Schwelm. Anne und Christoph Ranft leiten die Fleischerei Ranft in Schwelm in der vierten Generation. Ein Produkt ist seit 100 Jahren der Dauerbrenner.

Seit mehr als 100 Jahren gibt es die Fleischerei Ranft nun schon. Die regelrechte Kult-Fleischerei ist die älteste in ganz Schwelm. Zudem ist sie einer der ältesten Handwerksbetriebe der Kreisstadt. „Nur die Bäckerei Müller ist älter“, verrät Christoph Ranft, der den Betrieb im Jahr 2018 mit seiner Frau Anne übernommen hat, im Gespräch mit der Redaktion.

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Die Fleischerei in der Kirchstraße vor circa 90 bis 100 Jahren.
Die Fleischerei in der Kirchstraße vor circa 90 bis 100 Jahren. © Privat/Ranft

Angefangen hat alles da, wo es heute noch ist: In der Kirchstraße 1 in Schwelm. Christoph Ranfts Urgroßvater, Karl Ranft, hat die Fleischerei unter seinem Namen im Jahr 1922 eröffnet. Damals glich das Lokal eher einer Konditorei, erzählt Anne Ranft und lacht. Die beiden großen Schaufenster der Fleischerei waren bunt dekoriert. Etliche Pasteten lagen dort, fein verziert. Im rechten Schaufenster lag zudem ein Schwein, ebenfalls hübsch angerichtet. Mehrere kleine Pflänzchen sowie runde Leuchten sind auf dem alten Schwarz-Weiß-Bild zu sehen, dass das Ehepaar in einem der vielen Fotoalben aufbewahrt. „Das war natürlich noch alles ganz anders als heutzutage“, erklären Anne und Christoph Ranft. Allein mit Blick auf Hygieneauflagen habe sich natürlich viel geändert. „So dürfte man das heute gar nicht mehr machen“, erklären beide. Doch auch wenn sich einiges verändert hat, habe die Familie Ranft viele Dinge der vergangenen 100 Jahre auch beibehalten. Und genau das sei der Schlüssel zum Erfolg. Das regelrechte Geheimrezept, um einen Handwerksbetrieb seit vier Generationen aufrecht zu erhalten und um den Titel der ältesten existierenden Fleischerei Schwelms zu ergattern.

„Ich denke, es ist die Mischung aus beidem“, sagt Anne Ranft. So bieten ihr Mann und sie beispielsweise jeden Monat neue Wurstsorten, besondere Cuts und einen täglich frisch von Anne Ranft zubereiteten Mittagstisch, der aus klassischen Gerichten besteht – ganz nach Omas Rezepten – an. Die Kunden der beiden Geschäftsführer schätzen diese Arbeit sehr, berichtet das Ehepaar. „Schon Tage vorher werden die Gerichte vorbestellt“, freut sich Anne Ranft. Die Tradition werde trotz allem bewahrt. „Es gibt Hausrezepte, die man einfach drin lassen muss“, erklärt die zweifache Mutter weiter. Die altbekannte Fleischwurst sei bereits seid 100 Jahren der Renner. Früher sowie heute kommen zahlreiche Kunden, um sie und auch weitere hausgemachte Produkte zu kaufen. „Auch unsere Hausmacher Leberwurst gibt es seit 75 Jahren.“ Früher sei diese unter „Wonneberger“ bekannt gewesen, erklärt Anne Ranft weiter. Durch das gute, kollegiale Verhältnis des Großvaters, Karl-Heinz Ranft, wurde das Rezept übergeben.

„Die Kunst, Altes mit Neuem zu kombinieren, ist der Schlüssel und macht diesen Beruf zur Leidenschaft“, verrät das Ehepaar. Jahrzehnt für Jahrzehnt hat sich so auch die Fleischerei Ranft weiterentwickelt. Es gehe auch darum, mit der Zeit zu gehen, gewissen Trends nachzukommen und vor allem darum, auf Wünsche und Bedürfnisse der Kunden einzugehen. Das, so betont Anne Ranft, sei enorm wichtig. „Wir fragen unsere Kunden nach ihren Wünschen und freuen uns über jedes Feedback, nur so können wir wachsen.“ Dazu gehöre heutzutage, mehr denn je, auch der Umgang mit verschiedenen Kanälen im Social -Medial Bereich. Hier starten Christoph und Anne Ranft auch häufig Umfragen.

Christoph und Anne Ranft (von rechts) hier mit Christoph Ranfts Eltern: Birgit und Jürgen Ranft.
Christoph und Anne Ranft (von rechts) hier mit Christoph Ranfts Eltern: Birgit und Jürgen Ranft. © Privat/Ranft
Karl-Heinz Ranft mit seiner Frau Ruth. Er übernahm die Fleischerei im Jahr 1961.
Karl-Heinz Ranft mit seiner Frau Ruth. Er übernahm die Fleischerei im Jahr 1961. © Privat/Ranft

Auch wenn es ein waschechter Familienbetrieb ist, kommen Anne und Christoph Ranft ursprünglich aus einem ganz anderen Fachgebiet. „Ich bin gelernte Biologie-Fachlaborant und habe fünf Jahre bei Bayer gearbeitet“, sagt der Schwelmer und lacht. „Und ich war eigentlich Zahnarztfachangestellte, der Umgang mit Menschen war mir immer besonders wichtig“, fügt seine Ehefrau grinsend hinzu. Beide haben sich schon in sehr jungen Jahren kennengelernt, die Fleischerei war immer ein Teil von Christoph Ranfts Leben. Doch seine Eltern setzten ihn nie unter Druck, er müsse den Betrieb übernehmen. Es war eher eine Entscheidung, die beide aus Begeisterung und Leidenschaft trafen. „Mein Vater hat mich da zum Glück auch nicht ins kalte Wasser geschmissen“, sagt er und lacht. Bereits ein paar Jahre bevor die vierte Generation in die Fußstapfen ihrer Vorgänger getreten ist, sagten Christoph Ranfts Eltern zu ihm, dass sie sich nach und nach aus dem Betrieb zurückziehen wollen.

Gemeinsam mit seiner Frau fiel die Entscheidung dann relativ schnell: Sie werden die Fleischerei übernehmen. Für beide zunächst eine Umstellung. Christoph Ranft musste wieder eine ganz neue Ausbildung beginnen, hat zunächst die Gesellenprüfung absolviert, dann seinen Meister gemacht und ist seit geraumer Zeit nun sogar Fleischsommelier und stellvertretender Obermeister der Fleischerinnung. Seine Frau Anne Ranft hat sich ebenfalls dazu entschieden, eine andere Berufsrichtung einzuschlagen. „Wir hatten da damals schon unsere beiden Kinder“ , erinnert sie sich. Doch das hielt sie nicht auf. „Ich konnte die Ausbildung zur Fachverkäuferin im Lebensmittelhandwerk mit dem Schwerpunkt Fleischerei verkürzen und habe mit als eine der Besten abgeschlossen“, freut sie sich nach wie vor. 2018 folgte dann die offizielle Übernahme. „Ohne die Hilfe unserer Eltern hätte das aber alles so reibungslos nicht geklappt“, loben Christoph und Anne Ranft ihre Familien und sprechen ihnen ihren Dank aus.

Doch nicht nur durch die familiäre Unterstützung, auch durch die des gesamten Teams und der eigenen Arbeit, die durchaus auch mal stressig sein kann, wie beide berichten, haben es die Ranfts geschafft, ihren Familienbetrieb seit mehr als 100 Jahren aufrecht zu erhalten. „ Wir sind jetzt in unserem fünften Jahr“, so das Ehepaar. Doch nach nur zwei Jahren kam damals die Corona-Pandemie. Und jetzt die Energiekrise. „Vor allem während Corona war das ein ganz anderes Arbeiten“, berichten beide. Von null auf hundert wurde alles umgekrempelt, alles war neu.

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„Jetzt stehen wir wieder vor neuen Herausforderungen: Nachhaltigkeit, Fleischersatzprodukte, Energiekrise“, berichten beide. Doch die vierte Generation hält an ihrem Schlüssel zum Erfolg fest: Harte Arbeit, familiäre Unterstützung, ein tolles Team und das Wichtigste: Alt mit Neu zu kombinieren.

Birgit und Jürgen Ranft, die die Fleischerei in der dritten Generation 33 Jahre lang betrieben haben.
Birgit und Jürgen Ranft, die die Fleischerei in der dritten Generation 33 Jahre lang betrieben haben. © Privat/Ranft

>>>Info: Geschichte in Zahlen

1922 hat Christoph Ranfts Ur-Opa Karl Ranft die Fleischerei gegründet.

1961 übernahm Christoph Ranfts Opa Karl-Heinz Ranft mit seiner Frau Ruth das Geschäft in der Kirchstraße.

Anne Ranfts Schwiegereltern, Birgit und Jürgen Ranft, übernahmen dann im Jahr 1985.

33 Jahre später, im Jahr 2018, folgten dann Christoph und Anne Ranft. Die beiden betreiben die Fleischerei nun in ihrem fünften Jahr.

Anlässlich des 100-jährigen Jubiläums veranstaltet die Fleischerei Ranft am 5. August eine kleine Dank-Aktion. Der Dank geht vor allem an die Kunden. „Wir wollen Bratwurst, Currywurst und Getränke anbieten – alles für 100 Cent pro Stück“, erklärt Anne Ranft.