Hochsauerlandkreis. Die Gewerkschaft NGG sieht berufliche Chancen für Flüchtlinge im Gastgewerbe. Eine Perspektive für Gastronomen, aber mit Herausforderungen.

Viele Hotels und Gaststätten im Hochsauerlandkreis sind derzeit dringend auf neues Personal angewiesen. Die Gewerkschaft Nahrung Genuss Gaststätten (NGG) Südwestfalen sieht eine Job-Perspektive für geflüchtete Menschen aus der Ukraine im heimischen Gastgewerbe. Doch was sagen die lokalen Gastronomen dazu? Können sie sich vorstellen, ukrainische Arbeitskräfte zu beschäftigen?

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„Ja das kann ich mir vorstellen, bisher haben wir aber noch niemanden angestellt. Jedoch haben wir uns auf einer Liste bei der Agentur für Arbeit eingetragen, wo Betriebe signalisieren können, dass sie dazu bereit sind, ukrainische Flüchtlinge anzustellen“, sagt der Manager des Ferienparks Landal in Winterberg. Sorge, dass ein Beschäftigungsverhältnis eventuell nur von kurzer Dauer wäre, hat er nicht. Viele Flüchtlinge, die nach Deutschland kommen planen, wieder zurück in ihre Heimat zu gehen, um ihr Land wieder aufzubauen, sobald der Krieg vorüber ist. Das wäre aber gar kein Problem. Bei Landal sei man in der Lage flexibel zu reagieren.

Gastronomie birgt Sprach-Herausforderungen für Flüchtlinge

Eine Herausforderung sieht er zum Teil in den Sprachkenntnissen, wobei Englisch eine gute Alternative sei. „Oft sind aber Frauen mit ihren Kindern geflüchtet und in diesen Fällen ist es vielleicht zum Teil schwer, die Betreuung zu regeln. Aber sonst sehe ich nur Vorteile“, so der Manager.

Auch Thomas Hillebrand kann sich problemlos vorstellen, Flüchtlinge bei sich anzustellen. „Die Hälfte meiner Mitarbeiter ist international. Das ist überhaupt kein Problem. Beim Service ist es etwas schwierig ohne Deutschkenntnisse, weil die Gäste etwas älter sind und da kommt man mit Englisch nicht weit“, sagt der Betreiber des „Tommys“ in Brilon. Auch kurze Beschäftigungszeiten wären kein Problem, da er froh ist über jeden, der sich für die Arbeit interessiert, auch wenn es nur vier Wochen sind.

Die Gewerkschaft NGG knüpft die Beschäftigung aber an einige Bedingungen: „Voraussetzung ist, dass die Bezahlung stimmt. Denn wer vor dem Krieg flieht und bei uns Schutz sucht, darf nicht ausgenutzt werden“, sagt Isabell Mura, Geschäftsführerin der NGG. Und viele suchten bereits nach Arbeit. Die Branche sei ideal für den Quereinstieg, erklärt Mura weiter: „Von der Küche bis zum Service – hier haben auch Beschäftigte ohne Berufsausbildung gute Chancen.“ Gerade das Gastgewerbe sei weltoffen: Dort arbeiteten schon immer Menschen unterschiedlichster Herkunft. Und das Potenzial der Geflüchteten sei enorm: Nach Angaben des Bundesinnenministeriums waren 92 Prozent der Geflüchteten aus der Ukrainein ihrer Heimat erwerbstätig oder befanden sich in der Ausbildung.

Betreuungsangebote wichtig für arbeitssuchende Flüchtlinge

Jetzt sei die Politik in der Pflicht, rasch die Weichen zu stellen, um das Fußfassen auf dem deutschen Arbeitsmarkt zu erleichtern. Denn angesichts des hohen Anteils an Frauen mit Kindern unter den Geflüchteten müsse sich der Staat zudem um genug Kita- und Schulplätze kümmern. „Ohne Betreuungsangebote kommt für die Eltern maximal ein Minijob mit wenigen Wochenstunden infrage. Damit wäre allerdings die Chance auf eine echte berufliche Integration vertan“, warnt Mura.

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Wichtig sei auch, dass die ukrainischen Bildungsabschlüsse unkompliziert anerkannt werden. „Und es muss einen vereinfachten Zugang zu Sprachkursen geben. Denn die Sprache ist der Schlüssel, um zurecht zu kommen“, sagt Mura. Sie macht deutlich: „Das Gastgewerbe steht für Gastfreundschaft und Willkommenskultur. Dazu gehört in dieser Situation, dass die Menschen, die arbeiten wollen, fair zu bezahlen und zu behandeln. Gleichzeitig sollte die Arbeitgeber Geduld haben – gerade wenn am Anfang Deutsch-Kenntnisse noch fehlen.“ Das Hotel- und Gaststättengewerbe habe das Zeug dazu, ein „Integrationsmotor“ zu werden. Diese Chance sollte die Branche nutzen, so Mura.

Verbesserte Bezahlung im Gastgewerbe

Gewerkschafterin Isabell Mura freut es, dass sich die Bezahlung im heimischen Gastgewerbe zuletzt deutlich verbessert habe. Nach dem aktuellen Tarifvertrag, den die NGG mit dem Deutschen Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) ausgehandelt hat, liegt der Einstiegsverdienst in der Branche in NRW seit Mai bei 12,50 Euro pro Stunde – weit mehr als bislang. Fachkräfte kommen auf einen Stundenlohn von mindestens 13,95 Euro. „Diese Einkommen machen die Arbeit an Theke und Tresen deutlich attraktiver. Nicht nur Beschäftigte, sondern gerade auch Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine, die einen Job suchen, sollten darauf bestehen, nach Tarif bezahlt zu werden“, rät Mura.

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„Aber es nicht nur das Geld. Auch die Arbeitszeiten sind ein großes Manko für viele. Sie wollen oftmals auch nicht in den Dienstleistungsbereich, weil es anstrengend ist und man mit Menschen arbeiten muss“, so der Manager des Landal Ferienparks.