Hagen. Auch in den Mittelstädten Südwestfalens sind freie Parkplätze nicht mehr selbstverständlich. Die unterschiedlichen Ansätze der Kommunen.
23 Stunden am Tag, über 90 Prozent der Zeit. So lange tun unsere Autos im Durchschnitt nicht, was Carl Benz mit seinem Patent von 1886 im Sinn hatte: sich bewegen. Stehende Fahrzeuge benötigen Platz, der in Innenstädten rar gesät ist. War Parkraum-Management früher nur in Metropolen ein Thema, müssen in Folge der steigenden Fahrzeugdichte längst auch so genannte Mittelstädte mit 20 000 bis 100 000 Einwohnern professionelle Lösungen anbieten.
Arnsberg zum Beispiel ist mit 2000 Neuzulassungen allein in den letzten fünf Jahren am Limit. Wenn dort im Frühjahr, wie angekündigt, die Tiefgarage Neumarkt geschlossen wird, ist guter Rat teuer. Dass die Stadtplaner mehr Bürger zum Fahrradfahren motivieren wollen, dürfte nicht jeden trösten.
Parkplatzsuche
Für die Verbesserung der Parkplatzsituation stehen vielfältige Maßnahmen zur Auswahl. Nicht nur die Kapazität spielt dabei eine Rolle. Vielerorts weisen statische Leitsysteme – sprich: Schilder – zur Reduzierung des „Suchverkehrs“ auf Parkmöglichkeiten hin. In Soest informiert ein dynamisches System Autofahrer per LCD-Anzeige, wie viele Plätze noch frei sind.
Zehn Irrtümer rund ums Parken
Das ist eher die Ausnahme in der Region – entsprechende Geräte in Lüdenscheid sind seit Jahren defekt und sollen saniert, aus Kostengründen allerdings durch Schilder ersetzt werden. In Ennepetal war die Einführung eines Parkleitsystems vor einiger Zeit im Gespräch, bislang jedoch ohne Ergebnis. Ein kleiner Teil der Städte weist zur Vereinfachung farblich markierte Zonen aus, darunter Brilon und Meschede.
Bewirtschaftung
In Bad Berleburg, Hemer und Ennepetal ist die Lage vergleichsweise entspannt, sämtliche öffentlichen Stellplätze im Stadtbereich sind kostenfrei. Länger als ein paar Stunden am Stück darf das Auto aber nicht überall stehen, es gilt die Faustregel: Je zentraler die Lage, desto öfter kommt die Parkscheibe zum Einsatz. Punktuell kommt es selbst in dünn besiedelten Gemeinden zu Engpässen, etwa an der Bad Berleburger Helios-Klinik, wo manche sogar den Bau eines Parkhauses fordern.
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Ein besonders umstrittenes Modell ist das kostenfreie Kurzzeitparken auf kostenpflichtigen Stellplätzen. Die so genannte „Brötchentaste“ gewährt in Iserlohn und Kreuztal 30, in Brilon 15 Minuten Zeit. Die Arnsberger haben sich unlängst dagegen entschieden, in Brilon gibt es schon die nächste Innovation: Elektronische Eieruhren sollen, damit das schnelle Brötchenholen auch gelingt, den Gang zum Automaten ersparen. Werden Parkgebühren fällig, müssen diese in der Regel dort beglichen werden – in Ausnahmefällen wie Olpe und Arnsberg ist das Bezahlen per SMS möglich. In Lüdenscheid erfordert dies das Installieren einer Handy-App, in Menden soll eine Bezahlmöglichkeit per Mobiltelefon in Kürze eingeführt werden.
Umgang mit Falschparkern
Die Überwachung des „ruhenden Verkehrs“ obliegt Hilfspolizisten, meist zutreffend als „Politessen“ bezeichnet: Tatsächlich sind die meisten weiblich, viele arbeiten in Teilzeit. In den westfälischen Mittelstädten sind überwiegend zwei bis fünf im Einsatz. In Bad Berleburg genügt ein Mitarbeiter, in Iserlohn sind es neun.
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Aus Verwarn- und Bußgeldern im öffentlichen Parkraum – der freilich nur einen Teil des gesamten Angebots darstellt, hinzu kommen etwa privat bewirtschaftete Parkhäuser – erzielen die Gemeinden zum Teil beträchtliche Einnahmen. Setzt man diese ins Verhältnis zur Einwohnerzahl, werden Unterschiede deutlich: Fast acht Euro kassieren Politessen in Lüdenscheid pro Jahr und Einwohner, in Bad Berleburg sind es nur 1,40 Euro. Während die Höhe der Parkgebühren von den Kommunen festgelegt werden, blechen Falschparker bundesweit dasselbe, denn darüber bestimmt die Straßenverkehrsordnung.
Expertenmeinung
„Musterlösungen gibt es nicht“ erklärt Peter Meintz vom ADAC Westfalen. Standortunabhängige Empfehlungen auszusprechen, sei schwer. Für alle gelte: „Bei der Parkraumbewirtschaftung darf es nicht nur um finanzielle Erwägungen gehen. Die Kommunen sind hier in der Pflicht, für einen sozialverträglichen Interessenausgleich zu sorgen.“ Übersteige die Nachfrage an Stellfäche das Angebot, dürften nicht nur die Gebühren ausgeweitet oder erhöht werden. „Damit verdrängt man das Problem nur in angrenzende Wohngebiete“, ist Meintz überzeugt.
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Die Technik eröffne immer mehr Möglichkeiten, aber Städte müssten sich gut überlegen, welche für sie sinnvoll sind. Privaten Parkraumanbietern dürfe man nicht blind vertrauen – Peter Meintz verweist auf schlechte Erfahrungen der Deutschen Bahn. In Anbetracht des gestiegenen Verkehrsaufkommens habe die Region schon „große Fortschritte“ gemacht, lobt er. An der Lösungssuche hätte sich aber nicht nur die Politik zu beteiligen: „Auch Arbeitgebern darf es nicht egal sein, wie ihre Mitarbeiter das Auto abstellen können.“