Berlin. Die meisten Menschen sehnen sich nach der einen großen Liebe im Leben. Doch die Wissenschaft macht dem einen Strich durch die Rechnung.

  • Die Psychologie sagt: Verlieben ist kein einmaliges Ereignis, sondern geschieht dreimal im Leben
  • Jede der drei Liebesphasen prägt uns auf unterschiedliche Weise und verändert unsere Vorstellungen von Beziehungen
  • Darüber hinaus offenbaren die drei Phasen der Liebe unsere tiefsten emotionalen Bedürfnisse

Die wahre Liebe – wer sehnt sich nicht danach? Laut einer Umfrage der Datenplattform Statista aus dem Jahr 2016 glauben 74 Prozent der Deutschen an die Liebe fürs Leben. Dabei gibt es laut wissenschaftlichen Erkenntnissen nicht nur die eine große Liebe. Glaubt man der Psychologie, verlieben sich Menschen gleich dreimal im Leben – allerdings auf unterschiedliche Weise. Das steckt hinter der Theorie.

Beziehung: Die Theorie der „Drei Lieben“

Die 77-jährige amerikanische Anthropologin Helen Fisher hat über die Liebe geforscht und mehrere Bücher zum Thema geschrieben. In einer Studie mit 17 leidenschaftlich Verliebten, deren Liebe erwidert wurde, und 15 leidenschaftlich Verliebten, die gerade verlassen wurden, fand sie mit Hilfe der Magnetresonanztomographie (MRT) heraus, dass Menschen sich vor allem aus drei Gründen verlieben: Lust, Romantik und Bindung. Jedes dieser Bedürfnisse, so Fisher, könne stellvertretend für drei Stadien der Liebe verstanden werden, die jeder Mensch im Laufe seines Lebens durchläufe.

Das bedeutet aber nicht, dass eine Phase nicht auch mit mehreren Partnern durchlaufen werden kann – oder auch alle drei Phasen mit derselben Person:

Das sind die drei Stadien der Liebe, wie sie Helen Fisher in ihrer Arbeit über die romantische Liebe definiert hat:

Die leidenschaftliche erste Liebe

An die erste Liebe erinnert sich jeder, als wäre es gestern gewesen. Denn mit dieser Person wurden viele erste Erfahrungen geteilt, ob sexuell oder emotional. Im Rückblick erscheint die Beziehung oft naiv, aber auch wunderbar unbeschwert. Das liege laut Fisher vor allem daran, dass man in der ersten Liebe keine Erwartungshaltung habe.

Weil alles neu und unerfahren sei, sehen Verliebte die Welt durch eine rosarote Brille und klammerten sich an die Vorstellung, dass diese Beziehung für immer hält, so die Theorie. Doch am Ende bleibe die erste große Liebe eine romantisierte Illusion, die nur deshalb bestehen könne, weil das Verlangen und die Besessenheit nach der ersten Liebe die Rationalität überwögen, so Fisher in einem Ted Talk.

Romantic boyfriend kissing on happy girlfriend's forehead
Laut Anthropologin Helen Fisher ist erste große Liebe eine romantisierte Illusion – und nichts von Dauer. Das Gute: Es folgen demnach weitere Phasen der Liebe, die ebenfalls ihren Reiz haben. © iStock | Timm Creative

Die romantische zweite Liebe

Auch die zweite Liebe entspringt laut Fisher dem menschlichen Bedürfnis, einen Partner zu finden, mit dem man sich näher kommen kann. Der Umgang mit der zweiten großen Liebe ist jedoch ein ganz anderer: Eine kritischere Haltung macht sich breit und es werden Vergleiche angestellt. Mit dem Versuch, den Partner zu verändern und an der Beziehung zu arbeiten, gehe auch die Leichtigkeit der romantischen Liebe verloren, so die Expertin.

Die zweite Liebe, erklärt Fisher, sei daher von einem ständigen Auf und Ab der Gefühle geprägt. Sie gleiche einer emotionalen Achterbahnfahrt, bei der kaum Zeit zum Durchatmen bleibe, bevor es im freien Fall wieder abwärts gehe. Man streitet sich, tut sich weh, kämpft um die Beziehung, versöhnt sich leidenschaftlich und fängt wieder von vorne an. Die romantische Liebe sei schließlich das, was die Menschen neben der Lust am meisten in den Wahnsinn treibe, meint die Anthropologin.

Die reife dritte Liebe

Auch die dritte Form der Liebe ist alles andere als perfekt. Sie begegnet den Menschen laut Fisher meist dann, wenn sie schon nicht mehr an die wahren Liebe glauben. Und sie entspreche auch nicht dem, was sie sich immer unter wahrer Liebe vorgestellt hätten, so die Wissenschaftlerin. Aber die reife Liebe sei zumindest ehrlich.

Mehr aus der Serie „Meine erste Liebe“

Sie kommt ohne künstliches Drama aus, ist demnach aber von echten, partnerschaftlichen Gefühlen geprägt. Diese Form der Liebe lehre, den anderen so zu akzeptieren, wie er oder sie ist, so Fisher. Die Erklärung der Expertin: Durch die vorausgegangenen Erfahrungen sei man auch mit sich selbst im Reinen. So entstehe mit der Zeit eine Form der Verbundenheit, die sich durch eine starke emotionale Bindung, aber auch durch Ruhe und stille Liebe auszeichne. Fisher nennt dies ein „gutes Design der Natur“. Denn Verbundenheit sorge dafür, dass man zusammenbleibt, auch wenn es in der Beziehung schwierig werde.