausweises, von Mitgliedsausweisen oder einer Paybackkarte.
Dabei haben es die potenzielle Opfer in der Regel mit absoluten Profis zu tun, die Schwächen gnadenlos ausnutzen. Beispiele: die Tasche im Einkaufswagen, mal eben um die Ecke in die nächste Regalreihe, Geldbörse futsch. Oder die offene Handtasche, dichtes Gedränge, ein gezielter Griff, dasselbe Ergebnis.
Das Problem: Viele Betroffene bemerken erst Minuten oder gar Stunden nach der Tat, dass sie Opfer eines Diebstahls geworden sind. „Wenn sie dann Anzeige erstatten, können sie nicht einmal genau sagen, wo die Tat stattgefunden hat“, erklärt Nicole Gaertig. Ein Umstand, der die Ermittlungsarbeit der Polizei nicht einfacher macht. „Die Täter sind geschickt, sie sind geschult. Einige gehen allein vor, andere agieren in der Gruppe, geben die Beute schnell weiter, bevor die Opfer überhaupt registrieren, was gerade vor sich geht.“ Die Konsequenz: Die Aufklärungsquoten sind eher niedrig.
Polizei will potenzielle Opfer sensibilisieren
Um so wichtiger ist es in den Augen der Polizei, die Menschen für derlei Taten zu sensibilisieren. Und genau deshalb ist die Polizei mit einem Informationsstand mitten in der Innenstadt, an einem ganz klassischen Tatort unterwegs. „Man kann sich ja vor Taschendieben schützen“, sagt Nicole Gaertig. Wichtige Hinweise: Niemals die Taschen offen lassen. Erst gar nicht zu viel Bargeld und zu viele Papiere mitnehmen. Nach Möglichkeit eben die Geldbörse oder das Handy nicht einfach achtlos in die Hosentasche stecken, keine Sachen unbeaufsichtigt zurücklassen – beispielsweise in einer Umkleidekabine in der Modeabteilung oder eben im Einkaufswagen im Supermarkt. Auch eine Handtasche habe im Rollator nichts verloren, sondern gehöre besser dicht an den Körper.
Hinzu kommt, dass es besonders sensible Tage gibt. „Die Täter wissen, wann die Renten überwiesen werden“, sagt Nicole Gaertig, „und sie wissen auch, dass viele ältere Menschen nicht mehr so mobil sind und deshalb gern größere Beträge auf einmal abheben, anstatt häufiger mal zur Bank zu gehen.“ Auch davor warnen die Experten der Polizei Hagen.