Arnsberg. Die Marienbrücke soll abgerissen und neu gebaut werden. Doch jetzt stehen zunächst einmal weitere Prüfungen an. Warum das so ist.
Seit Monaten herrscht gefühlt Funkstille, was die Marienbrücke in Arnsberg betrifft. Nun sollen mit Blick auf den erforderlichen Neubau derselben Umweltuntersuchungen durchgeführt werden. „Konkret handelt es sich um eine Umweltverträglichkeitsvorprüfung und eine FFH-Verträglichkeitsvorprüfung“, so Ramona Eifert, Stadtsprecherin. Die Abkürzung „FFH“ steht für „Fauna-Flora-Habitat-Gebiet“ und meint die Lebensräume von Tieren und Pflanzen, die nach EU-Recht geschützt sind.
Klingt widersprüchlich, wenn man bedenkt, dass es sich hierbei nicht um eine neue Idee handelt, sondern die bereits bestehende Brücke abgerissen und neu gebaut werden soll. „Diese Umweltuntersuchungen sind im Rahmen der Planung gesetzlich vorgegeben“, erklärt Ramona Eifert auf Nachfrage dieser Redaktion. Beim Bau der Marienbrücke im Jahr 1965 gab es eben diese Vorschriften nicht. Erst 1978 wurde die EU-Vogelschutzrichtlinie erlassen und 1992 die Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH).
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Ruhr im Stadtgebiet ist FFH-Gebiet
Im Rahmen der Umweltverträglichkeitsvorprüfung seien verschiedene Schutzgüter zu untersuchen:
- Auswirkungen auf Menschen, insbesondere die menschliche Gesundheit,
- Auswirkung auf Tiere, Pflanzen und die biologische Vielfalt,
- Auswirkungen auf Fläche, Boden, Wasser, Luft, Klima und Landschaft,
- mögliche Wechselwirkungen zwischen den vorgenannten Schutzgütern.
„Im Rahmen der Vorprüfung wird zunächst auf vorhandene Daten und Planungen zurückgegriffen. Erst wenn sich auf Grund der Datenlage möglich erhebliche Beeinträchtigungen ergeben können, ist die vertiefte Prüfung erforderlich“, so Eifert weiter.
Die Ruhr sei im Stadtgebiet fast vollständig als FFH-Gebiet ausgewiesen. Im Rahmen der Voruntersuchungen würden mögliche Auswirkungen der Planung auf das FFH-Gebiet untersucht. Besonderes Schutzziel beim FFH-Gebiet Ruhr sei z.B. der Erhalt der Unterwasservegetation und der Schutz der Vogelarten Eisvogel, Gänsesäger und Uferschwalbe. Hierbei handele es sich um Vogelarten, die besonders gefährdet seien.
Im Rahmen einer Artenschutzprüfung erfolge eine Brutvogelkartierung, Horst-, Quartier- und Höhlenbaumkartierung – diese sei für fast alle Bauvorhaben, insbesondere im Straßenbau, erforderlich.
Umweltplanerische Leistungen Anfang März in Auftrag gegeben
„Zudem muss ein Landschaftspflegerischer Begleitplan erstellt werden, welcher ebenfalls für zahlreiche Bauvorhaben erforderlich ist. Im Landschaftspflegerischen Begleitplan werden mögliche Eingriffe in den Naturhaushalt bewertet, die durch eine Baumaßnahme entstehen können“, so die Stadtsprecherin.
Falls Eingriffe vorlägen, müssten diese durch Ausgleichmaßnahmen kompensiert werden. „Der Auftrag für diese umweltplanerischen Leistungen wurde Anfang März vergeben, sodass die erforderlichen Arbeiten nun in den kommenden Monaten, bis voraussichtlich Ende dieses Jahres, durchgeführt werden können.“
Abstimmung mit Umweltbehörden und Versorgung notwendig
Mit Abschluss der Vorplanungsphase seien dann weitere Abstimmungen mit den beteiligten Umweltbehörden und Versorgungsunternehmen notwendig. Denn an dem Brückenbauwerk hingen zahlreiche Versorgungsleitungen, unter anderem Strom-, Gas- und Wasserleitungen sowie Datenkabel, die vor dem Abriss noch umgelegt werden müssten.
Die weitere Zeitschiene der Gesamtmaßnahme hänge maßgeblich von den Ergebnissen der Umweltprüfungen ab, erläutert Eifert. Parallel dazu werde an der weiteren Entwurfsplanung für den Brückenneubau gearbeitet.
Ampelanlage abgestellt: Verkehr fließt wieder
Für die Menschen in Arnsberg steht fest: Es wird noch etwas dauern, bis sich die Umleitungslage rund um die halbseitig gesperrte Marienbrücke entspannen wird. Die angespannte Verkehrssituation rund um die dortige Ampelanlage und den Altstadttunnel hat sich in den letzten Wochen jedoch entschärft. Nach fast einem Jahr wurde die Ampelanlage auf der gesperrten Seite der Brücke jetzt abgeschaltet.
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In den vergangenen Monaten war es immer wieder zu langen Staus auf der Ruhrstraße zwischen Kreisverkehr Bömerstraße und Tunnelkreuzung gekommen, denn die Grünphasen sowohl in Richtung Feuerwache als auch nach links in den Altstadttunnel waren nicht verändert worden und somit für das gerade in den Nachmittagsstunden hohe Verkehrsaufkommen zu kurz.
Jetzt läuft der Autoverkehr deutlich flüssiger, wie sich unsere Redaktion vor Ort überzeugt hat.
Baubeginn im Jahr 2025/2026
„Unter Voraussetzung einer reibungslosen Planung und Sicherstellung der Finanzierung werde dieser für 2025 oder 2026 angestrebt, hieß es zuletzt von der Stadt Arnsberg. Denn der Ersatzneubau der Marienbrücke bringt den Straßenverkehr in Alt-Arnsberg merklich durcheinander.
Seit April letzten Jahres ist die Marienbrücke einseitig gesperrt. Der motorisierte Verkehr darf aktuell – aufgrund der erforderlichen Gewichtsbeschränkung - nur noch einspurig in der Mitte der Marienbrücke geführt werden. Um dies zu ermöglichen, wurde eine Vollsperrung für den motorisierten Verkehr von der Clemens-August-Straße kommend in Fahrtrichtung Altstadttunnel eingerichtet.
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Die Umleitung erfolgt für den gesamten motorisierten Verkehr über die Clemens-August-Straße, den Brückenplatz, die Klosterbrücke und die Ruhrstraße. In Gegenrichtung ist der einspurige Verkehr auf der Marienbrücke nur für Kfz bis 7,5 Tonnen zugelassen. Fahrzeuge mit höherem Gesamtgewicht werden am Knotenpunkt Altstadttunnel / Ruhrstraße umgeleitet (siehe auch Grafik).
Neubau der Marienbrücke alternativlos
Der Neubau ist alternativlos für die 1965 gebaute Spannbetonbrücke mit einer Länge von 74,2 Meter und einer Breite von 16,45 Meter. Sogenannte Spannstähle aus den 60er-Jahren weisen heute eine erhöhte Anfälligkeit gegen Spannungsrisskorrosionen auf, was zu Rissbildungen führen kann.
Bereits 1995 waren an der Marienbrücke Lager und Fahrbahnübergänge saniert worden, 2012 wurden Kappen. Abdichtungen und der Belag erneuert. Zudem wurden damals auch aufgetretene Risse verpresst. Die nächste Sanierung war bereits für 2022/23 geplant gewesen, weil bereits Schadensbilder wie zu geringe Betonabdeckung, freiliegende und korrodierte Bewehrung an Hauptträgern und Pfeilern, Betonabplatzungen, durchfeuchtete Widerlager, undichte Fahrbahnübergänge und Trennrisse in den Hauptträgern vorlagen.
Errichtung eines Provisoriums für die Marienbrücke nicht möglich
Mit Beginn der Abbrucharbeiten der Marienbrücke müsse das Bauwerk dann komplett gesperrt werden. Umleitungen könnten dann nur entlang der heutigen Verkehrsführungen erfolgen.
„Die Errichtung eines Provisoriums wie bei dem Neubau der Dinscheder Brücke in Oeventrop ist aufgrund der angrenzenden Bebauung nicht möglich“, teilte die Verwaltung schon damals mit. Die Stadtverwaltung sicherte dieser Redaktion eine baldige Information zum aktuellen Stand der Planungen zu.