Hagen. Schlägereien, schwere Verletzungen, spontane Teamabmeldungen: Gastgeber TSV Fichte Hagen zieht nach den ersten Turniertagen eine bittere Bilanz.

„Wo soll ich eigentlich anfangen?“, fragt Mathias Schneidmüller, atmet tief durch und beginnt, das Geschehen vom ersten Wochenende des 45. Fritz-Kahl-Turniers chronologisch abzuarbeiten. Der Cheforganisator des Traditionsturniers und Fußball-Abteilungsleiter des TSV Fichte Hagen berichtet von schweren Verletzungen, spontanen Mannschaftsabmeldungen, die ein Spielplan-Chaos auslösten, von Schlägereien und aggressiven Zuschauern, die den Platz stürmten. Eine erschütternde Bilanz.

Zwei schwere Verletzungen in kurzer Zeit

Der eine Krankenwagen war noch am Fußballplatz, da rückte bereits der nächste an: Gleich zwei Spieler der Mannschaft von Ararat Gevelsberg verletzten sich beim Fritz-Kahl-Turnier schwer - einer an der Schulter, der andere am Knie. Beide Verletzungen geschahen am Samstag im Spiel gegen den Dortmunder Landesligisten FC Roj kurz nacheinander. „Das war das erste Mal, dass an unserem Platz gleich zwei Krankenwagen nebeneinander standen“, bedauerte Mathias Schneidmüller.

Dass dieser Tag „komplett zum Vergessen“ war, lag jedoch nicht nur am Verletzungspech der Gevelsberger. Im Spiel zwischen Ararat und Vatanspor Gevelsberg schlugen doch tatsächlich zwei Vatanspor-Spieler aufeinander ein, sodass die Partie beinahe abgebrochen werden musste. „Als einer der beiden noch seine Kollegen holen wollte, um den anderen zu verprügeln, haben wir gesagt, dass es keinen Sinn mehr macht, die Partie fortzuführen“, ärgert sich Fichtes Fußball-Chef. Dann beruhigten sich die Gemüter, die Partie konnte zu Ende gespielt werden.

Vatanspors 1. Vorsitzender Baris Hanyildiz verurteilte das Verhalten beider Streithähne: „Die haben sich falsch benommen und das geht gar nicht. Es war dumm und es war richtig, dass es glatt Rot gab. Wir dulden das als Verein nicht.“

„Ständig geht es bei solchen Rangeleien um die Ehre der Familie, der jeweiligen Nation oder Religion.“

Mathias Schneidmüller, Abteilungsleiter Fußball beim TSV Fichte Hagen

Kinder müssen Schlägerei mitansehen

Dabei habe man beiden Mannschaften vor der Partie deutlich gemacht, dass die Emotionen nicht überkochen sollten, so Schneidmüller. Vor allem, weil im Publikum auch Kinder waren. „Aber dann hatten sich einige wieder überhaupt nicht im Griff. Und warum? Weil angeblich die Familienehre beleidigt wurde“, erzählt Schneidmüller und fügt kritisch an: „Ständig geht es bei solchen Rangeleien um die Ehre der Familie, der jeweiligen Nation oder Religion. Ganz ehrlich: Ich kann das nicht mehr hören und nicht mehr sehen. Das hat im Fußball nichts verloren.“

Bei weiteren Tumulten am Sonntag im Spiel zwischen Türk Gencler Hagen und Polonia Hagen ging es weniger um die Ehre, sondern um das Wirken des Schiedsrichters, das Anhängern von Türk Gencler offenbar missfiel. Eine Handvoll Zuschauer aus dem Lager des B-Kreisligisten stürmte nach einer vermeintlichen Fehlentscheidung auf den Platz „und wollte dem Schiedsrichter an den Kragen“, berichtet Mathias Schneidmüller. „Und das auch nach dem Spiel, obwohl Gencler gewann und Polonia kurz zuvor ein Tor nicht gegeben wurde. Das ergab überhaupt keinen Sinn.“ Für ihn stehe fest: Türk Gencler wird der TSV nicht mehr zum Fritz-Kahl-Turnier einladen.

Türk Gencler schildert die Situation wie folgt:

„Es war nicht so, dass eine Handvoll Zuschauer nach einer vermeintlichen Fehlentscheidung auf den Platz stürmten und dem Schiedsrichter „an den Kragen“ wollten.

Vielmehr haben Vorstandsmitglieder des Vereins Türk Gencler Hagen e. V. einen Spieler zurückgehalten, der durch beleidigende Gesten eines Spielers von FC Polonia Hagen provoziert wurde.

Der Vorfall ereignete sich nicht während des Spiels, sondern nach dem Spiel.

Im Spielbericht ist von einem angeblichen Tumult nicht die Rede. Das Verhalten der Vorstandsmitglieder von Türk Gencler Hagen e. V. ist von dem Veranstalter, Mathias Schneidmüller, offenbar missinterpretiert worden.“

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Die Zwischenfälle seien nicht für die beteiligten Fußballmannschaften und deren Anhänger ein Ärgernis, sondern auch für den Veranstalter TSV Fichte Hagen, der ins neuntägige Vorbereitungsturnier eine Menge Arbeit und Herzblut steckt. „Wir haben pro Schicht 20 Helfer am Start, die das alles ehrenamtlich machen“, sagt Schneidmüller. „Mit diesen Tumulten wird ihre Arbeit mit Füßen getreten.“

Aber dabei blieb es nicht. Auch zwei spontane Mannschaftsabmeldung seien ein herber Schlag ins Kontor des Organisationsteams gewesen. Zum einen verabschiedete sich am Sonntag der Dortmunder Landesligist FC Roj vom Turniergeschehen - wegen Spielermangels. Die Dortmunder brachten den TSV Fichte schon am Freitag ins Schwitzen, nachdem sie sich zunächst abgemeldet hatten, ehe sie dann einige Stunden später meldeten, doch genügen Akteure beisammen zu haben. Verletzungen am Samstag führten jedoch dazu, dass Roj zwei weitere Akteure aus der Aufstellung redigieren musste.

Fichtes Fußball-Abteilungsleiter Matthias Schneidmüller (r.) hat ein turbulentes Wochenende hinter sich.
Fichtes Fußball-Abteilungsleiter Matthias Schneidmüller (r.) hat ein turbulentes Wochenende hinter sich. © WP | Michael Kleinrensing

Auch Westfalenligist SV Hohenlimburg 10 beklagte eine Verletzung auf der Torwartposition und sah sich laut Schneidmüller nicht mehr imstande, eine Turniermannschaft zu stellen. Die Folge: Spielausfälle und Arbeit für die Turnierleitung. „Ich bin enttäuscht, dass ausgerechnet die beiden klassenhöchsten Mannschaften es nicht hinkriegen, für Ersatz zu sorgen“, kritisiert Schneidmüller.

Fichte-Fußballer überzeugen

Auch wenn der Frust beim Gastgeber Fichte Hagen tief saß: Der dritte Turniertag brachte einige positive Erkenntnisse. Fichtes neu zusammengestellte erste Mannschaft präsentierte ansehnlichen Fußball und setzte sich als Gruppensieger durch. Derweil schaffte es das junge Reserveteam als bester Gruppenzweiter ebenfalls ins Viertelfinale. „Die haben sich super präsentiert“, hebt Fichtes Fußball-Abteilungsleiter hervor, und das gelte auch für andere Teams: „Wetter, Obersprockhövel II, Ennepetal II, Bosna, SSV und unser Dauergast Al Seddiq haben sich als tolle Gäste erwiesen. So sollte es sein.“

Weiter geht das Fritz-Kahl-Turnier an diesem Dienstag mit den Viertelfinalspielen SSV Hagen - FC Wetter (18 Uhr) und Ararat Gevelsberg - TuS Ennepetal II (20 Uhr). Am Mittwoch folgen die Partien Fichte Hagen - Bosna Hagen (18 Uhr) und Obersprockhövel II - Fichte Hagen II (20 Uhr).