Bad Laasphe. Dirk Terlinden tritt aus dem Amt heraus erneut an. Im Interview zieht er Bilanz und stellt die Aufagen der Zukunft vor.
Dirk Terlinden (56) tritt als Bürgermeister für eine zweite Amtszeit in Bad Laasphe an. Bei seinem Wahlerfolg von 2020 wurde er von einem breiten Parteienbündnis aus CDU, FDP und Grünen getragen. Jetzt tritt der Vater zweier Töchter aus dem Amt heraus erneut an. Im Gespräch zieht Terlinden eine Bilanz seiner ersten vier Jahre im Amt und erläutert die Herausforderungen für Bad Laasphe in der Zukunft.
„Stolz bin ich, dass ich einen guten Draht in die Politik bekommen habe, obwohl ich von außen gekommen bin.“
Wir stehen 2025 vor einer Weichenstellung. Was wünschen Sie sich für den Ausgang der Kommunalwahl 2025?
Ganz persönlich betrachtet: Dass ich wiedergewählt werde. Ich stelle mich aus dem Amt heraus zu Wiederwahl und wünsche mir eine hohe Wahlbeteiligung, damit da wir eine klare Geschäftsgrundlage bekommen, insbesondere für den Rat. Ich gehe davon aus, dass mit der Verkleinerung des Rates von 32 auf 24 Mandate, eine Verjüngung des Rates einhergehen wird. Dann müssen wir die politische und fachliche Erfahrung noch einigermaßen gut kombinieren, weil eine Menge Lebens- und Politikerfahrung von Bord gehen wird. Rein politisch wäre mein Wunsch, dass wir keine politisch extremen Kräfte von links oder rechts in den Rat bekommen. Das muss aber der Wähler entscheiden.
Sie treten aus dem Amt heraus an. Das bedeutet, dass sie keine politische Partei zur Unterstützung brauchen?
So ist es. Das ist auch so vereinbart. Wir hatten in 2020 eine andere Situation, damals wurde ich von CDU, FDP und GRÜNEN getragen. Diese Fraktionen werden diesmal schwerpunktmäßig ihren eigenen Wahlkampf als Partei führen, weil es aus deren Sicht nicht speziell um den Wechsel im Rathaus geht. Deswegen mache ich als Amtsinhaber einen personenbezogenen Wahlkampf.
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Wenn Sie auf die vergangene vier Jahre zurückschauen, was ist in Ihrer Kommunen besonders gut gelungen?
Die Kommunikation zwischen Verwaltung und Politik hat aus meiner Sicht gut funktioniert; sonst wäre es nicht zu diesen Vernunftbeschlüssen gekommen, die vielfach einstimmig oder mit großer Mehrheit getroffen wurden. Inhaltlich sind u.a. der Teilflächennutzungsplan Windkraft, das Einzelhandelskonzept und das Straßenausbaukonzept zu nennen. Viele erinnern sich sicher noch an das Moratorium rund um die KAG-Diskussion. Ich habe mich immer dagegen ausgesprochen, weil wir die Infrastruktur der Straßen am Laufen halten müssen. Erstmalig ist es gelungen, die Ausbaubeiträge für die Straßen rund um den Sasselberg in Feudingen vom Land NRW erstattet zu bekommen. Und die ersten Straßen ohne Anliegerbeiträge befinden sich im Ausbau. Das wird heute als selbstverständlich wahrgenommen. Und was ich auch gut finde ist, dass wir die Standortentscheidungen für die Wohncontainer für Flüchtlinge mit breiter politischer Mehrheit im Rat umgesetzt haben.
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„Erstmalig ist es gelungen, die Ausbaubeiträge für die Straßen rund um den Sasselberg in Feudingen vom Land NRW erstattet zu bekommen. Und die ersten Straßen ohne Anliegerbeiträge befinden sich im Ausbau. “
Und wo sehen Sie Fehler in den zurückliegenden vier Jahren?
Die Frage finde ich nachvollziehbar, aber darauf müssten eigentlich andere antworten, wo wir Fehler gemacht haben … Ich habe mich allerdings gefragt, was hatten wir denn in den letzten vier Jahren für besondere Rahmenbedingungen: Covid-Pandemie, Ukrainekrieg, Energie-Mangellage und Cyberangriff. Mir fehlt in meiner Amtszeit nur noch ein „Vulkanausbruch“. Deshalb ist mir gar nicht so sehr das Thema Fehler eingefallen, als vielmehr, dass ich mir zum Beispiel bei dem Thema Ansiedlung Netto-Markt eine schnellere politische Entscheidung gewünscht hätte.
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„Ein Megaprojekt ist die B62-Ortsdurchfahrt. Das wird die Stadtgesellschaft enorm beanspruchen. “
Worauf sind Sie als Bürgermeister stolz?
Stolz bin ich, dass ich einen guten Draht in die Politik bekommen habe, obwohl ich von außen gekommen bin. Wir haben sehr schnell für eine wirtschaftliche Entwicklung gesorgt, indem wir alle Gewerbeflächen in den Espen belegt haben. Zusätzlich konnten für die Firma Osterrath Erweiterungsflächen zur Verfügung stellen. Das Planverfahren zur Entwicklung von HWS läuft, das Tec-Center von Ejot ist schon in Betrieb. Es sind diverse neue Wohnquartiere entstanden. Seit 2019 wurde keine Steuererhöhung mehr durchgeführt. Als Stadt haben wir uns seit 2024 auf einen Masterplan für die nächsten zehn Jahre verständigt. Dazu gehören u.a. Personalentwicklung, gleichzeitig müssen wir digitaler in den Verwaltungsprozessen werden, damit alle Aufgaben geschafft werden können. Froh bin ich über lebendige Städtepartnerschaften mit Châteauneuf sur Loire und Tamworth. Und dann sind da die beiden Projekte, ehemalige Synagoge und Bike-Park, die in den Startlöchern stehen. Das sind schon Dinge, die machen mich nicht unzufrieden.
Welches Ereignis in den vergangenen vier Jahren hat Sie als Bürgermeister am meisten berührt?
Das waren zwei Punkte: einmal der Besuch der Familie Burg aus Israel und die Gedenksteinlegung in Banfe im April 2022. Und jetzt aktuell der plötzliche Tod von Werner Treude als Ortsvorsteher im August. Ich hatte morgens erfahren, dass er gestorben war, als am selben Abend der Festkommers des Schützenvereins stattfand und ich zum Gedenken an ihn vor der eigentlichen Feierstunde gesprochen habe. Das hat mich emotional sehr bewegt.
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Welche großen Herausforderungen warten nach der Kommunalwahl auf Sie?
Die Grundsatzbeschlüsse müssen zeitnah und realistisch umgesetzt werden. Die Planung und Finanzierung sind sehr anspruchsvoll. Generell müssen die Kommunalfinanzen langfristig planbar bleiben. Das ist eine der größten Herausforderungen. Das sehe ich aktuell nicht. Das Thema Altschuldenregelung ist ja schon ein Running Gag.
Hinzu kommt die Unklarheit bei der Grundsteuer. Im Prinzip sollte es ja ein neues System sein, das die Einnahmen unterm Strich nicht verändert....
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Was nicht gehen kann! Wenn sich Messbeträge als Basis ändern, ändern sich auch die Beträge, die jeder einzelne zu zahlen hat. Aufkommensneutral bedeutet, dass die Stadt nicht mehr einnimmt als im Vorjahr.
Der Schwarze Peter liegt jetzt bei den Kommunen: Sie können die Hebesätze verändern...
Das ist ein altbekanntes Muster. Letztlich sind es aber die Kommunen, die einen Großteil der Verantwortung tragen und dafür sorgen, dass unser demokratisches System noch funktioniert. Es kommt ja noch mehr auf uns zu: Wir müssen ab 2026 den offenen Ganztag im Stufenmodell umsetzen. Wir haben das Thema Grundsteuerreform und die Energiewende sowieso. Einer der wichtigsten Punkte wird die Kommunikation des Veränderungsbedarfes in allen Bereichen sein.
Kommunikation mit wem? Mit den Bürgern, der Politik?
Mit allen. Wir sind in einem sehr dynamischen Veränderungsprozess. Da geht es auch um das Thema städtische Immobilien. Welche halten wir? Was ist in Zukunft mit dem Bestattungswesen? Das ist ein Riesenthema, sehr emotional. Das klassische Beerdigen im Tiefengrab ist nicht mehr so in Mode. Es gibt erkennbar große Lücken auf Friedhöfen. Die Botschaft wird sein: Was geht noch oder was geht nicht mehr? Wir haben ja einen Wohlstand auf einem Level erreicht, dass es eher die Frage ist, ob und wie wir den noch halten können. Es ist in vielen Bereichen ein Rückgang zu erwarten.
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Über ein Megaprojekt haben wir noch nicht gesprochen. Das ist die B62-Ortsdurchfahrt. Das wird die Stadtgesellschaft enorm beanspruchen. Das Baustellenvolumen wird zu erheblichen Friktionen führen. Es geht um das mobile Leben der Stadt: Logistik zu den Firmen, den Schülerverkehr, Einsatzkräfte der Feuerwehr und des Rettungsdienstes. Das wird eine spannende und anspruchsvolle Zeit für ein modernes Baustellenmanagement.
Wie geht es mit der Energiewende weiter?
Der Strukturwandel zur Windkraftkommune ist ja im Grunde schon passiert. Es stehen schon 15 Anlagen im Stadtgebiet, plus die, die noch kommen werden.
Auf dem Papier erzeugen diese Anlagen so viel Strom, wie in der gesamten Stadt verbraucht wird und es gibt Gewerbesteuerzahlungen. Wie bewerten Sie die Entwicklung?
Das ist kein Gewerbebetrieb nach dem Muster große Halle, viele Leute. Aber dieser Strukturwandel fand schleichend statt und ist ein wichtiger Wirtschaftsfaktor der Stadt geworden. Der Regionalplan wird keine weiteren Gewerbegebiete mehr zulassen. Insofern ist das auch eine zweite Gewerbegebietskulisse, ein Wirtschaftsraum im Außenbereich. Windkraft ist nicht konjunkturabhängig, weil sie nicht von einer konkreten Auftragslage bei Produkten abhängig ist und in Zukunft ein wichtiges Standbein auf der Einnahmeseite.