Brilon. Karina Hoffmann und Lisa Götte haben in Brilon Jobs, die meist von Männern gemacht werden. Erste Hürden gibt es schon bei Vorstellungsgesprächen.
Wenn Lisa Götte aus Marsberg sich an ihrem Arbeitsplatz bei Egger in Brilon umsieht, dann bemerkt sie vor allem eines: Sie ist die einzige Elektronikerin für Betriebstechnik weit und breit. Damit ist sie nicht alleine. Frauen sind zahlenmäßig noch in vielen handwerklichen Berufen wenig vertreten. Karina Hoffmann aus Brilon übt als Tischlergesellin auch einen Job aus, der vornehmlich von Männern gemacht wird. Beide erzählen, wieso sie sich dennoch für den Job entschieden haben und wie schwer es ist, als Frau akzeptiert zu werden.
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Lisa Götte machte ihr Fachabitur in Elektrotechnik und musste sich in diesem Rahmen mit den unterschiedlichsten Berufen in dieser Gruppe beschäftigen. Sie fand es spannend, mochte die praktischen Aspekte daran. Schallschränke bauen, PC-Pläne zeichnen, Fehler suchen. Genau ihr Ding, wie sich schon früh zeigte.
Früh an Sachen geschraubt
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„Ich habe mit meinem Vater früher schon Sachen aufgeschraubt. So habe ich es auch mit meinem Spielzeug gemacht, weil ich wissen wollte, wie sie funktionieren. Ich wollte keinen Bürojob“, sagt die 22-Jährige. Ihre Eltern erkannten ihre Vorliebe und waren entsprechend entspannt, als sie von den Zukunftsplänen der Tochter erfuhren, immerhin ist der Vater Ingenieur.
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Die Jobsuche war kein Problem. Viele Arbeitgeber suchten nach Verstärkung und die Konkurrenz auf die begehrten Ausbildungsplätze war zahlenmäßig überschaubar. Außerdem brachte Götte sehr gute Grundvoraussetzungen mit. Bei Egger in Brilon stellte sie sich vor und die heute 22-Jährige begann sich Gedanken zu machen. Sie wusste, dass sie in einer von Männern dominierten Branche arbeiten möchte. Wie reagieren die wohl?
Ungewöhnliche Entscheidung in Brilon
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Entspannt. Die Neugierde ist groß. Wie kommt man als Frau auf die Idee, diesen Job machen zu wollen. Eine ungewöhnliche Entwicklung, aber eine schöne, wie man ihr zu verstehen gibt. Sie war die erste, die diese technische Ausbildung bei Egger macht. „Es war erst komisch alleine zwischen 20 Männern zu sein, aber das Gefühl legte sich. Ich habe einfach gezeigt, was ich kann und es ist schön zu zeigen, dass auch eine Frau diesen Beruf machen kann. Zur Not frage ich um Unterstützung. Da habe ich keine Angst vor“, sagt Götte.
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Auch nicht vor Sprüchen, die sie schon lange hört, weil sie eine Frau in einem „Männerberuf“ ist. Sei es in der Schule oder auf der Arbeit. Götte nennt es kleine Witzeleien, die Jungs auch unter sich machen. So wie unter Freunden. Sie nimmt es gelassen und hat kein Problem damit einen verbalen Konter parat zu haben. „Früher machten Frauen diese Arbeiten eben nicht und das ist in manchen Köpfen noch drin. Die Frau macht die Büroarbeit, der Mann die Arbeiten, die Kraft benötigen. Aber das Interesse ist da auch Frauen diese Arbeiten zu überlassen. Ich hatte eine gute Ausbildung und muss mich hier deswegen nicht ständig beweisen.“ Das zeigte sie auch während der Ausbildung, die sie mit der Note sehr gut abgeschlossen hat.
Karina Hoffmann startete mit Baumhäusern
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Für Karina Hoffmann aus Wülfte war in der neunten Klasse klar, dass sie einen handwerklichen Beruf ausüben möchte. „Ich werde oft gefragt, woher die Entscheidung kam, aber ich habe nie eine Antwort“, sagt die 26-Jährige. Schon früh baute sie Baumhäuser bei ihrem Großvater und entschloss sich im Rahmen eines Schülerpraktikums bei einer Tischlerei zu arbeiten. Sie stand viel herum, aber dennoch machte die Zeit Eindruck auf sie. Zu sehen, wie etwas gebaut wird, etwas eigenes erschaffen wird, faszinierte sie damals wie heute. Also fasste sie den Entschluss, eine Ausbildung in dem Bereich zu machen.
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„Das überraschte daheim nicht. Mein Vater ist handwerklich aktiv. Meine Mutter meinte aber, dass es ein körperlich anstrengender Beruf ist und ich mir überlegen soll, ob ich das wirklich den Rest meines Lebens machen möchte. Aber ich wollte mit Holz arbeiten“, sagt Hoffmann. Sie machte sich keine Gedanken darüber wie Freunde oder Kollegen reagieren würden.
Geschlecht wird zum Thema beim Vorstellungsgespräch
Für sie war der Umstand, dass ihr Geschlecht zahlentechnisch unterrepräsentiert ist, nie ein Thema. Sie sieht sich als eine von vielen, die nichts anders macht, als andere Handwerker. Aber das Gefühl beruhte nicht auf Gegenseitigkeit. Das merkte sie schon, als sie sich um einen Ausbildungsplatz beworben hatte.
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Eine Stelle zu bekommen war schwierig. „Ich hatte mich nach der zehnten Klasse beworben und es gab Absagen unter anderem mit der Begründung, dass es keine Damentoiletten gab“, erinnert sich Hoffmann. Sie machte aus der Not heraus ein Berufsgrundschuljahr und bewarb sich nebenbei als Bauzeichnerin. Die Schulbank zu drücken entpuppte sich als Glücksgriff, denn ein Lehrer erzählte ihr von einem Unternehmen in Rüthen, das Frauen einstellt. „Das war ein mega Zufall und sie suchten auch genau zu der Zeit jemanden.“ Das Berufsgrundschuljahr wurde der 26-Jährigen anerkannt und sie konnte sofort mit dem zweiten Lehrjahr beginnen.
Frauen einstellen ist keine Selbstverständlichkeit
Nach der Ausbildung erlebte sie wieder eine schwierige Jobsuche. „Bei einem Bewerbungsgespräch hieß es ‘ich muss erstmal mit meinem Chef reden, ob es in Ordnung ist, wenn ich eine Frau einstelle.’“, weiß Hoffmann noch. Auch in Kundengesprächen gibt es schon mal Sprüche zu hören. „Ich bin nicht die Größte und dann heißt es manchmal ‘armes Mädchen, schleppt die schweren Türen.’ Aber da kann ich drüber lachen. Schlimmer ist, wenn ich mit 26 noch für die Auszubildende gehalten werde.“
Frauenanteil ist gering
Im vergangenen Jahr starteten 37 Personen im Hochsauerlandkreis eine Ausbildung zum Tischler. Sechs davon waren Frauen.
Markus Kluft, Pressesprecher der Handwerkskammer Südwestfalen, erklärt, dass der Frauenanteil im Handwerk über die vergangenen drei Jahren unverändert geblieben ist.
Sie glaubt, dass Frauen in naher Zukunft mehr Akzeptanz erfahren werden, weil sich immer mehr von ihnen für einen Ausbildungsplatz im Handwerk entscheiden. Die Zahlen bestätigen letzteres nicht (siehe Infobox). Im Tischlereibetrieb von Stefan Beule in Brilon konnte Hoffmann ihre berufliche Karriere weiterführen. Dort hat sie mit einer weiteren Tischlerin bereits weibliche Unterstützung um sich. Hoffmann:„Ich denke, dass es bald normal sein wird, wenn eine Frau im Handwerk tätig ist.“