Wehringhausen. Steinwürfe und geschubste Einkaufswagen: Aus Sicherheitsbedenken überlegt die Hagener Straßenbahn, die Wehringhauser Straße zu meiden.
Ist die Wehringhauser Straße, die zwischen Hawker und der Villa Post seit dem Bau der Bahnhofshinterfahrung zu einem nahezu verkehrstoten Bereich geworden ist, mittlerweile zu gefährlich für den Busverkehr? Am vergangenen Mittwoch, einen Tag vor Christi Himmelfahrt, informierte die Hagener Straßenbahn ihre Fahrer über Funk, dass die Busse besser außen herum über den Ausläufer der Bahnhofshinterfahrung fahren und die Haltestelle „Hawker“ im verkehrstoten Bereich nicht mehr anfahren sollen. Eine Anweisung aus Sicherheitsgründen.
Einmal wurde ein Tischtennisschläger durch ein gekipptes Fenster geworfen
Es war nicht das erste Mal, dass die Busfahrer in dem schwierigen Bereich erlebten, dass Kinder, teilweise absichtlich, vor die Busse springen oder den Bussen mit Absicht rollende Einkaufswagen entgegengeschubst werden. Auch zu Steinwürfen soll es schon gekommen sein. Einmal soll, so heißt es aus Busfahrerkreisen, ein Tischtennisschläger durch ein aufgekipptes Fenster geworfen worden sein.
Die Angst bei Fahrern und Straßenbahn ist aus zwei Gründen groß. Erstens kann eines der ohne oder mit Absicht vor den Bus springenden Kinder erfasst werden. So ein Fall war bereits im Juni 2019 geschehen. Das damals fünfjährige Mädchen hatte nach ersten Erkenntnissen am Rand des Gehwegs in der Nähe des Bodelschwinghplatzes gespielt – dann lief es laut Polizei auf die Wehringhauser Straße und wurde vom Bus erfasst und musste schwer verletzt in eine Klinik geflogen werden. Und zweitens sei aus Sicht der Straßenbahn das Risiko einer Vollbremsung sehr hoch in dieser Straße. Dabei besteht die Gefahr für Fahrgäste, sich zu verletzen.
Entscheidung, dort nicht mehr lang zu fahren, zunächst mal nur für einen Tag getroffen
„Wir haben den Bereich sehr genau auf dem Schirm. Die Entscheidung, dort nicht mehr lang zu fahren, haben wir erst mal nur am vergangenen Mittwoch getroffen. Wir werden aber prüfen, wie das aus sicherheitstechnischer Sicht nun weitergehen kann“, sagt Straßenbahn-Sprecher Dirk Thorbow.
Die Wehringhauser Straße war vor dem Bau der Bahnhofshinterfahrung eine viel stärker frequentierte Straße. Heute stehen hier viele alte Bauten in teilweise marodem Zustand. Viele südosteuropäische Zuwanderer haben in den Häusern Wohnungen gefunden. Es ist ein ganzes Viertel voller Billigwohnraum entstanden und es gibt viele Immobilienbesitzer – das haben Recherchen unserer Zeitung in den vergangenen Jahren immer wieder ergeben –, die nur wenig Lust haben, an diesem Zustand etwas zu ändern, weil die heruntergekommenen Wohnungen eben immer noch Mieten abwerfen, solange man sie an hilflose oder dringend eine Wohnung suchende Zuwanderer vermieten kann, deren Kinder es letztlich oft sind, die unten an der Wehringhauser Straße spielen.
Viele Projekte angepackt: Stadt und Sozialarbeiter unternehmen viel
Aber die Perspektive ist nicht so schlecht wie solche Momentaufnahmen es vermuten lassen. Sozialarbeiter der Stadt und von Hilfsorganisationen wie dem „Romano Drom“ leisten in dem Quartier wertvolle Integrationsarbeit, die auch schon auf übergeordneter Ebene ausgezeichnet wurde. Die Stadt schafft bis zum Sommer nun den Fachbereich Integration. Mit einem Migrantenanteil um die 40 Prozent belegt Hagen seit Jahren einen Spitzenplatz in Nordrhein-Westfalen. Dabei handelt es sich neben Ausländern, die zum Teil schon in der zweiten und dritten Generation in der Stadt leben, vor allem um Flüchtlinge aus Krisen- und Kriegsgebieten sowie EU-Zuwanderer, die zunehmend die Bürgerschaft bilden.
Bodelschwingh-Platz für über 1,3 Millionen Euro saniert
Der Bodelschwinghplatz und das umliegende Ensemble wurden für 1,3 Millionen Euro saniert. Die Hagener Entwicklungs- und Erschließungsgesellschaft (HEG) hat bereits ein Haus am Bodelschwinghplatz aufgekauft und interessiert sich für zwei weitere Gebäude. Zudem hat die HEG vier Häuser in der Wehringhauser Straße erworben. Das Freizeitareal „Bohne“ wurde fertiggestellt, der Wilhelmsplatz umgebaut und bereits im Jahr 2014 ein Quartiersmanagement installiert.