Hagen. Die drohenden Gasmangellage im Winter könnte auch die Müllverbrennung in Hagen beeinträchtigen. Doch der HEB ist auf Engpässe vorbereitet.
Wenn in Deutschland während der Wintermonate das Gas knapp werden sollte, könnte dies auch für die Hagener Müllverbrennungsanlage (MVA) und somit für die Müllentsorgung in der gesamten Stadt gravierende Folgen haben.
Denn für die Rauchgasreinigungsanlage der sogenannten „thermischen Verwertung“ der Abfälle werden erhebliche Gasmengen benötigt, um die gesetzlichen Abgasgrenzwerte einhalten zu können. „Noch gibt es keine aktuelle Festlegung, ob eine Müllverbrennungsanlage zu den kritischen Unternehmen gehört“, erwartet Uwe Unterseher-Herold, Geschäftsführer des Hagener Entsorgungsbetriebes (HEB), zeitnah eine klare Entscheidung der federführenden Bundesnetzagentur, ob bei einer Gasmangellage die MVA ebenfalls zu jenen Unternehmen gehört, die privilegiert weiter mit Gas versorgt werden: „Aber natürlich haben wir uns auch schon einen Plan B zurechtgelegt, falls es zu Engpässen kommen sollte.“
Im Fall einer akuten Gasknappheit werde es nach Ansicht von Netzagentur-Chef Klaus Müller nur noch darum gehen, die Schäden so gering wie möglich zu halten. Sollte es zu einer Priorisierung der Gasversorgung in der Industrie kommen, wird es laut Müller mindestens drei Kriterien geben: die Vermeidung betriebswirtschaftlicher Schäden, die Berücksichtigung von Lieferketten sowie von sozialen Verwerfungen. Um festzulegen, wie das Gas im Notfall verteilt wird, soll durch die Bundesnetzagentur bis Oktober eine Studie angefertigt werden.
Die Abgasreinigung an der MVA Hagen arbeitet unter Zuführung erheblicher Gasmengen ähnlich wie ein Katalysator am Auto: „Bei uns läuft das Rauchgas durch ein Wabensystem und braucht dort – erzielt durch eine spezielle Strömungsführung – bei bestimmten Temperaturen auch bestimmte Verweilzeiten. Mit Hilfe des Gases erreichen wir in den Strängen der drei Öfen in dem Katalysator Temperaturen von 260 bis 270 Grad.“ Das hat zugleich den Vorteil, dass bei einer Gasmangellage auch nur mit einem Verbrennungsstrang gearbeitet werden könnte. „Das bedeutet natürlich, dass wir auch entsprechend weniger Abfall abnehmen könnten, aber die Stadt würde nicht gleich im Müll ersticken“, so Unterseher-Herold.
Natürlich wäre bei einem anhaltenden Gas-Engpass die Wirtschaftlichkeit des HEB gefährdet, da die Fixkosten der Anlage unverändert hoch bleiben, während statt gut 2000 Tonnen pro Woche bloß noch 800 Tonnen in der MVA verbrannt werden. Das wäre weniger, als in Hagen standardmäßig pro Woche eingesammelt wird.
Das hieße wiederum, die Restmengen müssten entweder aufwendig in andere Anlagen transportiert oder zwischengelagert und durch logistische Rochaden weggepuffert werden. „Natürlich würden wir in einer solchen Phase die Sperrgutsammlungen zunächst einmal komplett stoppen, die Wertstoffsammelhöfe schließen und eventuell auch die Leerungsintervalle für die Hausmülltonnen verlängern“, skizziert der HEB-Chef erste Notfall-Ideen.
Fernwärmeversorgung ungewiss
Die MVA angesichts des Gasmangels temporär sogar ohne Rauchgasreinigung zu fahren, sei nach Rücksprache mit der Bezirksregierung in Arnsberg keine Option – dafür gäbe es keine Genehmigung.
Allerdings kann Unterseher-Herold nicht ausschließen, dass die Fernwärmeversorgung im Winter gedrosselt werden müsse, wenn lediglich noch ein MVA-Kessel in Betrieb sei. „Ich gehe davon aus, dass man bei der Bundesnetzagentur einerseits anerkennt, dass eine Müllverbrennungsanlage eine Einrichtung der Daseinsvorsorge ist, aber gleichzeitig auch verfügt, dass tatsächlich nur das verbrannt wird, was aktuell unbedingt notwendig ist“, hofft der Hagener HEB-Chef für die Wintermonate auf eine rationale Herangehensweise der federführenden Bundesbehörde.