Berlin. Jan Becker ist als Hypnotiseur bekannt. Im Gespräch erklärt er, wo seine Fähigkeiten an Grenzen stoßen und wie man sie erlernt.
- Hypnose ist eine Technik, die nicht viele beherrschen
- Jan Becker ist der wohl bekannteste Hypnotiseur Deutschlands
- Im Interview verrät er, warum der Erfolg beim Rauchen-Aufhören auch vom Partner entschieden wird
Jan Becker gilt nicht nur als Deutschlands bekanntester Hypnotiseur. Der 49-Jährige teilt seine Einblicke und Erkenntnisse auch in verschiedenen Büchern – so etwa aktuell in „Wow – Die Magie des Staunens“ (Piper Verlag). Im Interview erklärt er, wie er seine Tipps und Lektionen im eigenen Leben umsetzt, wann er an seine eigenen Grenzen gestoßen ist und weshalb er wusste, dass Deutschland Brasilien im WM-Finale 7:1 schlagen würde.
In „Wow“ beschwören Sie die „Magie des Staunens“, die den Weg zu Freude und Kreativität eröffnen und neue Perspektiven eröffnen soll. Wann hätten Sie dieses Buch selbst gebrauchen können?
Jan Becker: Vor acht Jahren lag ich mit einer Bauchspeicheldrüsenentzündung im Krankenhaus, und da habe ich ein bisschen den Glauben ans Leben verloren. Wenn ich dieses Buch gelesen hätte, dann wäre der schneller wieder zurückgekehrt.
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Wie haben Sie ihn in diesem Fall wieder gefunden?
Jan Becker: Ich hatte eine sehr gute Krankenschwester, die mir aus ihrem normalen Leben erzählt hat, und das hat mich getröstet und mir geholfen, wieder herauszukommen. Außerdem habe ich eine Übung, wo ich die Arme hochstrecke und mich ganz groß mache, so wie Rocky. Ich bin damals über den Krankenhausflur geschlichen und habe das gemacht, obwohl ich kaum laufen konnte. Das ganze Personal hat zwar gelacht, aber das hat mir auch geholfen.
Hypnotiseur: „Habe versucht, mir selbst den Schmerz zu nehmen“
Dabei waren Sie ja schon vorher als Hypnotiseur und Mentalist aktiv. Warum konnten Sie diese Krise nicht ohne weiteres bewältigen?
Becker: Ich habe versucht, mir mit Hypnose-Techniken den Schmerz zu nehmen. Wenn ich das mit anderen gemacht habe, hat das super funktioniert. Aber bei mir nicht. Die Erklärung war, dass ich damals sehr viel Morphium bekommen habe. Dadurch hatte ich keinen Zugriff und das hat wiederum eine Depression bei mir ausgelöst.
Was hat den zuletzt für einen „Wow“-Moment bei Ihnen gesorgt?
Becker: Ich mache gerade Urlaub in Griechenland und morgens, wenn ich beim Kaffee aufs Meer gucke, sage ich jedes Mal „Wow“. Man kann sich daran gar nicht sattsehen.
Sind Sie jetzt dank der Erkenntnisse, die Sie in Ihrem Buch verarbeitet haben, vor Krisen gefeit?
Becker: Krisenfest nicht unbedingt. Aber ich kenne jetzt einen Weg, um da schneller herauszukommen.
Jan Becker: Darum hypnotisiert er nicht seinen Sohn
Wir bewegen uns in einer Welt, wo sich immer mehr im Virtuellen und Digitalen abspielt. Gehen uns Erlebnisse des Staunens verloren?
Becker: Ich bin da zwiegespalten. Mein zwölfjähriger Sohn ist die ganze Zeit mit seinen Videogames beschäftigt, auch jetzt in Griechenland, und spielt mit seinem Freund übers Netz. Die staunen auch sehr viel. Andererseits glaube ich, dass Erlebnisse in der Realität, wo man sich tief in die Augen schauen kann, tiefer gehen.
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Videospiele können süchtig machen. Wollen Sie da nicht als Hypnotiseur eingreifen?
Becker: Da gäbe es riesigen Stress, und er würde ja dann dadurch auch wieder den Kontakt zu seinen Freunden verlieren. Die einzige Lösung ist es, sich digital kennenzulernen und dann den Kontakt in der Realität fortzusetzen. Momentan bereite ich ein paar Kartentricks vor, und wenn ich die meinen Kindern zeige, dann sind die plötzlich im Hier und Jetzt.
Es gibt auch Demagogen, die bei Ihren Anhängern für Wow-Effekte sorgen. Man nehme nur einen Donald Trump. Wie kann man sich vor dieser Verführung schützen?
Becker: Ich habe es gelernt, mir Nachrichten aus verschiedenen Perspektiven anzuschauen. Das heißt, je besser ich diese Auswahl treffen kann, umso sehr kann ich mich vor solchen Personen schützen. Bildung ist also einer der wichtigsten Momente.
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Gleichzeitig scheinen die Menschen immer abgebrühter zu werden. Geht uns die Fähigkeit, magische Momente zu erleben, womöglich verloren?
Becker: Das denke ich nicht. Denn in einem „Wow“-Moment verschwimmen die Unterschiede zwischen uns allen. Nehmen Sie die Fußball-Europameisterschaft. Da standen die Leute zu Tausenden vor einem riesigen Bildschirm und haben den angeschrien – in der Hoffnung, dass das irgendetwas für das Spiel bewirkt. Wir haben im Leben viele magische Momente, die wir aber nicht als solche wahrnehmen.
Süchte weghypnotisieren? Warum das nicht so einfach ist
Sie haben mit einer großen deutschen Tageszeitung eine Hypnose angeboten, um die Leute von der Nikotinsucht zu befreien. Was ist, wenn jemand beim Rauchen einen „Wow“-Moment verspürt?
Becker: Da würde ich meinen Instrumentenkasten als Coach auspacken und die Person fragen: „Was genau erlebst du in dem Moment, wenn du rauchst?“ Meistens kommt man darauf, dass es um Entspannung geht. Und dann stelle ich die Frage: „Gibt es andere Möglichkeiten, um zu entspannen?“ Aber die entscheidende Frage ist: „Kommt die Person selbständig? Will sie das?“ Wenn jemand sagt: „Meine Frau hat mich geschickt, weil ich zu rauchen aufhören soll“, dann haben wir ein Problem.
Kann eigentlich jeder Hypnotiseur oder Mentalist werden?
Becker: Man muss gerne mit Menschen zu tun haben, aber die Techniken kann jeder erlernen – so wie Klavierspielen. Aber es gibt natürlich hervorragende und schlechte Klavierspieler. Du wirst nur zu einem hervorragenden Mentalisten, wenn du das lebst und gar nicht anders kannst, als das zu machen.
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Sie haben doch auch schon mal Ergebnisse der Fußball-Bundesliga genau vorhergesagt. Das kann man ja nicht trainieren.
Becker: Das war einfach eine Eingebung. Ich muss zugeben, dass ich sogar das 7:1 der Deutschen im WM-Halbfinale gegen Brasilien vorhergesagt habe.
Und warum wussten Sie das?
Becker: Ich habe keine übersinnlichen Fähigkeiten. Aber bei der Nationalhymne habe ich in die Augen der Spieler gesehen. Während die Brasilianer total nervös wirkten, sahen die Deutschen sehr gefestigt aus. Da lag irgendetwas in der Luft, und so habe ich zu meinem Freund, mit dem ich das Spiel gesehen habe, gesagt: „Die gewinnen 7:1“. Eigentlich war das nur so ein Spruch. Das Dumme ist nur: Damals hätte ich wetten sollen. Und seither ist mir so etwas nicht wieder passiert.