Brilon/Münster. Anna-Lena Friedrich aus Brilon studiert. So erlebt ihr erstes Semester an der Uni Münster unter Corona: Einsamkeit und Studentenparty vorm Laptop

Es sollt der Beginn einer wunderbaren Erfahrung werden. Ein neuer Lebensabschnitt. Eine neue Stadt. Neue Freunde. Anna-Lena Friedrich aus Brilon begann in diesem Wintersemester ihr Studium in Münster. Wegen Corona gibt es aber keine Kurse und Kennenlernparties mit den Kommilitonen vor Ort, sondern vor allem eines: Einsamkeit. Die junge Frau über ihre Erfahrungen:

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Es war Ende September, als die 19-Jährige Zusagen der Universitäten bekam. Normalerweise hätte das Semester bereits begonnen. Friedrich hatte die Wahl zwischen fünf Universitäten , wenn sie katholische Theologie und Germanistik studieren möchte. Unter anderem hätte es nach Paderborn, Bonn oder eben Münster gehen können. „Religion möchte eben niemand studieren . Da findet man leicht einen Platz“, sagt sie.

Keine vollen Hörsäle.
Keine vollen Hörsäle. © dpa | Sebastian Gollnow

Paderborn stand lange hoch im Kurs, schließlich ist es nicht so weit von der Heimat entfernt. Spontan fiel die Wahl schließlich dennoch auf Münster. Noch hoffte sie auf ein normales Semester , denn die Coronazahlen waren überschaubar. Das normale Leben hatte wieder Einzug gehalten. „Ich hoffte nicht, so eine Ausnahmesituation wie jetzt zu erleben“, sagt Friedrich rückblickend. Optimistisch ging es an die Wohnungssuche , womit das erste Problem auftrat.

Brilonerin verschickt 50 Wohnungsanfragen

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Eine Wohngemeinschaft wäre schön gewesen. Das dachten auch viele andere Studenten . „Ich habe zwischen 40 und 50 WGs angeschrieben, die inseriert hatten. Und das waren noch wenig. Ich bekam von niemandem eine Reaktion.“ Der Traum platzte, Friedrich zog ins Studienwohnheim . „Ich war froh, dass ich nicht obdachlos war“, scherzt Friedrich. 17 Quadratmeter, Studenten rechts, links, oben, unten. Kontakte knüpfen sollte doch auch dort kein Problem sein. Die Realität sah anders aus.

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Im Gemeinschaftsraum war es leer, im Gebäude ruhig. Fast niemand war da. Die Wohnung ist zwar möbliert, aber fremd. Die Anonymität der Großstadt zeigt sich. „Es war ein bisschen einsam“, sagt die 19-Jährige. Die Orientierungsphase rückte näher. Endlich die Kommilitonen kennenlernen. Zumindest am Laptop. Ein großes Gruppentreffen, Dinge werden erklärt und mittendrin zeigte sich sogar ein bekanntes Gesicht. Ein ehemaliger Mitschüler vom Gymnasium Petrinum studiert nun ebenfalls in Münster. Die Neuzugänge wurden in Kleingruppen eingeteilt, wo weitere Treffen am Laptop durchgeführt werden. Sogar eine Party.

Party vor dem Laptop

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Mit einem Getränk vor dem digitalen Endgerät sitzen und in leere Gesichter schauen, während ein DJ versucht, gute Stimmung zu verbreiten, klappte so gut wie es sich anhört. „Wir machten auch einen Spieleabend am PC und lachten viel. Oder ein digitales Frühstück für das Gemeinschaftsgefühl. Ich bin sehr dankbar, dass es diese Möglichkeiten gab, weil ich alleine wohne. Aber wenn ich abends den Laptop dann runter klappte, war es plötzlich wieder sehr ruhig“, erklärt Friedrich.

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Sie befreundete sich mit einer Kommilitonin und steht im regen Austausch mit drei weiteren. Auch ein Treffen war möglich. „Das war schön, denn wir haben uns zwar in den digitalen Meetings gesehen, aber nie im realen Leben. Da dachte ich nur ‘Wow die ist aber groß’, was man sonst sofort wahrnehmen würde. Es war komisch, aber dennoch auch cool und direkt vertraut.“

Studium wird nach Brilon verlegt

Weniger Studiengänge sind zulassungsbeschränkt

In Deutschland sind zum Wintersemester 2020/21 prozentual erneut weniger Studiengänge zulassungsbeschränkt als es noch im Vorjahr der Fall war. Bundesweit sind es 40,6 Prozent der Studiengänge.

Zu diesem Ergebnis kommt die Studie „Check Numerus Clausus“ des Gütersloher CHE Centrums für Hochschulentwicklung. Der Rückgang ist im Vergleich zum Vorjahr aber gering : 2019/20 waren es 40,7 Prozent.

Es gibt WhatsApp-Gruppen für jedes Fach, die ebenfalls helfen, Kontakte zu knüpfen und sich gegenseitig zu helfen. Die Fachschaft versucht, den Start ins Studium so sanft wie möglich zu gestalten und machte unter anderem eine digitale Stadttour per Video, um die wichtigen Stationen in Münster zu zeigen. Digitale Stammtische sollen stattfinden.

Als die Coronazahlen wieder stiegen, fuhr sie mit ihrem ehemaligen Mitschüler zurück in die Heimat. Mittlerweile wohnt die Studentin übergangsweise wieder bei den Eltern. „Der Drucker hier ist ganz gut.“ Präsenzveranstaltungen gibt es keine vor Ort. Den restlichen November geht es digital weiter, eventuell auch darüber hinaus. Daheim fühlt sich Friedrich sicherer, denn in Münster müsste sie 25 Minuten mit dem Bus in die Innenstadt fahren, in Brilon ist die Anzahl der Kontakte für alltägliche Besorgungen wesentlich geringer.

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Statt Essen in der Mensa, gibt es Speisen im Hotel Mama. Statt Plakaten mit Werbung für die Erstiparty gibt es Hinweise auf Maskenpflicht und Abstand. Friedrich gibt sich optimistisch: „Das Studentenleben kennenlernen wäre sicher cool, aber das kommt sicher noch. Viele sagen, dass ist eine super Zeit, die sehr prägend ist, aber da kann ich nicht mitfühlen. Ich weiß nicht, was ich verpasse.“