Berlin. Hafermilch liegt im Trend. Fachleute erklären, ob der Pflanzendrink eine gute Alternative zu Milch ist oder sogar dick macht.
- Pflanzliche Milchalternativen sind im Aufwind: Der Umsatz mit Milchalternativen in Deutschland soll in den nächsten Jahren weiter steigen
- Hafermilch vs. Kuhmilch: Was hat die höhere Nährstoffdichte, was überzeugt bei der Eiweißqualität und was kann sogar dick machen?
- Trotz der Vorteile pflanzlicher Milchalternativen sollten Verbraucher auf zugesetzte Inhaltsstoffe und den glykämischen Index achten
Unsere Essgewohnheiten ändern sich ständig. In den letzten Jahren haben wir Sushi-Burritos gerollt, cremigen Dalgona-Kaffee gemixt oder stundenlang vor kleinen Bäckereien für Cronuts, einer Kreation zwischen Croissant und Donut, angestanden. Doch oft verschwinden Food-Trends so schnell, wie sie gekommen sind. Andere hingegen werden zu festen Begleitern in unserem Alltag. Ein Trend, dem das gelungen ist, sind pflanzliche Milchalternativen. Die Gründe dafür sind vielfältig: Gesundheit, Klimaschutz und Tierwohl gehören zu den am häufigsten genannten.
Im Jahr 2022 lag der Umsatz mit Milchalternativen in Deutschland bei 610 Millionen Euro. Prognosen gehen davon aus, dass der Umsatz bis 2027 auf 1,21 Milliarden Euro steigen wird. Der Verbrauch von Kuhmilch ist dagegen gesunken: Laut dem Bundesinformationszentrum Landwirtschaft (BZL) ging der Pro-Kopf-Verbrauch 2021 um 2,2 Kilogramm zurück und lag mit 47,8 Kilogramm auf dem niedrigsten Wert seit 1991. Dennoch ist die deutsche Milchindustrie ein Wirtschaftsgigant: Im Jahr 2022 setzte sie rund 37,3 Milliarden Euro um.
Hafermilch versus Kuhmilch: Ein ganz anderes Lebensmittel
Laut einer Marktforschungsumfrage aus dem Jahr 2021 greifen rund drei Viertel der Befragten am liebsten zu Haferdrink als Milchersatz. Doch immer wieder werden Stimmen laut, die Hafermilch und vegane Milchalternativen als minderwertigen Ersatz für Kuhmilch kritisieren. Aber ist Kuhmilch wirklich so gesund? Oder sollten wir der Gesundheit zuliebe doch besser zu pflanzlichen Alternativen greifen?
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„Die Frage ist nicht so einfach zu beantworten“, meint Prof. Dr. Stefan Lorkowski, Lehrstuhlinhaber für Biochemie und Physiologie der Ernährung an der Friedrich-Schiller-Universität in Jena. „Grundsätzlich muss man wissen, dass Hafermilch ein anderes Lebensmittel ist als Kuhmilch. Aus ernährungsphysiologischer Sicht ist sie keine Alternative, denn Pflanzendrinks haben alle eine ganz andere Nährstoffzusammensetzung als Milch. Sie stellen im Prinzip eine neue Gruppe von Lebensmitteln dar.“
Da es aktuell noch keine Langzeitstudien zum Konsum von Pflanzendrinks gibt, ließe sich aus wissenschaftlicher Sicht bislang nicht beurteilen, ob der langfristige Konsum mit positiven oder negativen Effekten einhergeht.
Nährstoffe im Vergleich: Was Haferdrinks von Kuhmilch unterscheidet
Klar ist: Kuhmilch hat im Vergleich zu veganen Milchalternativen eine höhere Nährstoffdichte. Das bestätigt auch eine Untersuchung von Barbara Walther, Leiterin der Forschungsgruppe Humanernährung, Sensorik und Aroma bei der Forschungsanstalt Agroscope. Sie und ihr Team untersuchten 27 Pflanzendrinks.
Die Forschenden stellten fest, dass Kuhmilch Pflanzendrinks nicht nur hinsichtlich der Nährstoffdichte, sondern auch hinsichtlich der Qualität des enthaltenen Eiweißes überlegen ist. Nur in Sojadrinks sind ähnliche Eiweißmengen enthalten, jedoch minderer Qualität: Sojadrinks enthalten 3 bis 4 Gramm Eiweiß pro 100 Milliliter, Vollmilch rund 3,4 Gramm, Hafermilch nur rund 0,6 Gramm.
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Außerdem ist Milch eine reichhaltigere Quelle für Mikronährstoffe wie Kalzium, Jod, Vitamin B2, Pantothensäure und Biotin. Bei Pflanzendrinks werden diese häufig von den Herstellern zugesetzt, da die Milchalternativen sie von Natur aus nicht enthalten. „Das Problem ist hier die Vergleichbarkeit“, sagt Stefan Lorkowski. „Jeder Hersteller entscheidet selbst, wie und ob er das Produkt mit ausgewählten Nährstoffen anreichert. Gesetzliche Vorgaben gibt es nicht.“
Bei Hafermilch auf zugesetztes Kalzium achten
Wer Kuhmilch durch Milchalternativen ersetzt, sollte laut Antje Gahl, Ökotrophologin und Leiterin Öffentlichkeitsarbeit der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE), neben dem Proteingehalt vor allem die kritischen Nährstoffe Kalzium, Vitamin B12 und Jod im Blick behalten. Gahl empfiehlt, zu Pflanzendrinks zu greifen, denen Kalzium zugesetzt ist. Dies sei besonders wichtig, wenn generell auf Milchprodukte verzichtet werde.
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Ob man auf allen Ebenen optimal versorgt ist, zeigt ein Blutbild, das man meist kostenpflichtig beim Hausarzt erstellen lassen kann. Für eine ausreichende Versorgung mit Kalzium hat Stefan Lorkowski einen Tipp: kalziumreiches Leitungs- oder Mineralwasser. „‚Hartes‘ Wasser, bei dem der Wasserkocher schnell verkalkt, ist eigentlich ein ‚gutes‘ Wasser, sofern es sauber und unbelastet ist. Es enthält viel Magnesium und Kalzium“, erklärt der Experte. Gut seien auch Mineralwässer mit 250 mg/l Kalzium oder mehr.
Blutzuckerspiegel: Hafermilch nie pur in großen Mengen trinken
Laut Stefan Lorkowski sollte man außerdem wissen, dass es sich bei Pflanzendrinks um hochverarbeitete Produkte handelt, die man in Maßen konsumieren sollte. Sein Rat ist ein Blick auf die Zutatenliste: Vermeiden sollte man Produkte mit zugesetztem Zucker, Aromen und anderen Zusatzstoffen.
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Da Hafermilch aus Hafer und der darin enthaltenen Stärke – also aus Kohlenhydraten – besteht, hat der Drink eine erheblich höhere glykämische Last als Kuhmilch. Er lässt also den Blutzuckerspiegel schneller ansteigen. Das kann etwa eine Gewichtszunahme und langfristig die Bildung von Diabetes Typ 2 begünstigen. Experten raten daher davon ab, größere Mengen pur am Morgen zu trinken. Besser sei es, Haferdrinks als Zutat im Müsli zu verwenden. Das Zusammenspiel mit Vollkorngetreide, Fett und Nüssen verringere den Blutzuckeranstieg.
Fazit: Hafermilch und Kuhmilch mit Vor- und Nachteilen
Grundsätzlich sind sich Antje Gahl und Stefan Lorkowski einig: Im Rahmen einer ausgewogenen Ernährung spricht nichts dagegen, statt Kuhmilch einen Haferdrink oder ein ähnliches Produkt zu verwenden. Wichtig ist ein maßvoller Verzehr.
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Der Verzehr in Maßen gilt im Übrigen auch für Kuhmilch: Die Zufuhrempfehlung der DGE liegt bei 200 bis 250 Gramm Milch und Milchprodukten pro Tag. Wer diese Menge überschreitet, nimmt – zumindest mit Vollfett-Varianten – zwar viele Nährstoffe, aber auch viele Kalorien zu sich. Zudem steht Milch laut einer Studie der Harvard Medical School im Verdacht, das Risiko für Prostatakrebs zu steigern, wenn Männer täglich größere Mengen davon konsumieren.