Berlin. Von schöner Haut bis Abnehmwunder: Apfelessig soll der Helfer schlechthin sein. Was ist dran? Zwei Ernährungsexperten schätzen ein.
Apfelessig, um Blähbauch und Extra-Kilos zu verlieren: Das wird in zahlreichen Videos auf den sozialen Medien empfohlen. Doch wie wirksam ist es, jeden Morgen ein Glas verdünnten Apfelessig zu trinken? Wir haben Experten gefragt.
In den Videos auf Plattformen wie TikTok oder Instagram empfehlen die Creator, jeden Morgen ein lauwarmes Glas Wasser mit zwei Esslöffeln Apfelessig zu trinken. Die angeblichen Vorteile für die Gesundheit: ein flacher Bauch, eine bessere Verdauung und schöne Haut, Haare und Nägel. Doch das ist laut Wissenschaft gar nicht so eindeutig bewiesen.
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Mit Apfelessig abnehmen: Mythos oder Realität?
Einer der am häufigsten genannten Vorteile von Apfelessig ist, dass er beim Abnehmen helfen soll. Eine Studie aus Japan, veröffentlicht im „Bioscience, Biotechnology and Biochemistry“ Journal, untersuchte die Auswirkungen von Apfelessig auf das Körpergewicht.
In der randomisierten Studie nahmen 175 adipöse Probanden über einen Zeitraum von zwölf Wochen entweder täglich Apfelessig oder ein Placebo ein. Die Ergebnisse zeigten: Diejenigen, die Apfelessig konsumierten, wiesen im Durchschnitt einen geringeren Body-Mass-Index (BMI), eine schmalere Taille und weniger viszerales Fett, also Bauchfett zwischen den Organen, auf.
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Die Wissenschaft vermutet, dass der Hauptwirkstoff des Apfelessigs, die Essigsäure, den Stoffwechsel ankurbeln könnte. Essigsäure soll die Aktivität von Enzymen fördern, die für die Fettverbrennung verantwortlich sind, und gleichzeitig die Fett- und Zuckeraufnahme im Darm reduzieren.
Dr. Winfried Keuthage ist Ernährungsmediziner und Diabetes-Experte. Unserer Redaktion erklärt er: „Einigen Menschen hilft Apfelessig tatsächlich beim Abnehmen. Und es gibt auch eine schlüssige Erklärung dafür. Um die enthaltene Essigsäure zu verstoffwechseln, benötigt der Körper viel Energie. Essigsäure aktiviert das Enzym AMPK (AMP-aktivierte Proteinkinase). AMPK wiederum sendet das Signal, Körperfett zu verbrennen, statt es zu speichern.“
Auch Dr. Matthias Riedl, Diabetologe und Ernährungsmediziner, bestätigt: „Es gibt Hinweise darauf, dass nach der Einnahme von Apfelessig ein erhöhtes Sättigungsgefühl eintritt. Gleichzeitig reduziert Apfelessig den Appetit und kann dadurch zu einer verringerten Kalorienaufnahme führen.“
Bluthochdruck: Kann Apfelessig helfen?
Bluthochdruck ist ein weiterer Bereich, in dem Apfelessig angeblich Wunder wirken soll. Eine Tierstudie, veröffentlicht im Journal „Bioscience, Biotechnology and Biochemistry“, deutet darauf hin, dass Essigsäure den Blutdruck bei Mäusen senken kann. Die Mechanismen sind noch nicht vollständig verstanden, doch es wird vermutet, dass Essigsäure die Aktivität des Renin-Angiotensin-Systems, welches den Blutdruck reguliert, hemmen könnte.
Während diese Ergebnisse vielversprechend sind, gibt es bislang nur begrenzte Forschung an Menschen. „Es gibt auch kleinere Studien mit Menschen – allerdings mit einer unzureichenden Anzahl an Probanden“, erklärt Dr. Riedl. Jedoch seien groß angelegte Studien notwendig, um belastbare Aussagen treffen zu können. Patienten mit Bluthochdruck sollten daher nicht auf ihre Medikamente verzichten und den Konsum von Apfelessig am besten mit ihrem Arzt besprechen.
Verdauung fördern: Unterstützt Apfelessig den Magen?
Die Förderung der Verdauung ist eine der ältesten Anwendungen von Apfelessig. Bereits in der Antike wurde Essig als Verdauungshilfe genutzt. Moderne Studien legen nahe, dass Apfelessig den Magen-Darm-Trakt auf verschiedene Weisen unterstützen kann.
Essigsäure hat antibakterielle Eigenschaften, die schädliche Bakterien im Darm bekämpfen können. Zudem kann Apfelessig den pH-Wert des Magens regulieren, was die Verdauung von Proteinen unterstützt und die Produktion von Verdauungsenzymen anregen kann.
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„In einer Studie an Fischen konnte gezeigt werden, dass durch eine Nahrungsergänzung mit zwei Prozent Apfelessig, der Säuregehalt liegt bei fünf Prozent, die Aktivität von Verdauungsenzymen wie Protease, Lipasen und sauren Proteasen gesteigert werden konnte“, erklärt Dr. Riedl. Basierend auf den Ergebnissen der Studie könne man bis zu vier Prozent Apfelessig zum Fischfutter hinzufügen, empfiehlt der Mediziner. „Dies könnte die Immunität der Fische stärken und das Wachstum durch die Förderung von Wachstumshormonen unterstützen.“
Außerdem: Bei älteren Personen oder Personen mit wenig eigener Magensäure könne Apfelessig die Verdauung unterstützen, indem er die Magensäure erhöhe und somit die Nahrungsverdauung und Nährstoffaufnahme verbessere. Dabei sei egal, zu welcher Uhrzeit der Apfelessig eingenommen wird.
Apfelessig: weitere Vorteile und mögliche Risiken
Neben den bereits genannten Aspekten wird Apfelessig auch häufig eine blutzuckersenkende Wirkung zugeschrieben. Eine Studie, die im „Journal of Functional Foods“ veröffentlicht wurde, zeigte, dass Apfelessig nach einer kohlenhydratreichen Mahlzeit den Anstieg des Blutzuckerspiegels reduzieren kann. Das könnte besonders für Menschen mit Typ-2-Diabetes von Vorteil sein. Die genauen Mechanismen sind noch nicht vollständig geklärt. Aber es wird vermutet, dass Essigsäure die Aufnahme von Glukose im Darm verlangsamt.
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Dr. Keuthage erklärt: „Apfelessig scheint einen positiven Effekt auf den Blutzuckerspiegel zu haben. Als ergänzende Therapie kann es den Nüchternblutzucker-Spiegel und HbA1c-Wert verbessern. Es hat sich gezeigt, dass Essig biologische Eigenschaften besitzt, indem er die Bewegung von Kohlenhydraten durch den Magen-Darm-Trakt erleichtert, indem er einige Verdauungsenzyme unterdrückt.“ Ferner fördere die Essigsäure die Umwandlung Glukose zu Glykogen.“
Das heißt: Apfelessig kann helfen, den Blutzuckerspiegel zu stabilisieren. Wenn man Apfelessig in die Ernährung einbezieht, könne das den Zucker im Blut senken und die Langzeitblutzuckerwerte verbessern. Außerdem helfe er dabei, dass der Zucker im Körper besser gespeichert wird, anstatt den Blutzuckerspiegel zu erhöhen.
Greift Apfelessig den Zahnschmelz an?
Trotz dieser potenziellen Vorteile sollten die Risiken nicht übersehen werden. Der hohe Säuregehalt von Apfelessig kann den Zahnschmelz angreifen und bei übermäßigem Konsum zu Magenbeschwerden oder Sodbrennen führen. „Pures Trinken kann zu Verätzungen zweiten Grades der Speiseröhre führen. Da man es jedoch niemals pur trinken sollte, sondern nur zum Essen oder stark verdünnt mit Wasser, ist Essig unbedenklich auch auf die Zähne bezogen“, rät Dr. Keuthage.
Dazu sollten kranke Menschen, Jugendliche, Kinder und Schwangere mit ihrem Arzt über eine genauere Dosierung sprechen, rät Dr. Keuthage. „Wenn der Essig pur konsumiert wird, oder ohne Rücksprache mit dem behandelnden Arzt bei bekannten Erkrankungen, können Risiken nicht ausgeschlossen werden.“ Dr. Riedl betont: „Generell gilt: Apfelessig kann in Verbindung mit einer gesunden Ernährung unterstützend wirken.“ Ein übermäßiger Konsum könne zu Magenproblemen und Reizungen führen.
Apfelessig: gut für Haut, Haare und Nägel?
Dass Apfelessig für schöne Haut, Haare und Nägel sorgt, ist wohl ein Mythos. Vorteile für Haut und Haare seien nicht bekannt, meint Dr. Keuthage. Eher im Gegenteil: „Essig kann schädigend auf die Haut wirken. Es wird keine Anwendung auf die Körperoberfläche empfohlen.“
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Dr. Riedl erklärt hingegen, Apfelessig könne die Immunität des Körpers verbessern und dadurch teilweise auch zu einem verbesserten Hautbild führen. „Studien haben gezeigt, auch bei Alopezie können Kapseln mit Apfelessig und Knoblauchöl zu einer Verbesserung des Haarausfalls führen.“ Dazu könne Apfelessig als Spülung zu mehr Haarglanz führen, so der Experte.
Fazit Apfelessig: Kein Wundermittel, aber ein nützlicher Helfer
Insgesamt lassen sich zahlreiche potenzielle gesundheitliche Vorteile im Konsum von Apfelessig finden. Besonders im Bereich des Gewichtsmanagements, der Blutzuckerkontrolle und der Verdauung gibt es vielversprechende Hinweise. Allerdings ist Apfelessig kein Allheilmittel und sollte nicht als Ersatz für eine ausgewogene Ernährung und einen gesunden Lebensstil betrachtet werden.
Wichtig ist, dass der Konsum von Apfelessig maßvoll erfolgt und mögliche Nebenwirkungen sowie Wechselwirkungen mit Medikamenten beachtet werden. Dr. Riedl empfiehlt, ein bis zwei Esslöffel Apfelessig am Tag verteilt und mit Wasser verdünnt einzunehmen. „Wir empfehlen rund 30 ml am Tag, in die gesunde Ernährung integriert.“ Wer Apfelessig in seine tägliche Routine integrieren möchte, sollte dies bewusst und informiert tun – idealerweise in Absprache mit einem Gesundheitsexperten.
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