Hochsauerlandkreis/Olsberg. Politik im HSK ist Männerdomäne. In Olsberg sind derweil vier Frauen in politischer Führungsfunktion. Ein Interview mit unerwarteten Einblicken:
Acht von 33 Mitgliedern im Olsberger Rat sind Frauen. Mit Sabine Menke aus Assinghausen steht erstmals eine Frau an der Spitze der CDU -Fraktion im Olsberger Rat – fünf der 16 CDU-Mitglieder sind Frauen. Doch auch Jeanette Friedrich, Beate Ruhland – jetzt sogar stellvertretende Bürgermeisterin – und Hiltrud Schmidt stehen für starke Frauen in der Olsberger CDU. Wir haben sie zum Gespräch gebeten und nachgehakt, wieso es so wenige Frauen in den Stadträten im HSK gibt.
Sie haben es geschafft, sie gestalten – teils schon seit vielen Jahren – die politische Welt in Olsberg und darüber hinaus mit. Warum sind Sie in die Politik gegangen?
Sabine Menke: Mein Vater hat sich viele Jahrzehnte in der Vereinsarbeit engagiert und für uns in der Familie war es immer selbstverständlich, dass wir uns auch mit eingebracht haben. Als dann 2014 die Frage kam, ob ich in den Rat gehen würde, habe ich ja gesagt.
Jeanette Friedrich: Kommunalpolitik gibt uns die Möglichkeit, vor Ort etwas zu gestalten. Wenn wir etwas beschließen, dann sehen wir es später auch – wie den Kneipp-Erlebnispark. Solche Projekte sind eine gute Sache.
Hiltrud Schmidt: Politik macht Spaß, es erweitert den Horizont und deckt ein breites Themenspektrum ab. Wir können dieses Spektrum kennenlernen und wenn wir uns damit befassen, auch etwas bewirken.
Auch interessant
Beate Ruhland: Wir sind drei Geschwister und alle sind ehrenamtlich tätig. Meine Eltern waren beide schon im Wahlvorstand. Ich bin also mit Kommunalpolitik und Ehrenamt aufgewachsen.
Sabine Menke: Politische Arbeit bringt einen selbst weiter, sie fordert einen. Ich denke, wir machen das nicht wegen der Bestätigung, sondern um Verantwortung zu übernehmen.
Wie schwer ist es für Frauen, in die politische Arbeit zu kommen?
Hiltrud Schmidt: Grundsätzlich nicht schwerer als für Männer. Der Unterschied ist: Männer fühlen sich schneller berufen, Frauen sehen sich selber eher kritischer.
Jeanette Friedrich: Ich bin da einfach reingewachsen. Ich war in meiner Amtszeit zweimal schwanger und es war es nie ein Problem, wenn man mal eine Sitzung verpasst hat. Ich stimme mich Zuhause ab oder nehme Kinderbetreuung in Anspruch. Für diese bekommt man eine Entschädigung aus dem öffentlichen Haushalt. Die Familie und die Politik unter einen Hut zu bekommen, ist also kein Problem.
Beate Ruhland: Das Geschlecht ist unerheblich. Das Grundinteresse zu Gestalten muss da sein. Egal ob im Ortsverband oder im Rat, ich hatte nie das Gefühl, dass gedacht wird: ‘Oh, da kommt eine Frau’. Man muss sich einfach klar sein, dass man Stellung beziehen muss, vielleicht auch Gegenwind bekommt. Da darf man sich nicht persönlich angegriffen fühlen.
Sabine Menke: Abgrenzung von Frauen war nie ein Thema in Olsberg. Wir wurden alle gut von der Verwaltung der Stadt Olsberg und den Kollegen im Rat aufgenommen. Man muss es einfach tun!
Aber wie erklären Sie sich dann, dass in allen Städten im Altkreis Brilon der Frauenanteil so niedrig ist?
Hiltrud Schmidt: Erstmal zu den Zahlen: nach dieser Kommunalwahl ist der Anteil der Frauen in Mandaten gestiegen. Der Frauenanteil bei den Mitgliedern in der CDU im HSK ist ca. bei 18 Prozent. In Olsberg ist der Frauenanteil der Mitglieder bei 20 Prozent.
Auch interessant
Der CDU- Frauenanteil im Stadtrat Olsberg hat einen Spitzenwert von 31 Prozent, 5 Frauen von 16 Plätzen. Das ist der höchste Frauenanteil seit 1975. In diesem Jahr, seit der kommunalen Neugliederung, liegt der Anteil der Frauen in der Kreistagsfraktion erstmalig bei 30 Prozent also 8 Frauen. Olsberg ist mit zwei weiblichen Kreistagsmitgliedern – bei zwei Olsberger Plätzen – sehr gut platziert. Ich denke nicht, dass das Desinteresse ist, viele Frauen trauen sich einfach nicht.
Sabine Menke: Ich verstehe das nicht. Vielleicht müssen wir auch mehr hinaustragen, dass Frauen in den Räten immer willkommen sind. Dass sie keine Scheu vor den großen Themen haben dürfen.
Jeanette Friedrich: Als ich Ausschussvorsitzende für Ordnung und Soziales wurde, musste ich mich auch mit der Feuerwehr beschäftigen – ein eher männliches Thema. Irgendwann hat mich aber jemand in die Arbeit eingeführt und mir vor Ort erklärt, was wir da überhaupt entscheiden. Ich fand das total interessant. Das sind keine Männerthemen, die hier diskutiert werden. Wir Frauen müssen uns nur trauen, diese Themen anzupacken. Genauso ist es anders herum, viele Männer trauen sich zum Beispiel nicht an soziale Themen.
Sabine Menke: Diese Themenbereiche müssen aufgebrochen werden. Wir müssen uns öffnen, auch für vermeintlich männliche Themen.
Warum sind Frauen im Stadtrat so wichtig?
Sabine Menke: Die Sichtweise und das Aufarbeiten der Themen sind oft unterschiedlich. Durch Männer und Frauen werden alle Themen abgedeckt.
Beate Ruhland: Es ist eher so, dass ein Thema aus verschiedenen Richtungen angeschaut wird. Wenn ein Mann, Ü60, über den Busfahrplan für die Kita entscheiden muss, hat er eine andere Herangehensweise als eine Frau U30 mit Kind. Auch der Umgang mit den Vorlagen ist ein anderer.
Hiltrud Schmidt: Die beste Politik wird von Frauen und Männern, jung und alt gemacht. Dann findet sich der beste Lösungsweg gemeinsam.
Befürworten Sie eine Frauenquote in der Politik?
Sabine Menke: Was bringt eine Quote, wenn Frauen sich nicht politisch engagieren wollen?
Hiltrud Schmidt: Es gibt Bereiche, in denen eine Quote sinnvoll ist. Mit der Brechstange eine Quote durchzusetzen, halte ich nicht für richtig. Die Positionen, die Frauen in Olsberg erreicht haben, sind ohne Quotenregelung erreicht worden. Grundsätzlich sind in der Politik Netzwerke notwendig, ob unter Männern oder unter Frauen oder gemischt.
Sabine Menke:
Auch interessant
In der CDU ist jeder dritte Listenplatz möglichst mit einer Frau zu besetzen. So gibt es auch immer die Chance, als Frau in die politischen Gremien gewählt zu werden.
Beate Ruhland: Ich möchte nirgendwo eine Quotenfrau sein. Ich denke, man muss sehen, wer geeignet ist und nicht nur wegen einer Quote Frauen in den Rat hieven.
Sabine Menke: Wir sind ja alle einstimmig gewählt worden. Das ist eine sehr tolle Bestätigung und eine Verantwortung, die uns übertragen wurde.
Was sagen Sie Frauen, die in die Politik möchten und vielleicht noch zögern? Welche Tipps haben Sie?
Jeanette Friedrich: Ich hab tatsächlich eine Freundin von mir überzeugt, sich in der Politik zu engagieren. Sie war interessiert, zögerte aber wegen ihrer Kinder. Wir haben uns zusammengesetzt und ein Gespräch geführt, was zu tun ist und was auf sie zukommt. Jetzt ist sie sogar im Fraktionsvorstand. Wichtig ist, dass man seine Stärken erkennt und sich aus Überzeugung aufstellen lässt.
Hiltrud Schmidt: Ich würde sagen: Traut euch! Probiert es mal. Man kann auch aufhören, allerdings bleiben die meisten dabei.
Sabine Menke: Die politische Arbeit ist eine schöne Sache und darüber hinaus entstehen so viele Freundschaften.
Viele Frauen haben Angst, dass sie sich nicht durchsetzen können. Ist das ein Problem?
Sabine Menke: Das ist eine Sache der Persönlichkeit.
Jeanette Friedrich: Und der guten Argumente.
Beate Ruhland: Ich habe noch keinen einzigen Mann im Rat erlebt, der für oder gegen etwas war, weil es eine Frau vorgeschlagen hat. Das wird überbewertet. Wenn es gut ist, was wir machen, dann ist es eben gut. Es geht um die Sache.
Auch interessant
Sabine Menke: Keine Frau braucht die Scheu haben, sich politisch zu engagieren. Jede Frau kann durchaus gewisse Positionen erreichen. Das hat mit Frau- oder Mannsein nichts zu tun, sondern mit der Freude an der Politik.
Hiltrud Schmidt: Natürlich war vor 30 Jahren die Politik noch anders. Aber wir haben hier in Olsberg Männer, die uns unterstützen. Hier gibt es kein Männerproblem.
Auch interessant