Bamberg/Hagen. Sie waren gar nicht so weit davon entfernt, schon wieder Geschichte zu schreiben. Doch beim ersten Anlauf war das Playoff-Parkett noch zu glatt für Basketball-Bundesligist Phoenix Hagen. Und das im Wortsinn: Bei der 74:99 (43:48)-Niederlage bei Meister Brose Baskets Bamberg rutschen die Gäste auf glänzendem Parkett nicht selten weg, wurden so oft in höchstem Tempo gestoppt.
Trotzdem ärgerten sie den hohen Favoriten bis in den Schlussabschnitt. „Wer in Bamberg nach dem dritten Viertel führt, hat noch eine Menge Potential“, blickte Trainer Ingo Freyer zuversichtlich auf die zweite Partie am Donnerstag in Hagen.
In der „Frankenhölle“ roch es nach Schwefel. Mit Knalleffekten, Feuer-Stößen und einem infernalischen Lärm pflegt Bamberg in die Play-offs zu starten. Und nicht nur die historische Altenburg, das Wahrzeichen der Stadt, leuchtete ganz in Rot, auch der Großteil der 6800 Zuschauer in der Arena trug diese Farbe. Nicht nur als Textil, sondern bisweilen auch in den frisch geschorenen Haaren.
Ein Spektakel in heißer Atmosphäre, an das sich die Playoff-Neulinge aus Westfalen erst gewöhnen mussten. Wie auch an den rutschigen Untergrund, der ihnen nicht selten den Stand raubte. „Höllisch glatt, wie frisch gebohnert. Das ist nicht normal“, staunte Phoenix-Geschäftsführer Oliver Herkelmann schon in der Pause über das blitzende Parkett, „und ich weiß nicht, warum die Bamberger nicht ausrutschen.“
Den besseren Start erwischten zwar die Hagener, Dino Gregory gewann nicht nur den ersten Playoff-Hochball in der Klubhistorie, sondern erzielte auch die ersten Punkte. Doch dann ging es ganz schnell, aber anders als es Phoenix gewohnt ist. Drei Minuten benötigten die Bamberger ganz im Hagener Hurra-Stil für eine 15:0-Serie, drei Dreier von Anton Gavel und Casey Jacobsen eingeschlossen. Während die Gäste sich allzu häufig auf dem glatten Boden wiederfanden, ließ der Meister den Ball laufen. Ex-NBA-Akteur Bostjan Nachbar sorgte zum 30:12 (9. Minute) für den höchsten Vorsprung, der Playoff-Auftakt schien lehrreich für die Hagener zu werden.
Aber Comeback-Fähigkeiten hat das Freyer-Team nicht zum ersten Mal in dieser Saison bewiesen. Das gelang auch in aufgeheizter Atmosphäre beim Meister. Diesmal führten Gregory und aus der Distanz David Bell Phoenix heran, der erste Dreier zum 33:24 (14.) war die Initialzündung. Drei weitere ließ der Kapitän bis zur Halbzeitpause folgen, die Gäste waren beim 48:43 wieder im Spiel. Und dem starken zweiten ließen die Gäste ein ebenso gutes drittes Viertel folgen.
Bamberg gegen Phoenix Hagen 99:74 im Playoff-Spiel
Mit Ole Wendt als Energizer, der für den früh umgeknickten Davin White lange auf dem Parkett stand, ließen sich die Hagener nicht abschütteln. Nach dem 60:46 (25.) erhöhte Phoenix mit kleiner Rotation den Druck auf den Bamberger Aufbau, vom aggressiven Doppeln zeigten sich John Goldsberry und seine Kollegen zusehends genervt. Whites Dreier leitete einen Hagener 16:2-Lauf ein, in die letzte Pause ging Phoenix beim 62:64 mit einer Führung. Und im weiten Rund hörte man nur noch die unablässig singenden, etwa 80 mitgereisten Hagener Fans.
Den Traum vom Auswärts-Coup zerstörten die erfahrenen Bamberger aber zügig – indes unter tätiger Mithilfe der Unparteiischen, allen voran Boris Schmidt. Über das technische Foul, dass sich White im Duell mit Karsten Tadda einhandelte und dass Bamberg auf 75:66 (33.) wegziehen ließ, konnte man ebenso diskutieren wie über einige andere Entscheidungen im Schlussviertel. Der bissigen Hagener Defensive war jedenfalls nun der Mut genommen. „Ein paar Minuten haben wir keinen Pfiff bekommen“, bedauerte Herkelmann, das reichte den cleveren Gastgebern. Bis zum 78:71 (34.) wehrte sich Phoenix – jetzt vollends ohne den humpelnden White - nach Kräften, dann waren Nachbar und Sharrod Ford in der nun wieder lärmenden Arena nicht mehr zu stoppen.
Stolz auf ihre Idole waren die Phoenix-Anhänger dennoch und baten sie zum Abfeiern hoch in ihren Block. Auch Herkelmann („Drei Viertel haben wir super gespielt“) und Freyer hatten Komplimente parat. „25 Punkte Differenz am Ende sind viel zu hoch, wenn man das ganze Spiel sieht“, betonte der Coach, „unser größtes Problem war der Boden.“ Denn gefühlte 20 Mal seien seine Akteure ausgerutscht. Auch deshalb hat Herkelmann Hoffnung auf einen Ausgleich der Playoff-Serie am Donnerstag: „Da wird das Parkett nicht so glatt sein.“
Brose Baskets Bamberg: Ford (18), Renfroe (12, 2/3 Dreier, 7 Rebounds, 7 Assists), Jacobsen (8, 2/4 Dreier), Gavel (12, 2/9 Dreier), Zirbes (10), Goldsberry (2), Nachbar (16), Tadda (13, 1/4 Dreier, Schmidt, Neumann (8).
Phoenix Hagen: Bell (17, 5/10 Dreier), Hess (0/4 Dreier, Gordon (5, 2/7 Dreier, 7 Rebounds), Gregory (11, 11 Rebounds), White (11, 1/5 Dreier), Dorris (9, 0/2 Dreier), Kruel (2), Wendt (16, 0/1 Dreier), Lodwick (3, 1/4 Dreier).
Viertel: 30:14, 18:29, 14:21, 37:10.
Teamstatistik: 55,4:35,6 % Wurfquote; 7/24:8/28 Dreier, 20/27:14/19 Freiwürfe, 41:40 Rebounds, 12:15 Ballverluste, 24:14 Assists, 5:4 Ballgewinne.
Zuschauer: 6800 ausverkauft.