Lüdenscheid. Das Bundesverkehrsministerium will die im Bau befindliche Brücke umbenennen. Das wird hitzig debattiert. Vorschläge und Meinungen dazu.

Nun hat die Debatte sogar das Klassenzimmer erreicht. An der Theodor-Heuss-Realschule in Lüdenscheid brüteten zuletzt Kinder der 7. und 8. Klasse im Politikunterricht über der Frage, die nicht nur Lüdenscheid, sondern Südwestfalen bewegt. Sie lautet: Braucht die Rahmedetalbrücke in Lüdenscheid, die gerade neu gebaut wird, einen neuen Namen? Oder soll das Bauwerk der Autobahn 45, das einsturzgefährdet gesperrt werden musste und ein Infrastrukturdesaster sondergleichen darstellt, seinen Namen als Mahnmal weitertragen?

Wissings Vorstoß beim Start des Neubaus im Oktober

Zur Erinnerung: Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) hatte beim ersten symbolischen Hammerschlag zum Neubau im Oktober 2023 die Nachricht mitgebracht, dass die Brücke einen neuen Namen erhalten werde und dass die Bürger an der Namensfindung beteiligt werden würden. Aber wollen die das überhaupt? Und falls ja: Wie soll die Brücke heißen? Diese Fragen richteten wir an Sie, liebe Leserinnen und Leser. Mit erstaunlichen Ergebnissen.

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Zum Beispiel dem, dass da plötzlich im Politikunterricht von Lehrerin Jasmin Rahrbach an der Theodor-Heuss-Realschule Jungs und Mädels zusammensitzen und sich eine Meinung bilden. Celina und Annabell zum Beispiel sind für einen neuen Namen, „weil etwas Neues damit in die Stadt kommt. Es ist immer so viel gleich in Lüdenscheid. Wir brauchen was NEUES!“ Eine Idee für einen neuen Namen haben sie auch: „BAM-Brücke Lüdenscheid“. Ausgesprochen: BÄM! Das Geräusch zur Sprengung, zum Abriss des Alten. „Ein Neuanfang“, schreiben die beiden und rechtfertigen den ungewöhnlichen Namen: damit „nicht immer alles so ernst und langweilig klingt“.

Immerhin schneller als der Rathaustunnel

Mit einem Augenzwinkern nähert sich Lehrerin Jasmin Rahrbach dem Thema und schlägt vor: „Immerhinschnelleralsderrathaustunnel-Brücke“ – in Anlehnung an den Rathaustunnel in Lüdenscheid, der seit zehn Jahren eine Dauerbaustelle und damit ein Ärgernis ist. Alina schlägt „Lüdenscheider Stadtbrücke“ vor, Ben plädiert für „Staubrücke“, Skyler für „Neue Brücke“, Mina für „Lücke-Brücke“. Anes, Colin und Mehmet sind – wie drücken wir das aus - eher reserviert: „Wen juckt bitteschön der Name?“

Bisher ist es ein Vorschlag, nicht mehr und nicht weniger.
Sebastian Wagemeyer (SPD), Lüdenscheids Bürgermeister, über die Idee eines neuen Namens für die Rahmedetalbrücke

Um ehrlich zu sein, ihr Drei: Schon den einen oder anderen, wie die Kontroversen der vergangenen Tage und Wochen zeigen.

Wissing findet die Idee offenbar gut, die Bürgerinitiative A45 ist strikt dagegen. Irgendwo dazwischen liegt Lüdenscheids Bürgermeister Sebastian Wagemeyer (SPD) mit seiner Meinung. Er verwahrt sich gegen den Eindruck, es werde etwas über den Kopf der Bürger hinweg entschieden. „Nein, das tut niemand! Den Vorschlag, die Bürgerinnen und Bürger an einer möglichen Neubenennung der Talbrücke zu beteiligen, hat Bundesverkehrsminister Wissing am Rande des Spatenstichs zum Neubau gemacht. Bisher ist es ein Vorschlag, nicht mehr und nicht weniger.“

Wobei, so ganz, also, wie soll man sagen: Wie ein Vorschlag kam das damals nicht daher, sondern wie eine Ankündigung. Und: Auf die Frage dieser Redaktion, was das Bundesverkehrsministerium zu tun gedenke, wenn sich Widerstand gegen einen neuen Namen abzeichnete, antwortete es im Januar nicht.

Soll das was unter den Teppich gekehrt werden? „Neuer Name ist Schwachsinn!“

„Es ist und bleibt Schwachsinn“, schreibt uns Monika Langenbach: „Nach wie vor wird die neue Rahmedetalbrücke im Rahmedetal gebaut. Oder soll am Ende das Rahmedetal auch noch umbenannt werden? Wenn etwas unter den Teppich gekehrt werden soll, wird es dann einfach umbenannt? Klar, dann erinnert sich keiner mehr.“

Martin Eicker aus Breckerfeld fürchtet vor allem Kosten durch die Namensänderung – und rechnet sich bei seinem mutmaßlich satirischen Beitrag etwas in Rage. „Beauftragung eines Dienstleisters zur Erstellung einer gerichtsfesten EU-weiten Ausschreibung einer Studie über den Sinn und Unsinn einer Namensänderung. Kosten ca. 20.000 Euro“, schreibt er. „Ein Jahr später: Vergabe des Auftrags zur Studie über Sinn und Unsinn an das günstigste Angebot. Kosten der Studie ca. 150.000 Euro.“ Man würde darüber schmunzeln, wenn es im Behörden-Deutschland nicht fast alles schon gegeben hätte. Kurzum: Der Mann ist gegen einen neuen Namen.

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Aber man kann das sehr gut auch anders sehen. „Natürlich muss die neue Brücke einen speziellen Namen bekommen. Mein Vorschlag: Brücke der Hoffnung. In der Hoffnung, dass irgendwann in NRW alle maroden Brücken ersetzt beziehungsweise saniert werden“, schreibt Michael Giersch aus Fröndenberg.

Herr oder Frau Tappenhölter, ein Vorname ist der Mail nicht zu entnehmen, plädiert für „Neutalbrücke“, Josef Kinkel schlägt „Leidensbrücke“ vor. Ob das dem Anspruch von Herrn Wissing nach einem Namen, der Zuversicht verbreitet, genügt?

Symbol für verfehlte Verkehrspolitik

Annette Lohoff bringt die „Sauerlandbrücke“ ins Spiel. Ein Kompromiss ist vielleicht der Vorschlag von Herbert Engelmann aus Wetter: „Neue Rahmedetalbrücke“. Der Zusatz „Neue“ solle „immer daran erinnern, dass die Brücke ein Symbol für verfehlte Verkehrspolitik ist“. Und so schlecht ist der Zusatz ja nicht. Siehe Neuschwanstein. Und aus New York ist ja schließlich auch etwas geworden, könnte man meinen.

Auch Alois Löwe aus Olpe kann sich einen neuen Namen für die neue Brücke gut vorstellen, „erst recht wenn man den alten Namen der Brücke, wie in diesem Fall, über Generationen mit einer der schlimmsten Zeiten Lüdenscheids in Verbindung bringen wird“. Sein Vorschlag: Südbrücke Lüdenscheid. Freunde dürfen SüBrüLü sagen.