NRW. Immer mehr Menschen in NRW interessieren sich für Lastenräder. Was an dem Trend dran ist und was Sie vor einem Kauf beachten sollten.
- Lastenräder: Immer häufiger sieht man sie auf den Straßen in NRW.
- Wie steht es um die Verkehrssicherheit und welche Regeln gelten für die Zweiräder?
- Was Sie zu den Trend-Bikes wissen sollten, wir haben einige wertvolle Tipps.
Für manche Menschen sind sie eine Alternative zum Auto, für andere sogar Inbegriff der Verkehrswende: Lastenräder boomen und man sieht immer mehr Menschen mit den langen Zweirädern auf der Straße. Doch einige Rückrufe werfen auch Fragen zur Sicherheit dieser Räder auf - zumindest zur Sicherheit mancher Angebote.
Was müssen Besitzer und Interessierte über das Fortbewegungsmittel wissen? Unsere Redaktion hat alle Informationen zu Fahrsicherheit, Kosten und den Regeln im Straßenverkehr zusammengetragen.
Was ist ein Lastenrad?
Das Lastenrad ist länger und breiter als ein gewöhnliches Fahrrad und unterscheidet sich von diesem auch durch die Straßenlage. Hinzu kommt: Es zeichnet sich durch eine stabile Bauart aus, die An- und Aufbauten ermöglicht. Neben der Bezeichnung des Lastenrads werden synonym auch die Begriffe des Transport- oder des Cargorads beziehungsweise -bikes genutzt.
Im Gespräch mit unserer Redaktion erklärt ein Sprecher des ADFC, dass Lastenräder derzeit einen „Boom“ erleben. Der Grund: „Mit ihnen lassen sich auch größere Einkäufe bequem transportieren.“ Allerdings werden sie ebenfalls zum Transport von Kindern zunehmend beliebter, sind also besonders bei Familien begehrt. „Mit Lastenrädern ist man schnell in der Stadt unterwegs, nutzt eine klimafreundliche Alternative zum Auto.“
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Für wen sind Lastenräder geeignet?
Doch nicht nur Familien nehmen die Vorteile des Lastenrades in Anspruch. Nach Angaben des ADFC nutzen Gewerbetreibende sowie Handwerksbetriebe ebenfalls Cargobikes, sofern leichtes Material schnell, umweltfreundlich und ohne langwierige Parkplatzsuche in der Stadt transportiert werden muss. „Die Deutsche Post hat es schon vor vielen Jahren vorgemacht“, so der ADFC. „Sie stellt Briefe und Pakete mit Tausenden von Lastenrädern zu. Sie gehören zu den Pionieren.“
Gerd Lemken, Geschäftsführer der Fahrradläden „Puntavelo“, unterstreicht die Aussagen des ADFC: „Wir haben circa 50 Prozent private und 50 Prozent gewerbliche Kunden.“ Dabei seien einerseits junge Frauen, andererseits die Handwerksbetriebe die „Mobilitätswandler“ – also diejenigen, die als Erstes vom Auto auf das Lastenrad umstellen.
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Welche Modelle von Lastenrädern gibt es?
Wer nun denkt: Lastenrad ist gleich Lastenrad, liegt falsch. Tatsächlich gibt es mehrere Formen des Cargobikes, die jeweils ihre individuellen Vorzüge haben. „Es gibt verschiedene Bauarten, die für unterschiedliche Zwecke geeignet sind“, erklärt der Sprecher des ADFC – darunter auch Lastenräder mit E-Motor.
- Das bekannteste unter den Lastenrädern ist das sogenannte „Trike“. Es hat meist drei Räder – eins hinten, zwei vorne, wobei die Ladebox ebenfalls auf der Vorderseite angebracht ist. Häufig wird es mit dem Klassiker unter den Rädern, dem Christiania Bike aus Kopenhagen, in Verbindung gebracht.
- Ein anderes Modell ist das „Long John“. Seinem Namen entsprechend ist das Cargobike deutlich länger als andere, hat also einen verlängerten Radstand – ist dabei jedoch nur unwesentlich breiter als ein reguläres Fahrrad. In der Regel hat es lediglich zwei Räder. Laut dem ADAC ist es eher für einen sportlichen Fahrstil geeignet. Dennoch: Mit dem Modell lassen sich bis zu 100 Kilogramm umherfahren.
- Ähnlich auffällig ist das „Bäcker- oder Postfahrrad“. „Es sind Lastenräder mit großem Korb vorne“, stellt der ADFC klar. Besonders für leichte Waren sei es vorgesehen.
- Das Modell „Backpacker“ kommt optisch ebenfalls nah ans „normale“ Fahrrad heran. Dabei macht der große Gepäckträger das Lastenrad als solches erkennbar. Speziell für große Transporte ist der zweirädrige Backpacker gut geeignet. „Hier können zum Beispiel zwei Kindersitze hintereinander, große Fahrradtaschen oder lange Gegenstände transportiert werden“, so der ADFC. Geschäftsführer Lemken ergänzt, dass der Backpacker derzeit, vor allem in Berlin, im Trend liege.
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Worauf sollte man beim Kauf von Lastenrädern achten?
Im Grunde gibt es eine zentrale Entscheidung, die beim Kauf eines Lastenrades getroffen werden muss: Was soll wo mit dem Rad transportiert werden? Von dieser Frage ausgehend geht die Auswahl des perfekten Lastenrads bereits in eine bestimmte Richtung.
Aus Erfahrung spricht ebenfalls Gerd Lemken: Ihm zufolge sollten Fahrstabilität, Bremsverhalten und die Wertigkeit des Rades beim Kauf beachtet werden. „Babboe hatten wir nie im Programm“, sagt Lemken und verweist damit auf den niederländischen Hersteller, der zuletzt negativ wegen gebrochener Fahrradrahmen aufgefallen war und kostengünstige Lastenräder vertreibt. Für einige der Modelle gilt weiterhin ein Rückruf, die Sicherheit der Kunden kann derzeit nicht gewährleistet werden.
Für schwere Ladungen sind einspurige Lastenräder, also solche mit zwei Rädern, weniger gut geeignet. Denn darunter könne die Fahrstabilität leiden und die Fahrt unruhiger werden, heißt es vom ADFC. Ein Pluspunkt: „Damit komme ich gut durch enge Stellen.“ Schließlich sei die Ladefläche nur so breit wie der Lenker.
Für den teils gedrängten Stadtverkehr kommen demnach einspurige Räder eher infrage. „Einspurig bedeutet auch mehr Fahrradfahren“, sagt Lemken. Damit könne man „auch mal in die Kurve gehen“.
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Im Gegensatz dazu stehen die zweispurigen Lastenräder, die laut dem ADFC deutlich stabiler stehen und fahren. „Das ist nicht immer so“, relativiert der Geschäftsführer von Puntavelo. Dennoch: Die Fahrt fühlt sich an „wie auf Schienen“. Dadurch können die Fahrer größere Lasten befördern, ohne dass das Rad kippt. „Durch die großen und breiten Transportkisten können sogar zwei Kinder nebeneinander transportiert werden“, erklärt der ADFC.
Wie viel kosten Lastenräder?
Die Preise von Lastenrädern variieren stark. Dabei sind die günstigsten Modelle ab knapp 1000 Euro erhältlich. Bei hochwertigen Rädern, die schwere Lasten tragen oder sogar einen E-Motor besitzen, steigen die Preise. Je nach Modell kostet ein Lastenrad dann 2000 bis 10.000 Euro.
Fahrrad-Experte Lemken zufolge müssten Kunden für ein Lastenrad mit „vernünftiger Technik“ zwischen 4500 und 5000 Euro ausgeben. „10.000 Euro muss nicht sein“, fügt er hinzu. Zudem kauft die Mehrheit seiner Kunden Räder mit E-Motor (80 Prozent) – lediglich ein Fünftel ist ohne zusätzlichen Antrieb unterwegs.
Wie sicher sind Lastenräder?
Im Februar hatte der niederländische Lastenräder-Hersteller „Babboe“ für Aufsehen gesorgt: Die Firma startete einen internationalen Rückruf und gab den Verkaufsstopp für seine Cargobikes bekannt. Hintergrund der Aktion war, dass bei einigen Rädern in den Niederlanden die Rahmen gebrochen seien. Das daraus folgende Sicherheitsrisiko bedeutete für alle Kunden, die Lastenräder aus Vorsicht nicht mehr zu benutzen.
Wie schätzt der ADFC die Aktion von Babboe ein? „Lastenräder gelten weiterhin als sicher.“ „Daran ändern auch die Probleme eines einzelnen Herstellers mit besonders günstigen Lastenrädern nichts.“ Vielmehr seien dem ADFC keine vergleichbaren Fälle anderer Produzenten bekannt.
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Die Sicherheit der Cargobikes wurde im vergangenen Jahr von der Prüfgesellschaft Dekra getestet. Hierzu kollidierte ein PKW mit 50 km/h mit einem stehenden Lastenrad – darin saß ein Test-Dummy. Das Ergebnis zeigte: Der Dummy wurde meterweit vom Rad geschleudert. „Zur Einordnung muss man sagen, dass der gleiche Test mit einem Rollstuhl, einem Kinderwagen oder einem Rollator die gleichen schockierenden Bilder erzeugt hätte“, gibt der ADFC bekannt.
Um die Reaktionsfähigkeit von Autofahrerinnen und Autofahrern zu verbessern, schlägt der ADFC sowohl „Tempo 30“ innerorts vor, als auch geschützte Radwege und getrennte Ampelphasen, die Unfälle beim Abbiegen vermeiden sollen. Allerdings ist die Sicherheit, beispielsweise der mitfahrenden Kinder, auch von entsprechenden Vorkehrungen der Eltern abhängig.
Ein weiteres Sicherheitsrisiko sind laut Gerd Lemken Verkehrsinseln, die zum Teil zu klein für die langen Lastenräder sind. Steht das Rad nicht vollständig darauf, sind Fahrer und Fracht durch den Verkehr gefährdet. Ähnlich wie bei Pkw müssen auch Lastenräder regelmäßig geprüft und gegebenenfalls repariert werden. „Es kommt darauf an, wie gut Sie ihr Rad pflegen“, sagt Lemken. Dennoch seien abgenutzte Bremsen nach circa 2000 bis 2300 Kilometern Fahrt die häufigste Ursache für Reparaturen.
Wie sicher sind Lastenräder für Kinder?
Ob Kinder im Lastenrad mitfahren dürfen, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Somit müssten die Cargobikes grundsätzlich für den Transport von Kindern zugelassen sein. Dem Sprecher des ADFC zufolge benötigen mehrspurige Lastenräder entweder eine Feststellbremse oder einen Fahrradständer. „Für jedes beförderte Kind muss ein Sitzplatz und ein Gurtsystem vorhanden sein“, so der Experte.
Gleichzeitig sollten die Sitze so angeordnet sein, dass die Kinder nicht in die Speichen greifen können oder durch herumfliegende Gegenstände gefährdet sind. „Da Kinder einen natürlichen Bewegungsdrang haben, müssten sie davor geschützt werden, während der Fahrt aufzustehen oder gegen den Rahmen der Transportbox zu stoßen“ – am einfachsten gelingt dies durch einen geeigneten Fahrradhelm.
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Eine Altersgrenze zur Mitnahme im Lastenrad gibt es nicht. Stattdessen gilt, dass die Personen das zulässige Gewicht, das mit dem Rad befördert werden darf, nicht überschreiten. Und: Die Sicherheit muss gewährleistet sein.
Ein Tipp des ADFC soll dabei helfen: „Erste Testfahrten würde ich ohne Kinder machen und stattdessen zum Beispiel ähnlich schwere Zuladungen ausprobieren. Am besten eignet sich ein großer, leerer Parkplatz am Wochenende, um Wendekreis, Beschleunigung, Stabilität, Kurvenverhalten und Bremsen zu üben“, heißt es vom ADFC.
Wer wissen möchte, ob das eigene Lastenrad für Kinder geeignet ist, könne zumeist einfach einen Blick in die Bedienungsanleitung werfen. Alternativ helfe es, sich beim Fahrradhändler zu erkundigen.
Sollten Kinder im Lastenrad am besten vorne oder hinten sitzen?
Wer sein Kind während der Fahrt immer im Blick haben möchte, sollte auf ein Lastenrad mit Ladefläche im vorderen Bereich setzen. So könne darauf geachtet werden, dass das Kind sich nicht abschnallt oder den Helm ablegt.
Haben Lastenräder eine Isofix-Anbindung?
Tatsächlich ist in vielen Lastenrädern, die für die Mitnahme von Kindern gedacht sind, standardmäßig eine Isofix-Anbindung eingebaut. „Die meisten haben Isofix“, sagt Experte Lemken. Und erklärt: „Damit funktioniert das Lastenrad auch in der Hinsicht als Autoersatz.“ Schließlich passt der Kindersitz aus dem Familienauto dann genauso gut auf das Cargobike.
Was sind die häufigsten Unfallursachen von Lastenrädern?
Bislang werden Statistiken zu Unfällen mit Lastenrädern noch nicht erfasst. „Es wäre wichtig, auch hier mehr Datenmaterial zu sammeln“, erklärt der ADFC. Es gilt die Vermutung, dass „die Unfallursachen ähnlich wie bei Fahrrädern oder elektrisch unterstützten Pedelecs (E-Bikes) auf eine fehlende oder schlechte Radinfrastruktur zurückzuführen“ ist.
Problematisch seien dabei sowohl plötzlich endende Wege als auch solche in schlechtem Zustand. Der Sprecher des ADFC stellt einen Vergleich an: „Wenn schon mit dem herkömmlichen Fahrrad die Einkäufe im Fahrradkorb durchgeschüttelt werden, kann man sich vorstellen, wie es Kindern auf dem Fahrradsitz oder im Lastenrad geht.“
Welche Regeln gelten für Lastenräder im Straßenverkehr?
Für Fahrer von Lastenrädern gelten im Allgemeinen die gleichen Rechte und Pflichten wie für Radfahrer. Allerdings gibt es zusätzlich eine DIN-Norm mit den Anforderungen an Lastenräder. Letztere sollen den Radweg benutzen, es sei denn, sie sind zu breit dafür.
Im Gegensatz zu regulären Fahrrädern dürfen Cargobikes auf der Fahrbahn abgestellt werden, jedoch auch auf dem Gehweg, wenn dadurch keine Fußgänger eingeschränkt werden. Wie bereits erläutert, sollten Ladungen und Mitfahrende wie Kinder oder Tiere ordentlich durch Gurte gesichert sein und vor umherfliegenden Gegenständen geschützt werden.
Anmerkung der Redaktion: Der Artikel wurde am 23.4.2024 zum ersten Mal veröffentlicht. Der Pressesprecher des ADFC, mit dem wir zum Thema gesprochen hatten, arbeitet inzwischen nicht mehr für den ADFC. Wir haben daher seinen Namen auf Wunsch des ADFC aus dem Artikel entfernt.