Auf die Eröffnung der Bahnhofshinterfahrung vor einem Jahr und die weitere Entwicklung blickt WP-Kommentator Martin Weiske.
Kleiner Bahnhof für eine große Straße: So hatte sich OB Erik O. Schulz das so gar nicht vorgestellt, als er heute vor exakt einem Jahr an der Bahnhofshinterfahrung den ersten Autos zuwinkte. Zwar richtete er noch ein ironisches, aber herzliches Willkommen an alle Nicht-Anwesenden bei einer nicht-stattfindenden Eröffnungszeremonie. Aber letztlich stand der Verwaltungschef mit Dezernenten und federführenden Köpfen des Wirtschaftsbetriebes – seinerzeit übrigens alle noch ohne Mundschutz – alleine auf dem frisch gefegten 60-Millionen-Euro-Bauwerk, als er um 10.47 Uhr im Rahmen eines eher gespenstischen Festaktes ein blau-gelbes Band durchschnitt.
Das extra aufgebaute, strahlend weiße Festzelt für 300 Gäste blieb leer, Bürger und Ehrengäste aus Düsseldorf und Arnsberg wurden nach der Pandemie-Brandrede der Kanzlerin vom Vorabend kurzerhand ausgeladen. Das Corona-Virus hatte die Regie übernommen. Nach acht Jahren Bauzeit mit Rosa-Haus-Posse sowie Bomben- und Leichenfunden ein doch sehr schlichter Akt für das kommunale Geschichtsbuch.
Kein Tag unter Volllast
Aber seitdem rollte dort der Verkehr – wenn auch aufgrund der Pandemie, Lockdowns und anhaltender Homeoffice-Phasen noch keinen Tag unter Volllast. Und zumindest im Premierenjahr sogar mit dem erhofften Nebeneffekt, dass am Hauptbahnhof die Luft ein wenig atembarer geworden ist.
Dennoch soll die Straße ohne Namen nicht bloß als Verkehrsachse dienen, sondern vor allem neue Quartiere erschließen. Allen voran für die Westside erhoffen sich die Hagener Vordenker die qualitätvolle Entwicklung eines neuen Innenstadtquartiers. Sobald die Stadt ihre Hausaufgaben rund um einen nahen Störfallbetrieb sowie die Verkehrsanbindungen zu Gleisen und City gemacht hat, wollen Projektentwickler kreativ werden.
Sichtbar ist nur der Stillstand
Sichtbar passiert ist dort allerdings in den vergangenen zwölf Monaten ebenso wenig wie auf der gegenüberliegenden Straßenseite, wo die Ennepe in die Volme mündet. Bis heute ist es der Stadt nicht gelungen, dieses Filetgrundstück vom angrenzenden TWB-Betrieb wieder zurückzukaufen. Konsequenz: Stillstand.
So könnte auch die Überschrift für die Varta-Insel am Westende der Bahnhofshinterfahrung lauten. Gut 60.000 Quadratmeter feinster Gewerbegrund ohne große Restriktionen, solange man nicht in den Boden buddelt. Viele Ambitionen garniert mit Wirtschaftsförderer-Sprech, aber bis heute wenig bis gar nichts Konkretes.
Es werden noch Wetten angenommen, ob – neben Plänen und Versprechungen – sich auf diesen Flächen wirklich was tut, bevor auf der Bahnhofshinterfahrung erstmals die Verschleißdecke erneuert werden muss.