Essen. Lena hat gerade erst ihre neue Stelle angetreten. Dann erfährt sie, dass sie schwanger ist – und ihr Chef will sie wieder loswerden.
Lena (Name geändert) aus Essen ist Mutter von zwei Kindern und gelernte Medienkauffrau. Die 30-Jährige hat bisher für drei verschiedene Unternehmen gearbeitet – und dabei sehr unterschiedliche Erfahrungen gemacht: Eine Chefin unterstützt sie aktiv bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf, ein anderer war geschockt, als sie von ihrer Schwangerschaft berichtete. Hier erzählt sie ihre Geschichte:
„Die Medien- und Marketingbranche ist sehr wettbewerbsintensiv. Wenn eine Frau aufgrund von Schwangerschaft oder Elternzeit ausfällt, entsteht eine erhebliche Wissenslücke, die nur schwer zu füllen ist. Ich finde es daher verständlich, dass die Arbeitgeber auf ihr vorhandenes Personal angewiesen sind. Trotzdem ist der Wunsch vieler Eltern, dass Arbeitgeber ihre Herausforderungen anerkennen und respektvoll damit umgehen, keine utopische Forderung, sondern ein berechtigtes Anliegen.
„Wie gut können Sie Familie und Beruf vereinbaren? Und wie familienfreundlich ist Ihr Arbeitgeber?“ Das haben wir unsere Userinnen und User für den großen WAZ-Familiencheck gefragt. Mehr als 7000 Menschen aus dem Ruhrgebiet haben an der nicht-repräsentativen Umfrage teilgenommen. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf bewerten sie im Durchschnitt mit der Schulnote „Zwei minus“. Besser schneiden die Arbeitgeber selbst ab: Ihre Familienfreundlichkeit wird durchschnittlich mit einer glatten Zwei benotet. Auffällig ist dabei allerdings, dass die Arbeitgeber anscheinend zu selten eine spontane Kinderbetreuung (Schulnote 2,9) oder Home-Office (Schulnote 3,6) ermöglichen. Vor welchen Herausforderungen stehen Eltern im Alltag? Und wie muss sich die Arbeitswelt verändern? Weitere Texte unseres Schwerpunkts lesen Sie hier:
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Als ich zum ersten Mal schwanger wurde, war mein Vertrag befristet. Mein damaliger Arbeitgeber versicherte mir aber, dass wir eine Lösung finden würden, wenn ich wieder in den Beruf einsteigen wollte. Das war allerdings ein leeres Versprechen. Angeblich gab es im Unternehmen keine passende Stelle für mich, obwohl die Ausschreibungen etwas anderes suggerierten. Es schien, als sei eine Frau mit einem kleinen Kind im Unternehmen nicht wirklich erwünscht.
Mutter aus Essen wird von Chefin „unterstützt und geschätzt“
Daraufhin fand ich eine Anstellung in einem Großkonzern als Werkstudentin. Meine damalige Abteilungsleiterin, selbst Mutter von drei Kindern, unterstützte und schätzte mich. Leider musste ich die Stelle aus finanziellen Gründen aufgeben.
Ich fand eine kleine Agentur, die mich in Teilzeit einstellte und mir die Position der Projektleitung anbot. Mein Chef zeigte großes Vertrauen und gab mir direkt einen unbefristeten Vertrag. Zu diesem Zeitpunkt war mir jedoch nicht bewusst, dass ich bereits mit meinem zweiten Kind schwanger war. Als ich dies meinem Chef mitteilte, war er geschockt – meinte aber, dass ,wir das schon hinkriegen‘. Das gab mir zunächst ein gutes Gefühl.
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Als ich meine Tätigkeit aufnahm, war mein Mann für die Eingewöhnung unseres ersten Kindes bei der Tagesmutter verantwortlich. In diesem Monat konnte ich täglich ins Büro gehen und in Ruhe arbeiten. Danach kamen jedoch die ersten Herausforderungen: Das Kind wurde krank, die Eingewöhnung verlief nicht wie geplant, wir mussten umziehen.
Nach einer Woche, in der ich zu Hause bleiben musste, äußerte mein Arbeitgeber die ersten Bedenken. Ich hatte nicht erwartet, dass mein Chef mir grenzenlose Toleranz entgegenbringt, aber etwas mehr Respekt hätte ich mir gewünscht.
Daraufhin wurde ich gebeten, eine Lösung zu finden, um bis zum Mutterschutz nicht mehr zu arbeiten. Mein Arbeitgeber argumentierte, dass meine Anwesenheit wegen Fehlzeiten und meiner allgemeinen Situation Unruhe ins Unternehmen bringen würde. Ich hatte das Gefühl, dass meine Anwesenheit als Belastung empfunden wird.
Vereinbarkeit von Familie und Beruf nur durch Selbstständigkeit möglich?
Die gesamte Situation und der Stress drum herum haben mich so sehr belastet, dass meine Gynäkologin mir ein Beschäftigungsverbot ausgesprochen hat. Aktuell bin ich Vollzeit-Mama und das ist für die kommenden ein bis zwei Jahre auch genau das Richtige. Aber ich habe fest vor, wieder in das Berufsleben einzusteigen.
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Mag sein, dass ich mich dafür selbstständig machen muss. Es ist bedauerlich, dass immer noch nicht alle Arbeitgeber die nötige Sensibilität für die Situation von Müttern aufbringen. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf sollte nicht nur auf dem Papier stehen. Ich hoffe, dass die Bedürfnisse von Familien in Zukunft ernster genommen werden und Frauen nicht mehvor die Wahl zwischen Karriere oder Familie gestellt werden.“
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