Arnsberg. Seit dem 1. April dürfen 18-Jährige kiffen - das Gesetz soll Minderjährige schützen. Warum unsere Redakteurin das für Blödsinn hält.

Seit dem 1. April (und das ist kein Scherz) können Erwachsene in Deutschland legal einen Joint rauchen. Punkt. Sinn und Zweck dieser Legalisierung sei - so zu lesen auf den Webseiten des Bundesgesundheitsministeriums -, dass die bisherige Drogenpolitik zum Cannabiskonsum an Grenzen stoße. Trotz des Verbots von Erwerb und Besitz werde Cannabis vielerorts mit steigender Tendenz konsumiert. Nichts Neues, oder?

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„Das Zeug“ vom Schwarzmarkt berge dabei häufig ein erhöhtes Gesundheitsrisiko. Das Gesetz ziele darauf ab, zu „einem verbesserten Gesundheitsschutz beizutragen“, heißt es dort. Und - und da komme ich auf den Punkt - die „cannabisbezogene Aufklärung und Prävention zu stärken, die organisierte Drogenkriminalität einzudämmen sowie den Kinder- und Jugendschutz zu stärken“.

Cannabis-Partys im Kinderzimmer?

Für Minderjährige ist der Erwerb, Besitz und Anbau von Cannabis weiterhin verboten. Ok. Hat ja bisher auch wunderbar funktioniert. Auf der gleichen Webseite ist zu lesen, dass im Jahr 2021 rund 1,6 Prozent der 12- bis 17-jährigen Jugendlichen angaben, in den davorliegenden zwölf Monaten mehr als zehnmal Cannabis konsumiert zu haben. Woher haben sie das Zeug? Und warum sollte sich der Schwarzmarkt, der Cannabis sogar sehr gerne an Minderjährige verkauft - denn irgendwie muss man sich die jungen Zielgruppen ja sichern - aus diesem Geschäft herausziehen? Für eine noch viel wichtigere Frage halte ich: Wer kontrolliert wie, dass über 18-Jährige nicht in ihrem „Kinderzimmer“ eine Cannabis-Party mit Minderjährigen feiern?

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Bei den Erwachsenen im Alter von 18 bis 25 Jahren lag die Prozentzahl 2021 bei 8,6. „Bezogen auf alle jungen Erwachsenen betrug die Monats-Prävalenz im Jahr 2021 25 Prozent - im Jahr 2010 waren es noch 12,7 Prozent“, heißt es weiter auf der Webseite des Bundesgesundheitsministeriums. Nun - Freundschaften enden nicht, nur weil einer das 18. Lebensjahr erreicht hat. Und unter Freunden schmeißt man doch sicherlich auch mal gerne eine Runde Cannabis - ist bei Alkohol ja auch nicht anders.

Wer kontrolliert das Cannabis-Gesetz?

Wer also kontrolliert das? Darüber herrscht eine erhebliche Unsicherheit bei den Behörden, was die Kontrollierbarkeit und Durchführbarkeit der gesetzlichen Bestimmungen anbelangt. So teilt es auch die Stadt Arnsberg mit. Dort wartet man auf Hinweise aus den zuständigen Ministerien, auch wenn man selbstverständlich schon intensiv an Lösungen arbeite - beispielsweise an einer Liste mit Tabuzonen in der Stadt. Interessiert‘s Jugendliche jetzt? Mit Legalisierung sicherlich noch viel weniger.

Das bedeutet für mich, dass Cannabis auch weiterhin ein Magnet für Jugendliche sein wird - und es vielleicht entgegen der gesetzlichen Zielsetzung noch einfacher für sie wird, an „das Zeug“ heranzukommen. Auch, wenn der 18-jährige Kumpel dafür eine Straftat begeht (hat ja bisher auch nicht interessiert).

„Kein Konsum in unmittelbarer Nähe von Personen unter 18 Jahren“

Ein weiterer Widerspruch in sich sind die Schutzmaßnahmen über den Gesundheitsschutz hinaus im Speziellen für Kinder und Jugendliche. Denn darin heißt es zwar, dass es auch eine Begrenzung „des psychoaktiv wirkenden Tetrahydrocannabinol (THC) für Heranwachsende zwischen 18 und 21 Jahren auf maximal 10 Prozent bei Weitergabe in Anbauvereinigungen sowie auf 30 g pro Monat“ gebe sowie sogar „kein Konsum in unmittelbarer Nähe von Personen unter 18 Jahren“ - aber auch hier: Wer kontrolliert das? Und wie? Lassen sich Cannabis-Konsumenten nun die Ausweise der Menschen um sie herum zeigen?

Und zu guter Letzt: THC als psychoaktiver Stoff kann hirnschädigend wirken - insbesondere bei Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen bis zu einem Alter von etwa 25 Jahren. Dennoch darf nun jeder 18-Jährige Joints rauchen. Hm.

Ich bin gespannt, wie die ebenfalls gesetzlich geplante Evaluation in 18 Monaten aussehen wird. Darüber, wie sich die Auswirkungen auf den Kinder- und Jugendschutz im ersten Jahr zeigen; und darüber, ob der cannabisbezogenen organisierten Kriminalität tatsächlich Einhalt geboten werden kann.