Marsberg/Diemelsee. Stefan Koch stellt die Seerundfahrten auf dem Diemelsee endgültig ein. Er erklärt, was ihn am Ende dazu gezwungen hat.
Dass er den Betrieb des Fahrgastschiffs MS Muffert auf dem Diemelsee einstellen muss, trifft Inhaber Stefan Koch sehr. Lange hatte er dafür gekämpft, weiterfahren zu können, nach Lösungen gesucht, wie er den Betrieb aufrechterhalten kann. Doch am Ende hat es nicht gereicht: Schweren Herzens gab er nun endgültig das Ende der Seerundfahrten auf der MS Muffert bekannt. In einer persönlichen Mitteilung an die Westfalenpost erklärt er, weshalb die Bemühungen um eine Lösung am Ende gescheitert sind und bedankt sich bei allen, die ihn während der vergangenen Wochen unterstützt und sich für den Erhalt der Diemelseeschifffahrt eingesetzt haben.
Allen voran wolle er sich bei den Bürgermeistern der Gemeinden Diemelsee und Marsberg, Volker Becker und Thomas Schröder bedanken, so Stefan Koch. Ebenso bei den Ortsbürgermeistern der umliegenden Orte und den Bundestagsabgeordneten Esther Dilcher, Friedrich Merz und Dirk Wiese. Sie alle hatten sich dafür eingesetzt, dass eine schnelle Lösung für die MS Muffert auf den Weg gebracht wird. „Besonders zu erwähnen ist auch das Engagement der Familie Norbert Märtin“, betont Stefan Koch. Der Helminghäuser Norbert Märtin hatte sich nach Bekanntwerden der Lage der MS Muffert in einem offenen Brief an Presse und Politik gewandt und sich für eine Sonderregelung für das Schiff starkgemacht. Dessen Sohn Robert Märtin startete daraufhin eine Petition zum Erhalt der Seerundfahrten auf dem Diemelsee, mit der er innerhalb von wenigen Wochen mehr als 7500 Unterschriften sammelte. Diese große öffentliche Beteiligung rührt Stefan Koch: „Die überwältigende Anteilnahme der Öffentlichkeit und viele persönliche Unterstützungsangebote habe ich so nicht erwartet und schätze diese sehr!“
Neue Betriebsgenehmigung für MS Muffert nicht umsetzbar
Trotzdem blieben alle Anstrengungen am Ende erfolglos: Eine Änderung in der EU-Verordnung, nach welcher die Besatzung auf Fahrgastschiffen auf Bundeswasserstraßen auf drei fachspezifisch geschulte Besatzungsmitglieder ausgeweitet werden muss, hatte den kleinen Schifffahrtsbetrieb auf dem Diemelsee vor große Herausforderungen gestellt. Eine solche Anforderung sei wirtschaftlich nicht umzusetzen, hatte der Betreiber der WP damals mitgeteilt. Durch das Engagement der zahlreichen Unterstützer aus der Kommunal-, Landes- und Bundespolitik wurde jüngst eine Sonderregelung für die MS Muffert erwirkt: Nach dieser hätte es neben dem Schiffsführer Stefan Koch lediglich eines zusätzlichen, als Decksmann geschulten Besatzungsmitglieds mit einer Fortbildung zum Sachkundigen bedurft, um den Betrieb weiterführen zu können. Doch selbst diese Anforderung ist für das kleine Unternehmen nicht umsetzbar, wie der Inhaber nun erklärt.
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„In unserem sehr kleinen Fahrgastbetrieb ist es so, dass die zweite an Bord befindliche Person eine Aushilfskraft ist, die flexibel einzuplanen ist“, erklärt Stefan Koch. Die neuen Anforderungen seien mit Aushilfskräften im Saisonbetrieb nicht umzusetzen. Um beispielsweise bei Urlaubs- oder Krankheitsfällen das fehlende Personal auch kurzfristig austauschen oder ersetzen zu können, müssten dem Unternehmer zufolge in jeder Saison gleich mehrere Aushilfskräfte mit der nötigen Qualifikation bereitstehen. „Diese Aushilfen müssten bereit sein, für die kurze saisonale Einsatzzeit den Aufwand der geforderten Qualifikationen zu betreiben“, so Stefan Koch. Dieser Aufwand stehe jedoch in keinem wirtschaftlich verantwortbaren Verhältnis zum tatsächlichen Einsatz an Bord und wirke abschreckend auf potenziell interessierte Kräfte. Für sie sei es ohne Weiteres möglich, sich anderen Jobs im Servicebereich zuzuwenden, die keine derart aufwändigen Qualifikationsanstrengungen erforderlich machten.
Seerundfahrten auf der MS Muffert nach fast 50 Jahren Betrieb am Diemelsee eingestellt
Über viele Jahre hinweg hatte das System auf der MS Muffert mit nur einem Schiffsführer gut funktioniert: Für Stefan Koch wäre es in diesem Frühjahr und Sommer die 20. Saison am Steuer des Fahrgastschiffs gewesen. Vor ihm hatte Josef Köster, der ehemalige Betreiber der MS Muffert, viele Jahre lang als Schiffsführer auf dem Diemelsee seine Runden gedreht. Nun ist Stefan Koch gezwungen, die Diemelseeschifffahrt nach nahezu 50 Jahren Betriebstradition einzustellen - und tut das schweren Herzens: „Nachdem ich den Betrieb 2005 von Josef Köster übernommen habe, habe ich mit aller Kraft sein Lebenswerk fortgeführt und es zu meinem gemacht.“ Dass der Betrieb über all die Jahre wirtschaftlichen Bestand hatte, sei nur deshalb möglich gewesen, weil Umbauarbeiten und ähnliches von den Betreibern selbst in die Hand genommen und umgesetzt worden seien.
„Ich bin überzeugt, dass all diejenigen, die den kleinen Fahrgastschiffbetrieb in den ganzen Jahren besucht und kennengelernt haben, meinen Entschluss nachvollziehen können“, erklärt Stefan Koch. Er wolle seiner Verantwortung gegenüber dem Tourismus am Diemelsee weiterhin nachkommen und sich nun vollkommen auf den Bootsverleih konzentrieren. So solle sichergestellt werden, dass nicht noch ein weiterer Baustein des regionalen Freizeitangebots wegfalle: „Ich freue mich, meine treuen Gäste im Sommer am Bootsverleih wiederzusehen.“
Stadt Marsberg macht sich Gedanken um Tourismusangebot am Diemelsee
„Es ist furchtbar schade, dass der Betrieb der MS Muffert nun doch eingestellt werden muss“, findet auch Thomas Schröder, Bürgermeister von Marsberg. Das Fahrgastschiff sei ein fester Bestandteil des Diemelseetourismus und das Ende der Seerundfahrten bedeute einen großen Verlust für die Region. „Trotzdem sind wir froh, dass Herr Koch uns mit dem Bootsverleih am Diemelsee weiterhin erhalten bleibt.“ Gemeinsam mit dem Stadtmarketing wolle die Stadt Marsberg weiter nach Möglichkeiten suchen, das Tourismusangebot am Diemelsee zu stärken. Ob mit anderen Angeboten ein Ausgleich für den stillgelegten Betrieb von Stefan Koch gefunden werden könne, sei jedoch zu diesem Zeitpunkt nicht einzuschätzen.