Berlin. Die Liebe ist noch da und eine Trennung trotzdem unumgänglich? Was hilft und warum es sich lohnt, das Gefühl genauer zu betrachten.
Wenn das Herz zwar liebt, aber der Verstand oder andere Umstände sagen: Stopp, so geht die Beziehung nicht weiter – was dann? Eine Trennung trotz Liebe mag erst einmal widersprüchlich oder gar unmöglich erscheinen. Doch wenn das Zusammensein nicht funktioniert, hilft auch das Gefühl der Liebe nicht weiter.
Laut einer US-amerikanischen Studie aus 2017 trennten sich die meisten Paare bereits innerhalb ihres ersten Beziehungsjahres. Bei unverheirateten Paaren sank das Trennungsrisiko der Untersuchung zufolge jedes Jahr um zehn Prozent. Offenbar trennen sich Paare also auch trotz sogenannter rosa-roter Brille in der anfänglichen Verliebtheitsphase.
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Liebe ist noch da – warum Beziehungen trotzdem scheitern
Daniela van Santen, Beziehungscoach aus Hamburg, erklärt: „Es ist natürlich komplett individuell, wann und warum Beziehungen auseinander gehen.“ Vielleicht sei die Liebe nach all den Jahren bei dem anderen auch einfach verschwunden. Da müsse man sich auch als noch liebender Partner die Frage stellen: „Will man wirklich mit jemanden weiter zusammen sein, der einen nicht mehr liebt?“
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Vielleicht sei die Liebe auch noch auf beiden Seiten da, aber die Konflikte in der Beziehung ließen sich nicht mehr lösen. „Oder die Bedürfnisse der Partner sind nach all den Jahren komplett unterschiedlich und man findet nicht mehr zusammen“, so die Expertin. Schließlich würden wir uns ein Leben lang verändern: „Die Kinder ziehen aus und wir entwickeln uns weiter. Manchmal entwickeln wir uns aber auch auseinander.“ Auch wenn die Liebe da sei, reiche das dann nicht für eine glückliche, erfüllte Beziehung.
Darüber hinaus gibt es weitere – schwerwiegende Gründe – ein Liebe nicht zu leben, egal, wie groß sie sei. Wenn psychische und oder physische Gewalt im Spiel sind, dann müsse man sich trennen – trotz Liebe. Van Santen nennt weitere Beispiele: „Es gibt Paare, die so unterschiedliche Wünsche an eine Beziehung haben, dass es einfach nicht passt.“ Das fange schon bei einfachen Dingen an, wie: „Der eine will auf dem Land leben, der andere in der Stadt. Oder ein Paar hat ganz unterschiedliche sexuelle Neigungen, die nicht miteinander vereinbar sind.“
Liebe ist nicht immer Liebe
Zudem sei wichtig, beim Gefühl der Liebe genau hinzuschauen: „Manchmal fühlt sich etwas wie Liebe an und ist eigentlich eher die Angst vor dem Alleinsein“, warnt die Beziehungsberaterin. Oder das, was man für Liebe halte, sei gar keine Liebe mehr, sondern einfach nur eine Abhängigkeit vom anderen Partner.
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Wenn man merke, dass wirklich noch Liebe da ist, aber äußere Faktoren die Trennung unvermeidlich machen, könne das sehr schwierig und schmerzhaft sein, sagt Wanja Kunstleben, Paartherapeut und Psychologe. Manchmal müsse man lange – womöglich auch mit therapeutischer Hilfe – daran arbeiten, die Trennung trotzdem zu akzeptieren. Der Experte erklärt: „Das kann ein langwieriger Prozess sein, bis man innerlich wieder offen für neue Partnerschaften wird.“
Auf der anderen Seite kennt der Therapeut laut eigener Aussage aber auch viele Paare, die aus der romantischen Liebe eine freundschaftliche schaffen konnten. Es gebe also dann noch eine Beziehung, aber keine Partnerschaft mehr – denn Liebe müsse nicht nur darauf begrenzt sein. „Man kann sich dem anderen auch auf anderem Wege innerlich verbunden fühlen“, betont Kunstleben.
Trennung trotz Liebe verarbeiten – das rät Expertin
Eine Trennung trotz noch vorhandener Liebe ist also nicht einfach. Beziehungscoach van Santen hat vier wichtige Tipps:
1. Zeit geben
„Wenn man sich trotz Liebe trennt, muss man sich Zeit zum Loslassen geben. Viele Menschen denken, sie haben die Entscheidung getroffen und können dann direkt abschließen. Es braucht aber einfach Zeit zum Trauern und Verarbeiten. Das gilt es, zu akzeptieren. Loslassen ist nichts, was man aktiv herbeiführen kann. Nach der Trennung verläuft man verschiedene Phasen. Dazu zählt auch eine Zeit, in der man den Partner noch einmal idealisiert und vielleicht auch zurückwünscht. Das ist ganz normal und diese Phase geht wieder vorbei. Das muss man leider einfach aussitzen und sollte in dieser Zeit nicht wieder zum Partner zurückrennen.“
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2. Fragen notieren
„Wenn man nach der Trennung noch viele offene Fragen hat, kann man diese vorher notieren und dann erst einmal sechs bis acht Wochen abwarten, bevor man ein Gespräch vom Ex-Partner verlangt. Wenn Zeit ins Land zieht und man Abstand gewinnt, verschwinden viele Fragen und Unverständnis von allein. Die wenigen Fragen, die noch übrigbleiben, kann man – wenn man das überhaupt noch möchte – dann im Rahmen eines Gesprächs klären.“
3. Nicht immer neu durchleben
„Es bringt nichts, die Trennung nach Wochen immer wieder ausführlich mit Freunden durchzukauen, dann dreht man sich im Kreis. Trotzdem ist es super wichtig, darüber zu reden. Aber irgendwann bringt das nichts mehr, nervt Freunde nur noch und holt immer wieder die gleichen Gefühle und Fragen hoch. Am besten versucht man, Freunden am Anfang des Gesprächs eine Kurzfassung zu geben und dann das Thema wechseln.“
4. Erinnerungsorte meiden
„Ich empfehle, während und nach der Trennung, für ein paar Wochen oder Monate Erinnerungsorte zu meiden. Also zum Beispiel ein Restaurant, in dem man gerne mit seinem Partner war. Das holt meistens nur alte Gefühle wieder hoch oder lässt einen melancholisch werden.“
Trennung: Befreundet bleiben oder Kontaktabbruch?
Sollte man nach der Trennung weiter Kontakt halten? „Grundsätzlich ist ein Kontaktabbruch erst einmal gut“, findet Psychologe Kunstleben. Sei etwas Zeit nach der Trennung ins Land gezogen, könne man sich auch wieder mit seinem Ex-Partner treffen. „Zu Beginn hilft es erfahrungsgemäß den meisten, einfach Zeit für sich zu haben“, so der Experte weiter. „Es ist auch nicht unbedingt ratsam, sich direkt in die nächste Beziehung zu werfen – aber da spielt manchmal das Leben anders, und wer sich neu verliebt, kann diesen Rat nicht immer befolgen.“ Alleine könne man aber erst einmal alle seine Gefühle in Ruhe sortieren.
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Doch selbst, wenn etwas Zeit ins Land gezogen sei, sei eine Freundschaftmit dem Ex-Partner oder der Ex-Partnerin nicht immer möglich oder gar sinnvoll, so der Experte. „Wenn beim anderen noch der Partnerwunsch bestehen bleibt, dann wird es kompliziert“, warnt Kunstleben. Dann sei Abstand – so schmerzhaft das auch sein mag – die einzige Lösung.