Hochsauerlandkreis. Rechtsradikale kapern den Partyhit „L‘Amour Toujours“. Es gibt Skandale auf Sylt und in Winterberg. Wird der Hit auf den Schützenfesten verboten?
Der Hit „L‘Amour toujours“ erklingt gerade wieder häufiger als früher, allerdings in einem besorgniserregenden Kontext. Nicht nur auf Sylt haben Party-Gänger das Lied mit ausländerfeindlichen Parolen umgedichtet, auch in Winterberg wird aktuell ermittelt wegen mehrerer zur Anzeige gebrachten Fälle des Schmäh-Gesangs. „L‘amours tourjours“ von Gigi D‘Agostino. 23 Jahre nach Veröffentlichung des Songs ist er wieder ein Ohrwurm - den man am liebsten loswerden will. Und den gerade Schützenvereine mit Vorsicht begutachten dürften, denn die nächsten Schützenfeste stehen an und es kommt die drängende Frage auf: Wird das Lied gespielt? Lässt man es lieber bleiben? Vier große Schützenvereine aus dem Hochsauerlandkreis beziehen Stellung.
Olsberg
Schon kommendes Wochenende, vom 8. bis 10. Juni, feiern die Olsberger im Hasley. Dort wird das Lied von dem Star-DJ nicht erklingen. Tobias Klauke, erster Vorsitzender, erklärt: „Bei uns wird dieses Lied nicht gespielt. Das ist ja ähnlich wie beim Badonviller-Marsch, der wird ja auch nicht mehr gespielt.“ Der Badonviller-Marsch ist ein von Georg Fürst 1914 komponierter Marsch, der später als Adolf Hitlers Auftrittsmarsch große Bekanntheit erlangte. „Wir wollen Zwischenfälle vermeiden, deswegen haben wir diese Entscheidung getroffen. Wir haben aber auch keinen DJ, sondern Live-Musik und ich denke, dass das Lied nicht im Repertoire ist.“
Schon in der Vergangenheit, so erinnert sich Klauke, habe es öfters Schützenbrüder gegeben, die mit negativen Äußerungen - ähnlich denen der Sylt-Schnösel - aufgefallen seien. „Wir wiesen auf negatives Verhalten hin, wer dann weiterhin ausfällig wird, wird aus der Bruderschaft ausgeschlossen. Vor langer Zeit hatten wir auch Ärger mit einem Jungschützenkönig, der dann auch kein Jungschützenkönig mehr war.“ Die Olsberger dulden keinerlei radikales oder rassistisches Gedankengut - und greifen durch.
Winterberg
Bastian Östreich als erster Vorsitzender erklärt, dass das Thema auch schon angesprochen worden sei. „Wir haben gemeinsam im Vorstand entschieden, die Musiker anzuschreiben und sie zu bitten, das entsprechende Lied nicht zu spielen. Wir wollen diesen Parolen keine Plattform bieten“ Das Winterberger Schützenfest findet vom 14. bis 16 Juni statt, die Musik an diesem Tag wird Live sein und von der Blasmusik sowie von einer Band gespielt.
Sollte es etwaige andere Zwischenfälle geben, die denen auf Sylt oder auch denen während des Dirt Masters Festival gleichen, werde der Sicherheitsdienst vor Ort einen Platzverweis und Hausverbot aussprechen.
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Brilon
„L‘Amour toujours“ wird auch beim Briloner Schützenfest vom 22. bis 25. Juni nicht erklingen, das macht der erste Vorsitzende Christian Hermann mehr als deutlich. „Wir werden untersagen, dass das Lied gespielt wird.“ Man habe zwar Live-Musik, keinen DJ, der Verein will aber vorab das Gespräch mit den Musikern suchen und zur Sicherheit abklären, dass das Party-Lied nicht gespielt werde. „Wir bieten diesen Gesängen keine Plattform.“
Sollte es zu anderen Zwischenfällen kommen, werde der Sicherheitsdienst eingreifen, auch in Brilon werden dann Hausverbot und Platzverweis ausgesprochen. „Da wird sofort eingegriffen“, so Hermann. „Null Toleranz!“
Medebach
Thomas van Dyck ist erster Vorsitzender der Medebacher Schützen, die ihr Fest erst vom 2. bis 4. August feiern. Dennoch habe man sich mit dem Thema rund um den Party-Hit und die ausländerfeindlichen Parolen auseinandergesetzt. „Wir feiern unser Schützenfest traditionell mit Blasmusik und ich denke, dass der Song nicht im Repertoire ist. Allerdings gehe ich davon aus, dass wir vorab einmal das Gespräch suchen werden.“ Das Lied sei bisher aber nie auf einem Schützenfest in Medebach gespielt worden.
Die Entscheidung, das Lied nicht zu spielen, treffen aktuell zahlreiche Vereine, aber auch Clubs und DJs - sogar bei der EM darf es nicht gespielt werden. Stefan Tremmel ist Bundesoberst des Sauerländer Schützenbundes und habe sich mit diesem Thema beschäftigt. „Aufgrund der Berichterstattung sind die Vorstände unserer Schützenbruderschaften und Schützenvereine bereits intensiv sensibilisiert und werden es nicht zulassen, dass unsere Traditionsfeste für das Kundtun von rechtsradikalen Gesinnungen genutzt werden“, sagt Tremmel. Ein Verbot des Liedes hält er nicht für nötig. „Jedes Lied kann von einem Menschen oder einer Gruppierung umgetextet werden, sodass die eigentliche Intention des Songs verloren geht beziehungsweise bewusst verändert wird.“ Allerdings, die Vereine wollen auf Nummer sicher gehen - wohl auch, um ein friedliches Schützenfest zu feiern.