Düsseldorf. Nach fetten Jahren blickt das NRW-Handwerk sorgenvoll ins weitere Jahr. Es gibt zwar Wachstum, doch die zentrale Branche schwächelt.
Die am Boden liegende Baukonjunktur setzt dem nordrhein-westfälischen Handwerk immer stärker zu. Für das laufende Jahr rechnen die Handwerksbetriebe über alle Branchen mit einer Halbierung des Umsatzwachstums und einem weiteren Abschmelzen des Personalbestands. Zurzeit gibt das Handwerk etwa 1,16 Millionen Menschen in NRW Arbeit. „Es ist so, dass sich die Lage zuspitzt“, sagte NRW-Handwerkspräsident Andreas Ehlert am Freitag.
Der Bausektor, der etwa die Hälfte aller handwerklichen Umsätze beisteuert, hatte für einen jahrelangen Boom gesorgt. Volle Auftragsbücher und die starke Inflation des Vorjahres hätten darüber hinweggetäuscht, dass das Handwerk sogar etwas stärker eingebüßt habe als die deutsche Gesamtwirtschaft, so Ehlert.
NRW-Handwerk: Nur die meisterfreien Branchen treiben die Zahl der Unternehmen
Inzwischen herrscht Ernüchterung. Bis auf wenige Gewerke, die unmittelbar mit der Energiewende zu tun hätten, blickten die Betriebe sorgenvoll auf den weiteren Jahresverlauf. Wichtige Investitionen in Zukunftstechnologien würden zurückgestellt. Die Zahl der nordrhein-westfälischen Handwerksbetriebe soll 2024 zwar noch einmal leicht von 197.080 auf 197.785 wachsen, doch kommen offenbar vorwiegend meisterfreie Betriebe aus dem Dienstleistungsbereich wie Gebäudereinigung oder Kosmetik hinzu.
Umsatzstarke Baufirmen hingegen kämpfen mit der Auftragsflaute. Dabei sollten bundesweit eigentlich 400.000 neue Wohnungen pro Jahr gebaut werden. „Wir verfehlen die Ziele des Wohnungsbaus massiv“, warnte Ehlert. Das Handwerk fordert umfassende Bemühungen von Bund und Land, das Bauen wieder billiger zu machen, um Investitionen anzuschieben.
NRW-Rohstoffabgabe und Grunderwerbsteuer sind den Handwerken ein Dorn im Auge
Als erster Schritt in die richtige Richtung wird die Einführung der „Kleinen Bauvorlage“ in der neuen Landesbauordnung gelobt. Seit Jahresbeginn dürfen in NRW auch Maurer oder Zimmerer mit Meisterbrief einen Bauantrag stellen und müssen keinen Ingenieur oder Architekten mehr zwischenschalten. Ehlert forderte die schwarz-grüne Landesregierung auf, auch die hohe Grunderwerbsteuer endlich abzusenken und die geplante Rohstoffabgabe auf Sand und Kies vom Niederrhein fallenzulassen.
Die neue Abgabe, die eigentlich schon zum 1. Januar kommen sollte, verteuert nach Einschätzung der Handwerker bloß das Bauen und werde keinen Umwelteffekt haben. Rohstoffe würden „dann halt von weiter her beschafft“, prophezeite Ehlert.
Als Lichtblick in der Krise wird im NRW-Handwerk die Zahl der Auszubildenden gewertet: Im vergangenen Jahr sind 28.136 Lehrlinge gestartet – ein Wert auf Vorjahresniveau.