Marsberg. Marsbergs Innenstadt hat noch viel ungenutztes Potenzial, wie ein externes Gutachten zeigt. Wie die Zukunft der Innenstadt aussehen kann
Eigentlich soll die Innenstadt in Marsberg das pulsierende Herz der Stadt sein - doch eine Pandemie, der Ukrainekrieg und andere die Krisen der Gegenwart stellen die Stadt vor große Herausforderungen. „Innenstädte sind allgemein in einer gravierenden Phase“, erklärt Elke Frauns vom Marketing- und Planungsbüro frauns in Münster. Gemeinsam mit Architekt Dr. Holger Pump-Uhlmann hat sie die Marsberger Innenstadt als externe Fachfrau im Rahmen des NRW-Förderprogramms „Sofortprogramm zur Stärkung unserer Innenstädte und Zentren in NRW“ begutachtet. Die beiden Experten präsentieren ihren Abschlussbericht und geben konkrete Empfehlungen, um die Innenstadt zu verbessern.
Das Kaufverhalten der Menschen habe sich verändert, der Konsum verlaufe zunehmend online orientiert: „Konsum ist inzwischen komplett entkoppelt von Ort und Zeit“, so Elke Frauns. Deshalb sei es wichtig, dass sich die Innenstadt verändert. Sie müsse für Dinge stehen, die man nicht online machen möchte: „Das bedeutet: Wir müssen die Innenstadt und das Einkaufen immer von den Menschen her denken, die in die Innenstadt kommen.“ Diese Menschen würden mehr Wert auf Geselligkeit und Aufenthaltsattraktivität legen. In Marsberg sehen die Experten dazu noch viele Verbesserungsmöglichkeiten, wie der Abschlussbericht zeigt.
Stadtgestaltung: Aufenthaltsorte in Marsberg schaffen und Wege verbessern
Zum Beispiel sollten öffentliche Plätze attraktiver gemacht und Aufenthaltsorte geschaffen werden, wie die Experten erklären. Ein Beispiel hierfür ist der Platz vor der Sparkasse: Dieser biete aufgrund seiner sehr zentralen Lage viel Potenzial und könne durch eine gezielte Aufwertung auch der umliegenden Immobilien und Areale zu einem Ort werden, an dem sich die Menschen gerne aufhalten. „Der Platz ist der Ort mit der stärksten Frequenz und sollte attraktiver gestaltet werden“, wie Holger Pump-Uhlmann erläutert. Weiter wird empfohlen, die Innenstadteingänge am nördlichen und südlichen Ende übersichtlicher zu gestalten, sowohl für Fußgänger als auch für den Verkehr: „Wenn man als auswärtiger Gast dorthin kommt, hat man ein Orientierungsproblem.“ Vor allem am südlichen Ende der Innenstadt sei die Verkehrsführung für Ortsfremde verwirrend, es gebe dort wenige Orte mit Aufenthaltsqualität und das LWL-Gelände könne besser angebunden werden. Für die Besitzer privater Immobilien müsse es Anreize geben, ihre Gebäude optisch in das Stadtbild einzugliedern. Hierfür könne die Stadt die Auflage eines Anreizprogramms im Rahmen einer Städtebauförderung anstreben.
Damit sich Menschen gern in der Innenstadt aufhalten, sollten auch die Wege, die verschiedene Teile der Kernstadt miteinander verbinden, ansprechend gestaltet sein. Insbesondere jene, die die Hauptstraße mit wichtigen Orten wie dem Bahnhof und dem Burghofcenter verbinden, gelten als unattraktiv: Beispiele hierfür sind der Weg über die Glinde und die Fußgängerverbindung zwischen der Sparkasse und der ehemaligen Bibliothek. Vorschläge zur Verbesserung wären z.B. die Installation von Begleitgrün und partieller Möblierung. Eine weitere wichtige Empfehlung ist die Aufwertung der Bleichwiese als innenstadtnahes Naherholungsgebiet. Das Areal könne gut in den Kontext der Diemelauen eingebunden werden und lasse sich als Ort der Bewegung, des Spiels und als Treffpunkt weiterentwickeln, so die Planungsexperten.
Nutzungsvielfalt in Marsberg: Wohnen, Einzelhandel, Gastronomie
Gebäude wie das Burghofcenter, das Kaufhaus Henke und die Sparkasse mit den umliegenden Parkplatzflächen bieten dem Bericht zufolge viel Potenzial, um zu belebten Orten zu werden. Dafür sei es wichtig, die Besucherfrequenz mit gezielter Nutzung zu erhöhen. Für das Obergeschoss im Kaufhaus Henke empfehlen die Experten, langfristig andere Nutzungsmöglichkeiten zu suchen, da der stationäre Einzelhandel auf Dauer nur ebenerdig funktioniere.
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Um dem Burghofcenter wieder Leben einzuhauchen, müsse es zu einem Dienstleistungsstandort gemacht werden. Für Einzelhandel sei das Gebäude zu weit von dem Innenstadtzentrum entfernt, als dass die Laufkundschaft oft genug ihren Weg dorthin findet. Stattdessen könne man über eine Nutzung als Standort für Gesundheitsdienstleister, eine Tagespflege oder Kindertagesstätte nachdenken, ebenso wie über die Einrichtung von Freizeitangeboten im Erdgeschoss.
Gastronomie und lokales Handwerk in Marsberg stärken und ausbauen
Weil die Rolle des Einzelhandels zurückgehe und das Wohninteresse zunehme, müsse die Stadt auch die vorhandene Gastronomie stärken und weiter ausweiten. Temporärer Einzelhandel in Form von zeitlich begrenzten Angeboten sei ein vielversprechendes Mittel zur Leerstandsbekämpfung und könne die vorhandenen Einzelhandelsangebote bereichern. Auch seien lokales Handwerk und Manufakturen mögliche Optionen, um das Angebot in der Innenstadt individueller und einzigartiger zu machen. Um die Innenstadt auch als Wohngegend attraktiv zu halten, sei die Ansiedlung eines Nahversorgers von Lebensmitteln im Zentrum sinnvoll. Bei leerstehenden Ladenlokalen (auf der Grafik im Stand von 2021) empfiehlt das Gutachterteam außerdem eine Beratung der Eigentümer und deren Unterstützung bei Investitionen und notwendigen Gebäudeveränderungen.
Mobilität und Klimawandel: Was in Marsberg passieren kann
Für die Verkehrsführung im südlichen Innenstadtbereich sei eine übersichtlichere Gestaltung ratsam, beispielsweise durch ein konsequentes Einbahnstraßenleitsystem. Auch gebe es bei den Möglichkeiten zur Straßenüberquerungen viel Verbesserungsbedarf, insbesondere entlang der Straße Weist und im Bereich von Fußgängerampeln beim Bahnübergang. Weiter sollte das ÖPNV-Angebot verbessert werden, um auch die einzelnen Marsberger Ortsteile besser an die Innenstadt anzubinden, vor allem in Hinblick auf Taktung und Linienführung. Um die Radverkehrsinfrastruktur zu fördern, seien Fahrradschutzstreifen in der Haupt- und in der Paulinenstraße eine sinnvolle Option, ebenso wie die Schaffung von mehr Abstellmöglichkeiten.
Mit Blick auf den Klimawandel und einen erwartbaren Anstieg von Niederschlägen in der Zukunft solle auch das Regenwassermanagement der Stadt sorgsam geprüft werden, lautet die Empfehlung der Gutachter. Hierbei gelte das „Schwammstadtprinzip“: In verdichteten und versiegelten Räumen müssen ausreichend unversiegelte Flächen vorhanden sein, die große Wassermengen aufnehmen können. Ob im Innenstadtbereich Marsberg dahingehend genügend Flächen vorhanden sind, sei zu prüfen.
Projekt Innenstadt: Stadt Marsberg kann Fördermittel vom Land NRW einwerben
Um finanzielle Unterstützung für die Umsetzung solcher Maßnahmen zu erhalten, könne die Stadt Marsberg auf Empfehlung der Experten einen Antrag zur Aufnahme in das Bund-Länder-Programm der Städtebauförderung bei der Bezirksregierung Arnsberg stellen. Voraussetzung dafür ist ein städtebauliches Gesamtkonzept, das in einer bestimmten Form eingereicht werden muss.