Arnsberg. . Einer der größten Arbeitgeber der Region mit 900 Mitarbeitern im Sauerland steht unter Druck. Wie es dazu kam und wie die Wepa weitermachen will, sagt Vorstandsvorsitzender Martin Krengel.

Die Arnsberger Papierfabrik Wepa, einer der größten Arbeitgeber der Region, steht unter Druck. Um wettbewerbsfähig zu bleiben, ist das Unternehmen sprunghaft gewachsen. Holte, um Eigenkapital aufzutreiben, sogar einen Private Equity Fonds in die bis dato rein familiengeführte Gesellschafterversammlung. Nach einem Umsatz- und Ergebniseinbruch wird das Unternehmen jetzt „schlanker“ gemacht. Das heißt unter anderem: Unprofitable Werke verkaufen, Entlassungen – aber auch Rückkauf der Fonds-Anteile. Fast trotzig stemmt sich die Eigentümerfamilie Krengel gegen die Krise und gibt das Signal für einen neuen Aufbruch.

Sprunghaftes Wachstum

Weil die großen Supermarktketten, also die Kunden der Wepa, über die Grenzen von Deutschland wachsen, müssen die Zulieferer den Weg mitgehen, wollen sie im Geschäft bleiben. „Wir haben nur eine Chance, gegen Global Player wie SCA (Zewa) zu bestehen, wenn wir uns europaweit aufstellen“, ist Wepa-Vorstandsvorsitzender Martin Krengel überzeugt. Für den Arnsberger Hygienepapierhersteller hieß das in den letzten Jahren: Mehr Standorte aufbauen, logistisch gut über Europa verteilt, denn das Produkt Toiletten- oder Handtuchpapier, Taschentuch oder Küchenrolle hat zwar wenig Gewicht, aber viel Volumen. Nur ein Lieferradius von etwa 500 bis 600 Kilometern macht betriebswirtschaftlich Sinn.

Martin Krengel Vorstandsvorsitzender Wepa
Martin Krengel Vorstandsvorsitzender Wepa © WR

Der Kauf der Kartogroup, durch den Wepa mit einem Schlag neue Standorte in Italien, Ostdeutschland und Nordfrankreich gewann, brachte dem Arnsberger Unternehmen einerseits Vorteile – deshalb sagt Martin Krengel: „Den Schritt würden wir grundsätzlich auch heute genauso wieder gehen, sonst wären wir heute nicht wettbewerbsfähig.“ So wuchs das Unternehmen nach der zuvor bereits erfolgten Übernahme von Werken in Deutschland, Spanien und Polen plötzlich noch einmal enorm: „Wir haben im Jahr 2000 einen Umsatz von 180 Millionen Euro gemacht, heute sind es rund 900 Millionen Euro“, erinnert Martin Krengel. „Vor zwölf Jahren hatten wir 850 Mitarbeiter, heute 2800.“

Doch andrerseits: Dieser Wachstumssprung blieb bei dem Familienunternehmen nicht ohne Folgen. Insbesondere die unprofitablen Werken in Italien und eine erheblich vergrößerte Verwaltung in Deutschland brachten das Unternehmen in eine kritische Situation. Der Umsatz sank zuletzt um rund 50 Millionen Euro. Und die Ergebnisse waren „schlecht“.

Was sind Ursachen für die Probleme?

Nicht alles war Gold, was sich Wepa mit der Kartogroup einverleibte. Während sich die Werke in Ostdeutschland und Nordfrankreich zu sehr wichtigen Standorten entwickelten, wuchsen die Probleme mit den Werken in Italien: Dort gab und gibt es erhebliche Überkapazitäten. So belasten die italienischen Werke die Bilanz erheblich – und das in einem hart umkämpften Markt. Einerseits steigen Rohstoff- und Energiepreise für die Produktion, andererseits liefern sich die Supermarktketten Preisschlachten um die Verbraucher. Folge: Die Gewinnmargen für Hersteller werden geringer.

Dazu kommen hausgemachte Probleme. „Wir haben die Organisation zu schnell verändern müssen“, weiß Krengel heute.

Folgen der Schlecker-Pleite

Die Insolvenz des Drogerie-Discounters Schlecker hat bei der Wepa für zusätzliche Betroffenheit gesorgt – schließlich war Schlecker
einer der größten und wichtigsten Kunden. „Gott sei Dank sind wir aus der Schlecker-Pleite ohne Verluste gekommen, haben kein Geld verloren“, ist Martin Krengel erleichtert. Aber es sei ein großer, wichtiger Kunde weggebrochen.

Als Konsequenz wurde ein ganzes Bündel an Maßnahmen in den vergangenen Monaten geschnürt. Die gravierendsten Einschnitte: Der Personalabbau in Deutschland, wo 150 der 1500 Stellen entfallen. Gestrichen werden 75 Stellen in Arnsberg, davon 48 in der Verwaltung, zudem 28 in Marsberg.

In Italien werden die Betriebsstätten auf die Größenordnung angepasst, „die wir für den dortigen Markt benötigen.“ Konkret bedeutet das: Die Produktionskapazitäten werden halbiert. Zwei Werke, möglicherweise ein drittes, stehen in Italien zum Verkauf. Außerdem werden Produktionsmaschinen nach Deutschland, Polen und Frankreich verlegt. Je nachdem, wie der bis 2014 geplante Verkauf der Werke läuft, stehen in Italien bis zu 15% der 580 Jobs auf der Kippe.

Blick aufs Stammgeschäft

Außer den möglicherweise drei italienischen Werken sollen die anderen nicht verkauft werden. Hier sind Optimierungen geplant. Effizienzsteigerung an den Anlagen, Ausschussreduzierung, Logistik optimieren. Ein geplanter Einstieg in andere Produktsegmente wurde verworfen. „Wir konzentrieren uns jetzt wieder ganz auf die Hygienepapiere, auf unser Stammgeschäft“, betont Krengel. Also: Zurück zuu den Wurzeln.

Pro Jahr werden 25 Millionen Euro in den Werken der Wepa investiert – „und zwar auch in der jetzigen Situation“, betont Krengel. Allerdings: Der Bau einer eigenen Energieerzeugung in Müschede muss zunächst zurückstehen. Besonders im Blickpunkt steht das Werk in Polen, das weiter ausgebaut werden soll. Grund: In Osteuropa winken die größten Wachstumschancen.

Nach der Übernahme der Kartogroup mitten in der 2008er-Bankenkrise kam Wepa auch durch die Explosion der Rohstoffpreise unter Druck, reduzierte sich die Ertragskraft. In dieser Situation wurde rund ein Drittel der Gesellschaftsanteile an den britischen Finanzinvestor Pamplona Capital Partners veräußert. Dadurch erhöhte man die Eigenkapitalquote, um Mittel für anstehende Modernisierungen zu erhalten.

Ob rückblickend betrachtet der Weg, den Finanzinvestor in das Unternehmen zu holen, richtig war, darauf antwortet Krengel nur ausweichend. „Zum damaligen Zeitpunkt war das sicherlich kein Fehler“, findet Martin Krengel heute. Aber: „Ich bin froh, dass es mir und meinen Brüdern Wolfgang und Jochen gelungen ist, die Anteile zurückzukaufen.“ Wepa ist seit August 2012 wieder zu 100 Prozent im Besitz der Familien Krengel. „Somit sind wir in der Lage, schnelle Entscheidungen zu treffen.“

Für die Mitarbeiter sei der Rückkauf ein klares Zeichen, dass die Gesellschafter Vertrauen in das Unternehmen hätten und es langfristig ausrichten wollen. Mit den Banken sei eine Durchfinanzierungsvereinbarung für die nächsten Jahre geschlossen worden, die das Unternehmen langfristig absichere.