Lüdenscheid. Nach Telefonat des Verkehrsministers mit NRW-Innenminister Reul über technische Lösung sollen „Gespräche auf Arbeitsebene“ folgen.
Euphorie klingt anders. Bereits kurz vor Weihnachten haben NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) und Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) über eine automatisierte Lösung zur Kontrolle des Lkw-Durchfahrtsverbots in Lüdenscheid gesprochen. Dass dies erst jetzt auf Anfrage dieser Redaktion öffentlich wird, mag auch mit den mageren Ergebnissen des Telefonats zu tun haben.
Bekanntlich ist die Autobahn 45 seit mehr als zwei Jahren gesperrt; viele Lkw quälen sich nun durch die Stadt und die Nachbarschaft, obwohl sie das nicht dürfen. Die Polizei ist mit ständigen Kontrollen überfordert.
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Deshalb hat das Innovation-Lab des Landesamts für Zentrale Polizeiliche Dienste eine Fahrzeugdifferenzierungsanlage ausgetüftelt. Sie soll mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz 24 Stunden am Tag eigenständig Kennzeichen von Fahrzeugen, die wahrscheinlich vom Durchfahrtsverbot betroffen sind, erfassen und mit einer Liste von Berechtigten abgleichen.
„Wer nicht berechtigt ist, wird automatisch zurückgewiesen“, erklärte Innenminister Reul im Dezember und klang dabei ziemlich erfreut. Auch der Lüdenscheider Bürgermeister Sebastian Wagemeyer (SPD) gab sich zuversichtlich: „Eine vollautomatisierte Überwachung des Schwerlastverkehrs ist die effizienteste und damit die beste Lösung, um den reinen Lkw-Durchgangsverkehr aus Lüdenscheid und der Region herauszuhalten.“
Reul ist allerdings gar nicht für Autobahnen zuständig – sondern Volker Wissing. Also telefonierten beide am 19. Dezember. In dem Gespräch habe Reul den Bundesverkehrsminister „über konzeptionelle Überlegungen des Landes informiert, zur Unterstützung der Polizeiarbeit bei der Überwachung des Lkw-Durchgangsverbots in Lüdenscheid ein automatisiertes Erfassungs- und Ausleitungssystems einsetzen zu wollen“, teilte das Berliner Ministerium jetzt mit. Und weiter: „Bundesminister Dr. Wissing hat sich offen gezeigt für Maßnahmen, die die Polizeiarbeit vor Ort unterstützen und die Ortsdurchfahrt von Lüdenscheid weiter entlasten.“
Nun sollen Gespräche auf Arbeitsebene geführt werden, „um die Eignung eines derartigen Systems im Hinblick auf die technische Machbarkeit, den Einsatzort sowie die Rechtssicherheit und mögliche Datenschutzbelange konkret zu untersuchen“.
Problem muss schon auf der Autobahn gelöst werden
Bislang seien Überlegungen, vergleichbare Systeme an der A 45 bei Lüdenscheid einzusetzen, wegen des hohen Anteils an Ziel- und Quellverkehr am Lkw-Aufkommen in Lüdenscheid nicht weiterverfolgt worden, so das Verkehrsministerium abschließend.
Nach einer schnellen Lösung klingt das nicht: Die neue Rahmedetalbrücke der A 45 soll in etwas mehr als zwei Jahren wieder befahrbar sein, ob die „Arbeitsebene“ bis dahin Resultate liefern kann, ist fraglich. In der NRW-Landesregierung wundert man sich über die Zurückhaltung in Berlin. Wissing spiele auf Zeit, sagen Kritiker. Die A 45 hatte der FDP-Politiker kurz nach ihrer Sperrung zur „Chefsache“ erklärt.
Sebastian Wagemeyer bleibt pragmatisch - bis zuversichtlich: „Erst einmal freue ich mich, dass auf Arbeitsebene miteinander gesprochen wird“, sagte er. Er nehme allerdings „mit Erstaunen zur Kenntnis, wenn Kritik daran geübt wird, dass wir das Thema über das Brückenbauer-Büro öffentlich gemacht haben, weil damit eine Erwartungshaltung in Lüdenscheid geweckt worden wäre. Ich will klar sagen: Ich muss keine Erwartungen wecken, sondern wir haben eine. Und die ist, dass Land und Bund ihren Versprechungen und Verpflichtungen nachkommen, uns bei der Kontrolle des Durchfahrtsverbots zu unterstützen. Ob das durch automatisierte Prozesse oder durch Menschen geschieht, ist mir einerlei.“ Dass der Innenminister auch mit Blick auf die EM in Deutschland großes Interesse daran habe, möglichst wenig Polizeikräfte einzusetzen, könne er verstehen. „Trotzdem sind wir vor Ort darauf angewiesen, dass uns geholfen wird. Und nun müssen sich die Beteiligten ins Benehmen setzen und schauen, wie sie das tun.“
Deutlicher wird Marco Voge (CDU), Landrat des Märkischen Kreises: „Land und Polizei haben eine sehr gute Lösung für die Verkehrssituation vor Ort erarbeitet. Das geplante System würde nachhaltig für Entlastung auf unseren Straßen sorgen. Das Problem kann nur auf der Autobahn gelöst werden“, sagte er auf Anfrage. „Meine Erwartung ist, dass der Minister diese Vorlage aufgreift. Es ist den Menschen in der Region nicht zu vermitteln, eine derartige Chance ungenutzt zu lassen. Und es wäre nicht das erste Mal, dass Ideen und Vorschläge aus der Region auf dem Tisch liegen, die nötige Unterstützung der Bundesregierung aber ausbleibt. Wir brauchen nicht nur Lärmschutzfenster. Unsere Region hat mehr verdient.“