Hagen. Hagens Kulturdezernentin Margarita Kaufmann blickt im Interview auf zehn Jahre Kunstquartier zurück.
Das Kunstquartier begeht in diesen Tagen sein zehnjähriges Bestehen. Zum Jubiläum der Kunstmuseen äußert sich Hagens Kulturdezernentin Margarita Kaufmann im Interview.
1Vor zehn Jahren wurde das Emil-Schumacher-Museum neu und das Osthaus-Museum mit großem Bahnhof wiedereröffnet. Warum gibt es (bis auf das Konzert „Ein Tango für Emil Schumacher/Die vier Jahreszeiten von Buenos Aires“ im Emil-Schumacher-Museum) nach zehn Jahren keine Jubiläumsfestivitäten?
Das Jubiläum „100 Jahre Bauhaus“ dominiert die Ausstellungen im Osthaus Museum und insgesamt im Kunstquartier des Jahres 2019. Wegen der Vielzahl der im Zusammenhang damit stehenden Veranstaltungen Ende August/ Anfang September, wie etwa mit dem Finale des Muschelsalates im Hohenhof, haben die Museumsleitungen beider Häuser von einer Jubiläumsveranstaltung am Tag des zehnjährigen Bestehens abgesehen. Das Jubiläum soll allerdings durch die für den 7. Dezember vorgesehene „Lange Nacht der Kunst“ gemeinsam mit dem Theater Hagen unter dem Motto „Wer hat Angst vor Rot, Gelb und Blau?“ in besonderer Weise in den Fokus genommen werden. Im Auftrag des Emil-Schumacher-Museums entsteht außerdem anlässlich seines zehnjährigen Bestehens eine eigens für das Foyer als verbindendem Ort beider Häuser „in Situ“ geschaffene Arbeit der Bildhauerin Angela Glajcar, die im Rahmen der „Langen Nacht der Kunst“ erstmalig präsentiert werden wird. Ferner werden beide Museen im Rahmen ihrer anstehenden Ausstellungseröffnungen jeweils die letzten zehn Jahre im Kunstquartier Revue passieren lassen. Am Wochenende (14. und 15. September) präsentieren sich beide Häuser mit großen Ausstellungen zum zehnjährigen Bestehen. Das Osthaus-Museum zeigt „Leonardo da Vinci. Erfinder und Wissenschaftler“, das Emil-Schumacher-Museum die Ausstellung „K.R.H. Sonderborg. Bilder von Zeit und Raum“.
2Sind zehn Jahre Emil-Schumacher-Museum die erhoffte Erfolgsgeschichte und welche Strahlkraft hat Ihrer Meinung nach das Emil-Schumacher-Museum regional, national und internationale entfaltet?
Das Emil-Schumacher-Museum hat in den letzten zehn Jahren ein umfangreiches Ausstellungsprogramm mit 46 Ausstellungen geboten. Dabei wurde auf der einen Seite das Werk Emil Schumachers in verschiedenen Facetten dargestellt, auf der anderen Seite andere Künstler, besonders auch Zeitgenossen Schumachers in großen Ausstellungen präsentiert, die weit über Hagen hinaus, teilweise auch international, erhebliche Beachtung gefunden haben. Damit leistet das Schumacher-Museum für Hagen und für das gesamte Kunstquartier den erhofften Beitrag.
3Wie zufrieden ist die Stadt Hagen mit der Besucherentwicklung in den letzten zehn Jahren und welche Ziele in Richtung Besucherresonanz hat die Stadt? Inwieweit schadet die nicht enden wollende Diskussion um die nicht funktionierende Technik und das daraus resultierende Beweissicherungsverfahren dem Ruf des Kunstquartiers?
Die Besucherzahlen entsprechen weitgehend den Zahlen vergleichbarer Häuser in vergleichbaren Städten. Das bedeutet aber nicht, dass die Leitungen beider Häuser sich mit diesen Zahlen zufrieden geben. Beide Häuser werden auch weiterhin alles unternehmen, um durch gute Ausstellungen eine möglichst große Besucherzahl erreichen zu können. Die „nicht enden wollenden Diskussionen . . .“ sowie die Berichterstattung darüber sind in der Tat dem Ruf des Emil-Schumacher-Museums und damit auch des gesamten Kunstquartiers nicht eben zuträglich.
4Erfordert das Prinzip des Kombitickets nicht zwingend auch ein gemeinsames Marketing-Konzept?
Das Kombiticket ist zwischen der Stadt Hagen und der Emil-Schumacher-Stiftung vertraglich vereinbart. Bisher hat jedes der beiden Museen für sich geworben und Marketing betrieben, soweit hierfür überhaupt finanzielle Mittel zur Verfügung standen. Notwendige Abstimmungen erfolgen zwischen den beiden Museumsleitungen.
5Von Beginn an gab es Bedenken, dass die monothematische Ausrichtung des Emil-Schumacher-Museums das Haus zu einem Mausoleum werden lässt. Hat sich diese Befürchtung bestätigt?
Nein. Bei den Vorüberlegungen zur Schaffung eines Emil-Schumacher- Museums gab es zwei alternative Konzepte, zum einen die Errichtung eines isolierten Künstlermuseums und zum anderen eine Kombination zwischen Künstlermuseum und Osthaus-Museum. Bewusst haben sich die Stadt Hagen und die Emil-Schumacher-Stiftung für eine Zusammenführung beider Museen entschieden aus der Überlegung, dass sich beide ergänzen und wechselseitig befruchten. Allein das EmilSchumacher-Museum hat in den vergangenen zehn Jahren neben dem Werk Emil Schumachers das Werk von folgenden insgesamt 35 Künstlern präsentiert:
Pierre Alechinsky, Karel Appel, Willi Baumeister, Heinrich Brocksieper, Peter Brüning, Alberto Burri, Constant, Willem de Kooning, Jean Dubuffet, Lucio Fontana, Gerhard Hoehme, Rui Inacio, Asger Jorn, Franz Kline, Norbert Kricke, Young-Jae Lee, Henri Matisse, Robert Motherwell, Emil Nolde, Albert Oehlen, Carl-Henning Pedersen, Arnulf Rainer, Gerhard Richter, Christian Rohlfs, Antonio Saura, Pierre Soulages, Zdeněk Sýkora, Antonie Tapies, Henri de Toulouse Lautrec, Cy Twombly, Günther Uecker, Emilio Vedova, Fritz Winter, Wols, Maurice Wyckaert. Das Rahmenprogramm des Schumacher-Museums mit etwa 60 Veranstaltungen jährlich trägt nicht unwesentlich dazu bei, das gesamte Kunstquartier lebendig zu gestalten.
6Welche Mehrkosten sind der Stadt Hagen im Laufe vergangenen zehn Jahre entstanden im Vergleich zur Planung, die Basis für den ursprünglichen Baubeschluss des Rates war (ca. 400.000 Euro Folgekosten pro Jahr)?
Ein Vergleich zwischen den geplanten Herstellungskosten und den tatsächlichen Herstellungskosten ist erst nach Durchführung des Beweissicherungsverfahrens und der Mängelbeseitigung möglich.
Denn dann steht auch fest, welche Baubeteiligten sich an den Kosten der Mängelbeseitigung und den zwischenzeitlich angefallenen zusätzlichen Kosten des Betriebs beteiligen. Auch der Vergleich zwischen den geplanten und den tatsächlichen Verbrauchskosten kann seriös erst nach Durchführung der Mängelbeseitigung festgestellt werden.
Dabei muss allerdings berücksichtigt werden, dass die Planung auf der Basis der Energiekosten der Jahre 2003/2004 erfolgte und ein Vergleich mit den tatsächlichen Verbrauchskosten nur unter Berücksichtigung der in den letzten 15 Jahren stark gestiegenen Energiekosten aussagekräftig ist.
7Reichen die Aktivitäten des Fördervereins aus, um das Emil-Schumacher-Museum in weiten Teilen in der Hagener Bürgerschaft zu etablieren?
Die beiden Hagener Museen werden von insgesamt vier Fördervereinen unterstützt: dem Karl-Ernst-Osthaus-Bund und der Henry-van-de-Velde-Gesellschaft, dem Förderverein Emil-Schumacher-Museum sowie dem Verein der Freunde des Osthaus-Museums. Die Arbeit aller vier Vereine zur Unterstützung des Kunstquartiers ist aus der Sicht der Stadt und der Museumsleitung des Osthaus-Museums unverzichtbar. Sie tragen maßgeblich dazu bei, das Kunstquartier in der Hagener Bürgerschaft immer wieder neu zu positionieren.
Soweit nach dem Förderverein Emil-Schumacher-Museum speziell gefragt wird, ist darauf hinzuweisen, dass dieser in den zurückliegenden Jahren Aktionen des Jungen Museums im Osthaus-Museum unterstützt und die Eintrittsgelder für Schulklassen in das gesamte Kunstquartier übernommen hat.
Die Museumsleitungen und die Fördervereine stimmen in der Beurteilung überein, dass es maßgeblich darauf ankommt, die Jugendarbeit zu fördern, um die jungen Menschen an die Museen und die darin präsentierte Kunst heranzuführen.