Hagen. Das wird für Hagen richtig teuer: Die Beseitigung der Baumängel beim Schumacher-Museum wird die Stadt wohl alleine tragen müssen.

Nächster dramatischer Paukenschlag in der nicht enden wollenden Pannenserie rund um das Emil-Schumacher-Museum: Das seit zehn Jahren laufende Beweissicherungsverfahren rund um die Mängel an dem Kulturkomplex hat ergeben, dass die Stadt Hagen voraussichtlich in weiten Teilen auf den Kosten für die erheblichen technischen Mängel sitzen bleibt.

Dabei handelt es sich, so stellt der für die Stadt Hagen tätige Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht Professor Jörn Bröker (Essen) in einer der Redaktion vorliegenden Einschätzung fest, um eine Summe von etwa 8 bis 10 Millionen Euro. Nur mit Hilfe dieses immensen Betrages könnten die hohen Energieverbräuche, die Hygieneprobleme in der Lüftungstechnik sowie die Verkeimung der Trinkwasseranlage beseitigt werden.

Probleme halten seit der Eröffnung im Jahr 2009 an

Baumängelliste umfasst rund 250 Einzelpunkte

Von Achtungserfolgen einzelner Expositionen abgesehen, hat das 26-Millionen-Euro-Objekt angesichts der immensen Folgekosten bislang vorzugsweise im Schwarzbuch des Steuerzahlerbundes als Pannen-Panoptikum für Schlagzeilen gesorgt.

Stattdessen dominieren die technischen Absurditäten: Extra-Geräte für differenzierte Strommessungen, Baumarkt-Luftbefeuchter für das passende Raumklima als Ersatz für die verkeimte Klimatechnik und Wasserleitungen, Feuerwehr-Fehlalarme zuhauf aufgrund des Druckabfalls in den Sprinkleranlagen oder auch luftgekühlte Kältemaschinen, um eine Überhitzung der Klimatechnik zu verhindern, sorgten für Spott und Kopfschütteln.

Vom versprochenen Niedrigenergiestandard ist das Objekt mit dem angeblich so innovativen und umweltfreundlichen Heizungs- und Klimasystem mit etwa 60 Kilometern Leitungen, durch die 57.000 Liter Wasser strömen, meilenweit entfernt.

Stattdessen gibt es eine Baumängelliste mit etwa 250 Einzelpunkten.

Diese seit der Eröffnung des Museums am 28. August 2009 anhaltenden Probleme haben bislang für jährliche Mehrkosten in Höhe von etwa einer Million Euro gesorgt. Hinzu kommen noch technische Nachrüstungen, um den Betrieb des Hauses überhaupt aufrechterhalten zu können, im Volumen von weiteren drei Millionen Euro.

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Damit addieren sich der jetzt anfallende Mangelbeseitigungsaufwand, die bislang aufgelaufenen Mehrkosten für deutlich höhere Energieverbräuche – ursprünglich waren dem Rat bei seiner bei Investitionsentscheidung Jahresfolgekosten von gerade einmal 461.000 € vorgegaukelt worden – sowie die erforderlichen Extra-Ausgaben zur Unterstützung der unzulänglichen Gebäudetechnik auf einem Betrag, der fast das Bauvolumen für die Errichtung des Kunstquartiers von 26 Millionen Euro erreicht, von denen das Land seinerzeit rund 20 Millionen zahlte.

Ergebnisse noch unvollständig

Lediglich bei den sich bedrohlich erwärmende Erdsondenfeldern unter der Bodenplatte des Museums, die wiederum erheblichen Kühlungsaufwand für das überhitzte Erdreich erfordern, empfiehlt der Experte der Stadt, das Beweisverfahren vertiefend fortzusetzen. Bislang sind die Feststellungen des vom Gericht bestellten Sachverständigen Dr. Ing. Stefan Wirth (Karlsruhe) zu diesem Themenkomplex „noch immer unvollständig und nicht vollständig zufriedenstellend“, stellt Jurist Bröker fest. Hier solle der Gutachter noch vertiefende Aussagen zu den Mangelursachen und vor allem zu den Beseitigungskosten, die von der Stadt mit einem weiteren, bislang nicht näher bezifferten Millionenbetrag angesetzt werden, treffen.

Bei den hohen Energieverbräuchen des Museums werden derweil die Höhe und der Verursacher des Schadens nicht mehr abschließend zu ermitteln sein. Zwar gab es seinerzeit in der Planungsphase eine Gebäudesimulation, „aus der sich bestimmte idealisierte Energieverbräuche ablesen lassen“, so der Fachanwalt. Allerdings seien die damals eingegangenen Parameter nicht mehr nachvollziehbar. Damit sei eine Differenzbetrachtung unmöglich. Zudem habe es während der Realisierung des Projektes diverse Änderungen gegeben, die einen Soll-Ist-Vergleich erschwerten.

Kritik am Sachverständigen

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Ähnlich stellt sich die Situation offenkundig bei den Hygienemängeln in der Lüftungstechnik und in der Trinkwasserinstallation dar. Hier hat der Sachverständige trotz mehrfacher Rückfragen keine Verantwortlichkeiten benannt.

Der die Stadt Hagen beratende Jurist stellt an dieser Stelle fest, dass Gutachter Wirth im Rahmen des Beweissicherungsverfahrens diese Thematik „nicht mit der notwendigen Ernsthaftigkeit verfolgt“ habe. „Es hat den Anschein, dass der Sachverständige sich entweder überfordert fühlt oder unwillig ist“, bilanziert Bröker. Allerdings rät der Anwalt auch davon ab, den Experten auszutauschen, da es bereits Monate gedauert habe, überhaupt einen Sachverständigen zu finden, der mit keiner der beteiligten Seiten in einer Rechtsbeziehung steht.

Fachplaner in der Zwischenzeit verstorben

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Darüber hinaus ergibt sich das Problem, dass der Fachplaner der federführenden Arbeitsgemeinschaft für die Gebäudetechnik im Schumacher-Museum inzwischen verstorben ist und somit auch nicht mehr in Haftung genommen werden kann.

Andere beteiligte Firmen, allen voran eine Gebäudetechnik-Gesellschaft aus Kleve, haben bereits signalisiert, dass sie mit ihren Unternehmen in Insolvenz gehen würden, sobald Sanierungskosten für das Schumacher-Museum auf sie zukämen.

Sanierung kann beginnen

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Vor diesem Hintergrund empfiehlt der Bau- und Architektenrechtler Bröker der Stadt Hagen, mit der Sanierung des Museums, die bislang durch das laufende Beweissicherungsverfahren unmöglich war, auf eigene Kosten zu beginnen. Weitere gutachterliche Untersuchungen sowie die sich daran anschließenden gerichtlichen Verfahren würden bei völlig ungewissem Ausgang voraussichtlich weitere Jahre andauern, während derer die technischen Mängel und somit die horrenden Mehrkosten nicht beseitigt werden dürfen.

Lediglich bei den anhaltenden Problemen mit dem technisch eingrenzbaren Bereich der Erdsondenfelder-Erwärmung (88 Sonden wurden unter der Bodenplatte des Schumacher-Museums 99 Meter tief ins Erdreich versenkt) empfiehlt der städtische Jurist, bei dem Sachverständigen noch einmal vertiefende Antworten einzufordern. Hier möchte man die federführende Gebäudetechnik-Firma aus Kleve zu einer Mängelbeseitigung bewegen, indem man ihr parallel signalisiert, kostspielige Forderungen wegen Problemen mit der Hygiene in der Lüftungsanlage fallen zu lassen. Ausgang: völlig offen.

Oberbürgermeister Schulz will Verfahren abschließen

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Oberbürgermeister Erik O. Schulz plädierte in einer ersten Reaktion dafür, das Verfahren endlich abzuschließen. „Die Bürger haben einen Anspruch darauf, dass die Fakten offengelegt werden und die Verantwortlichkeiten zu erfahren.“ Allerdings könne eine öffentliche Diskussion erst dann geführt werden, wenn das Beweissicherungsverfahren komplett abgeschlossen sei, um die juristischen Restchancen nicht zu gefährden.