Hochsauerlandkreis. Laut Kriminalstatistik ist Cannabis im Hochsauerland Droge Nummer eins. Wie sich die Legalisierung auswirkt - und was verboten bleibt.

Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: „Den Schwerpunkt der im Hochsauerlandkreis vorkommenden Betäubungsmittel bildet weiterhin Cannabis“, heißt es in der jetzt vorliegenden Kriminalstatistik 2023 für den HSK. Eine Zunahme habe man im Vorjahr auch bei Heroin (plus zehn Fälle) und Kokain (plus 28 Fälle) registriert, melden die Ermittler. Bei allen anderen Arten von Drogen sei ein Rückgang zu verzeichnen. Kiffen die Sauerländer also besonders gern? Und was bedeutet das vor dem Hintergrund der kürzlich erfolgten Lockerungen beim Cannabis-Konsum/-Besitz? Darf ich jetzt etwa sogar zugedröhnt Auto fahren?

Es sei schwer zu sagen, wie sich die Gesetzesänderung auf die Arbeit der Polizei auswirken wird, möchte Thomas Vogt ungern „die Kristallkugel“ bemühen; Kristallkugel deshalb, weil es noch zu früh für konkrete Stellungnahmen sei. „Im Herbst können wir zu dieser Thematik sicher mehr sagen“, so der heimische Kripo-Chef weiter. „Wir bleiben aber weiter dran“, kündigt der Kriminaloberrat mit Blick auf Drogendelikte an, einem Schwerpunkt der Polizeiarbeit im Hochsauerland. Und die Zahlen stimmen: Im Bereich der Betäubungsmittelkriminalität ist 2023 ein Rückgang von 1292 auf 1084 Straftaten zu verzeichnen (minus 16,1 Prozent).

Kreisweit die meisten Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz (BtMG) zählte die Polizei vergangenes Jahr in Arnsberg (473 Fälle). In Sundern waren es 116.

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Wie erwähnt - seit 1. April ist Cannabis in Deutschland legal. Was jetzt geht in Sachen „Tütchen“ - und was auch künftig verboten bleibt, hier auf einen Blick:

Was ist durch die Legalisierung erlaubt? 25 Gramm Marihuana dürfen Volljährige nun mit sich führen, bis zu 50 Gramm daheim aufbewahren - und dort maximal drei Pflanzen anbauen.

Was bleibt verboten? Wer Cannabis rauchen will, muss dafür bestimmte Regeln einhalten. So ist der Konsum „in unmittelbarer Gegenwart“ von unter 18-Jährigen verboten, ebenso in Fußgängerzonen (von 7 bis 20 Uhr). Untersagt wird Kiffen auch auf Spielplätzen, in Schulen, Kinder- und Jugendeinrichtungen, Sportstätten und jeweils in Sichtweite davon - also in 100 Metern Luftlinie um den Eingangsbereich. Dazu kommen die Einschränkungen bei den erlaubten Mengen.

Ist das Rauchen von Cannabis ansonsten in der Öffentlichkeit erlaubt? Ob der Cannabis-Konsum über die bundesweiten Regelungen hinaus an einzelnen Orten eingeschränkt wird, ist vielerorts noch unklar.

Was gilt in der Gastronomie? In NRW gilt in der Gastronomie strenges Rauchverbot in Innenräumen. Somit ist auch Kiffen höchstens in Außenbereichen erlaubt. Das jedoch sei eine Frage des Hausrechts, erklärt der Hotel- und Gaststättenverband (DEHOGA). Wie viele Gaststätten in NRW das Rauchen von Cannabis in ihren Außenbereichen erlauben werden, sei für den DEHOGA bisher nicht absehbar.

Können Konsumenten Cannabis legal erwerben? Ursprünglich hatte die Bundesregierung geplant, dass Cannabis über lizenzierte Geschäfte auch verkauft werden darf. Da aber der kommerzielle Verkauf im neuen Gesetz nicht legalisiert wird, steht das jedoch vorerst nicht mehr zur Debatte. Konsumenten dürfen Cannabis zunächst nur über den Eigenanbau oder Cannabis-Clubs erwerben. Samen können aus dem EU-Ausland im Internet bestellt werden.

Wie funktionieren Cannabis-Clubs? Anbauvereinigungen dürfen ab 1. Juli an bis zu 500 volljährige Mitglieder maximal 50 Gramm Cannabis pro Monat abgeben. In NRW haben sich bereits zahlreiche Vereine als „Cannabis Social Clubs“ gegründet oder befinden sich in der Gründung. Diese dürfen das Cannabis jedoch nicht verkaufen, sondern müssen sich über Mitgliedsbeiträge finanzieren. Kiffen vor Ort ist in den Clubs nicht erlaubt.

Darf man nach dem Kiffen Auto fahren? Bisher gibt es für Cannabis am Steuer keinen gesetzlichen Grenzwert - in der Rechtsprechung hat sich ein Wert von einem Nanogramm THC etabliert. Dann drohen bereits Sanktionen. Laut ADAC hat eine Expertenkommission aus dem Bundesverkehrsministerium für die Cannabis-Legalisierung eine Empfehlung für einen Grenzwert im Straßenverkehr vorgelegt. Sie sprechen dabei von einem Grenzwert von 3,5 Nanogramm THC je Milliliter Blutserum. Vergleichbar sei das laut Experten mit einer „Blutalkoholkonzentration von 0,2 Promille“. Allerdings müsste ein entsprechendes Gesetz vom Bundestag verabschiedet werden.

Wie läuft die angekündigte Amnestie? Im Zuge der Legalisierung gibt es eine Amnestie für wegen Cannabis-Besitz in kleineren Mengen derzeit noch strafrechtlich Verfolgte. Nach Angaben des Landesjustizministeriums geht es dabei in NRW um 60.000 Verfahren, die nun geprüft und gesichtet werden müssen. Inhaftierte galt es bis zum 1. April freizulassen, die Vollstreckung von Geldstrafen wurde gestoppt.

Wie sollen die Regelungen kontrolliert werden? Für das NRW-Innenministerium sind derzeit noch viele Fragen offen. Es sei Aufgabe der Kreispolizeibehörden, die Einhaltung der Regelungen zu kontrollieren. Derzeit werde intern erörtert, welche Maßstäbe dabei eingehalten werden.

Wie viele Menschen in NRW konsumieren Cannabis? Laut einer Erhebung aus dem Jahr 2021 hatte fast jede zehnte Person in NRW in den zurückliegenden zwölf Monaten mindestens einmal Cannabis konsumiert. Den Zahlen zufolge wurde vor allem in der Altersgruppe der 18- bis 24-Jährigen gekifft, hier lag der Anteil bei knapp 22 Prozent. Am geringsten war der Anteil (ca. zwei Prozent) in der Altersgruppe zwischen 60 und 64 Jahren (Quelle: NRW-Gesundheitsministerium).