Werdohl/Frankfurt a. M. Vossloh aus Werdohl soll 2024 mindestens 13.000 Kilometer Schiene im deutschen Bahnnetz pflegen. Dabei hilft einzigartige Technik.

Die Deutsche Bahn setzt auf Know-how aus dem Sauerland, wenn es Sanierung des deutschen Schienennetzes geht. Das Bahntechnik-Unternehmen Vossloh aus Werdohl hat einen excellenten Ruf in Ländern wie China, Australien oder Italien, wenn es um Bahnbefestigung, Schienenausbau und Intsnadhaltung geht. Jetzt hat auch die Deutsche Bahn die Vorzüge von Vossloh erkannt.

Ein bisschen Stolz scheint durchzuklingen, als Oliver Schuster, Chef des Sauerländer Bahntechnik-Konzerns Vossloh AG, am Donnerstag Bilanz zieht. Es sind nicht nur die nackten Zahlen für das Jahr 2023, die glänzen, und die in Frankfurt vorgestellt werden. Vossloh ist weltweit gefragt, wenn es um besondere Technik rund um die Schiene geht. Vor allem die Befestigungen von Gleisen, schlicht aussehende Spangen, in denen Know-how von Jahrzehnten steckt, sind ziemlich unerreicht, wenn es um extreme Belastungen auf Hochgeschwindigkeitsstrecken geht.

Kunden aus China, wo das Schienennetz massiv ausgebaut wird, klingelten in der Vergangenheit reglmäßig in Werdohl an und erteilten Millionenaufträge, die kein asiatisches Unternehmen leisten konnte. China ist ungebrochen ein sehr wichtiger Markt für Vossloh und wird dies wohl auch bleiben, denn die Chinesen rufen weiter an. Mittlerweile gilt die Technik aus dem Sauerland auch in der Vorstandsetage der Deutschen Bahn als zukunftsweisend.

Im hochmodernen Werk in Werdohl stellt Vossloh Gleisspangen für den Weltmarkt her. Unter Schwarz-Licht werden die Spangen auf Risse untersucht.
Im hochmodernen Werk in Werdohl stellt Vossloh Gleisspangen für den Weltmarkt her. Unter Schwarz-Licht werden die Spangen auf Risse untersucht. © MATTHIAS GRABEN

Vossloh und die Deutsche Bahn haben im vergangenen Jahr einen Großauftrag für Hochgeschwindigkeitsschleifen von Schienen zur Instandhaltung der Strecken ohne Sperrungen erweitert. 2024 sollen mindestens 13.000 Kilometer Streckennetz von Vossloh im laufenden Betrieb gepflegt werden. Schleifzüge rollen dann mit 60 bis 80 km/h über die Gleise, so dass keine Strecke gesperrt werden muss. „Wir waren im vergangenen Jahr sehr erfolgreich auf dem hochbelasteten Netz der Deutschen Bahn unterwegs und haben unseren Fußabdruck in Deutschland noch einmal verstärkt“, sagt Schuster. Erstmals bestellte die DB auch komplette Weichensysteme bei Vossloh, 600 Stück. Der Umsatz der Sauerländer AG in Deutschland wurde so um 40 Prozent auf 140 Millionen Euro gesteigert. Damit ist der Heimatmarkt nach Umsatz die Nummer eins vor China. „Deutschland ist inzwischen ein ganz, ganz entscheidender Markt für uns“, betont Schuster.

Das Bahntechnik-Unternehmen Vossloh AG aus Werdohl im Sauerland hat auch für den Ausbau der Hochgeschwindigkeitsstrecke Hamburg-Berlin 400 Kilometer Langschiene geliefert.
Das Bahntechnik-Unternehmen Vossloh AG aus Werdohl im Sauerland hat auch für den Ausbau der Hochgeschwindigkeitsstrecke Hamburg-Berlin 400 Kilometer Langschiene geliefert. © Vossloh AG | Vossloh

Möglich, dass der Aufsichtsratsvorsitzende der Vossloh AG Anteil an der zunehmend enger werdenden Beziehung zwischen den Sauerländern und der DB hat, schließlich war Rüdiger Grube von 2009 bis 2017 selbst einmal Chef des Deutschen Bahn. Es ist sicher aber auch die Vossloh-Technik, die nun auf dem Heimatmarkt zum Zuge kommt. Im Herbst vergangenen Jahres stellte das Unternehmen „Vossloh connect“ vor, eine cloudbasierte Plattform zur Digitalisierung der Schiene und der Services, die für eine reibunsglose Fahrt wichtig sind. Dazu gehört die Überwachung von Weichen, einem der fehleranfälligsten Elemente im Schienennetz.

Man muss sich das System Schiene vorstellen wie einen Patty im Burger. Oben der Zug, unten der Schotter. Nur wenn man beides betrachtet, weiß man, wie es der Schiene geht.
Oliver Schuster - Vorstandsvorsitzender der Vossloh AG

Besonders smart: das Vossloh-System SMV. Laserbestückte Sensoren messen Verschiebungen und Vibrationen am und ums Gleis. Dabei erkennt SMV sogar den „Stopfbedarf des Schotterbetts“ (Schuster) in dem die Gleise liegen, so früh, dass größere Schäden und damit möglicherweise Streckensperrungen vermieden werden können. Bahnkunden würden es wohl danken, wenn sie es wüssten. Ein zweites, zugekauftes System, „Railwatch“ genannt, ist über Hochleistungskameras am Rande der Strecken in der Lage, bei voller Fahrt Aufnahmen von Rädern und Bremsen der Züge anzufertigen und zu analysieren. „Unser Ziel ist vorausschauenden Service anbieten zu können. Man muss sich das System Schiene vorstellen wie einen Patty im Burger. Oben der Zug, unten der Schotter. Nur wenn man beides betrachtet, weiß man, wie es der Schiene geht“, erklärt Schuster.

Umsatz wächst um 16 Prozent auf 1,2 Milliarden Euro

Die zunehmende Digitalisierung zahlt sich für Vossloh aus. „Wir haben ein extrem starkes Jahr erlebt, sowohl in finanzieller Hinsicht als auch sonst. Wir sind enorm gewachsen auf eine sehr profitable Art und Weise“, sagt Schuster. Die Umsätze stiegen um mehr als 16 Prozent auf mehr als 1,2 Milliarden Euro. Aufträge in gleicher Größenordnung liegen in den Schubladen.

Weitere Themen aus der Region:

Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) hat eine Grundsanierung des deutschen Schienennetzes angekündigt. Bis 2030 soll es das modernste Europas werden, auf dem Weg dorthin soll es möglichst wenige Einschränkungen geben. Für Neubau und Sanierung sollten im Bundeshaushalt ursprünglich 45 Milliarden Euro allein bis 2027 vorgesehen werden. Angesichts der Haushaltslage ist mit rund 27 Milliarden deutlich weniger im Topf. Vossloh wird absehbar dennoch profitieren. Aufträge der Bahn aus diesem Sanierungsprogramm sind in den Auftragsbeständen der Sauerländer noch gar nicht berücksichtigt.

Oliver Schuster bis 2030 als Vorstandsvorsitzender bestellt

Neben Umsatz und Gewinnen ist auch die Belegschaft gewachsen. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter will der Vorstand angesichts der Rekordzahlen keinesfalls vergessen: „Das ist das Ergebnis der harten Arbeit von knapp 4000 Menschen. Wir müssen ganz, ganz dankbar sein, dass unser Team so etwas erreicht hat“, betont Schuster. Mindestens nach Ansicht des Aufsichtsrats unter Leitung von Rüdiger Grube hat Oliver Schuster auch einen gewissen Anteil an der positiven Entwicklung der jüngeren Vergangenheit. Am Mittwoch wurde bekannt, das Schusters Vertrag bis zum Februar 2030 verlängert wurde.