Wittgenstein. Wie der Windkraft-Projektierer JUWI AG die Akzeptanz bei Städten und Gemeinden erhöhen will und wie viel Geld davon in Wittgenstein hängen bleibt.
Jetzt geht auch der Windkraft-Betreiber Juwi in die Offensive. Anfang Juli berichtet das Unternehmen aus Wörrstadt bei Mainz in einer Pressemitteilung, wie „mit dem Ausbau der Windenergie bundesweit die Haushaltskassen der Städte und Gemeinden gestärkt werden.“ Das hören die Kämmerer gern.
Weil JUWI ab 2025 auch einen Windpark in Bad Laasphe-Fischelbach bauen darf und in der Vergangenheit auch Projekte in Erndtebrück-Birkefehl geplant hat, haben wir in den drei Rathäusern nachgefragt, wo und wann mit wie viel Einnahmen gerechnet wird. Das Bild fällt ganz unterschiedlich aus.
Zurück zum Prospekt und den Akzeptanzmaßnahmen: „Allein durch die im Jahr 2023 von JUWI in Betrieb genommenen Anlagen fließen in den nächsten 20 Jahren jährlich einstellige Millionen-Euro-Beträge in die kommunalen Kassen zwischen Ost- und Bodensee. Die Gesamtsumme wird in den kommenden Jahren dank weiterer Neubau-Projekte kontinuierlich ansteigen. Bei gleichem Ausbautempo jedes Jahr um rund eine weitere Mio. Euro. Dieses Geld steht den Kommunen weitgehend ohne Einschränkungen zur Verfügung“, heißt es von JUWI.
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„Wir machen das bei allen unseren Neubau-Projekten möglich; auch eine Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger vor Ort ist, wann immer möglich, ein wichtiger Teil unseres Konzeptes.“
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Eingerechnet werden müssen dort aber auch die mit dem § 6 im Gesetz für Erneuerbare Energien 2023 festgeschriebenen Pflichtleistungen von 0,2 Cent je Kilowattstunde und Jahr. Juwi stellt das aus Unternehmenssicht etwas anders dar und betont: „Die JUWI-Gruppe hat in mittlerweile mehr als 20 Projekten die vertraglichen Rahmenbedingungen geschaffen, sodass aus den Betriebserträgen der Anlagen die Kommunalabgabe über die gesamte EEG-Vergütungszeit uneingeschränkt und sicher gezahlt wird. Für JUWI-Projekte gilt dabei der Grundsatz, dass die Kommunalabgabe für sämtliche Erträge aus der Windstromproduktion gezahlt wird.“
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Welches Selbstverständnis daraus erwächst, zeigt der JUWI-Geschäftsführer Carsten Bovenschen. Der sagt: „Damit zeigen wir einmal mehr: Erneuerbare Energien stärken nicht nur den Wirtschaftsstandort Deutschland, sie ermöglichen den Kommunen eine gezielte regionale Wertschöpfung. Damit einhergehend verbessern sie gleichzeitig die finanziellen Spielräume der Gemeinden“.
Tatsächlich kommen bei einem modernen Windrad der Sechs-Megawatt-Klasse durchschnittliche Beträge von 25.000 bis 30.000 Euro je Anlage und Jahr für die Kommune zusammen. Diese Angaben decken sich mit den Zahlen, die die Stadt Bad Berleburg jetzt im Zusammenhang mit ihren Verhandlungen mit WestfalenWind und Eurowind veröffentlicht hat.
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JUWI erklärt dazu: Der Betrag wird anteilig an alle Gemeinden gezahlt, die im Umkreis von 2,5 Kilometern rund um das Windrad liegen. Und der JUWI-Geschäftsführer Bovenschen sagt dazu: „Wir machen das bei allen unseren Neubau-Projekten möglich; auch eine Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger vor Ort ist, wann immer möglich, ein wichtiger Teil unseres Konzeptes.“
Zusätzlich zu der Kommunalabgabe bietet JUWI ähnlich wie auch Windkraftprojektierer in Bad Berleburg und Erndtebrück weitere Möglichkeiten an, damit die Menschen dort von erneuerbaren Energien profitieren können: von günstigen regionalen Stromtarifen über Wind-Sparbriefe in Zusammenarbeit mit regionalen Banken bis hin zur Möglichkeit der finanziellen Beteiligung am Projekt, z.B. für Energiegenossenschaften.
Musterrechnung für Bad Laasphe
In Bad Laasphe ist JUWI am weitesten. Das bestätigt die Verwaltung. „Bürgermeister Dirk Terlinden hat schon im Mai 2021 Verträge auf Basis des damals gültigen Gesetzes und heutigen § 6 EEG - über 0,2 Cent/Kilowattstunde abgeschlossen. Allerdings entfallen durch die 2,5-Kilometer-Radius-Regelung anteilig auch Zahlungen an die Nachbarkommunen. Wir gehen von folgender Aufteilung aus: 66 Prozent Bad Laasphe, 8 Prozent Netphen, 26 Prozent Dietzhölztal. Ganz konkrete Erlös-Zahlen können wir noch nicht liefern, weil die genauen Anteile bezogen auf die Leistungsdaten erst mit den voraussichtlich in 2025/2026 in Betrieb gehenden Windenergieanlagen feststehen“, berichtet Pressesprecher Jens Gesper. In einer Musterrechnung gehe die Stadtverwaltung heute von vier Rädern à 18 Millionen Kilowattstunden, was insgesamt 144.000 Euro ergibt, sowie drei Rädern à 12 Millionen Kilowattstunden, also 72.000 Euro, aus. Von diesen insgesamt 216.000 Euro würden alljährlich ca. 160.000 Euro auf Bad Laasphe entfallen. Der Rest flöße anteilig nach Netphen und Dietzhölztal.
JUWI-Pressesprecher Christian Hinsch hat leicht abweichende Zahlen für den konkreten Fall. Für Bad Laasphe wäre es 140.000, für Netphen 14.000 und für Dietzhölztal 28.000 Euro jährlich. „Wir haben hier mit zwei von drei Gemeinden § 6 Verträge, die dritte hat sich leider bislang nicht zurückgemeldet, weshalb wir es vor Inbetriebnahme nochmal anbieten werden“, so Hinsch. Auf 20 Jahre Laufzeit könnten demnach 2,8 Millionen Euro für Bad Laasphe, 280.000 Euro für Netphen und 560.000 für Dietzhölztal zusammen kommen.
90 Prozent Gewerbesteuer sicher
Aus Bad Laaspher Sicht wichtig ist außerdem: „Die Einnahmen aus der Gewerbesteuer gehen zu 90 Prozent in die Kassen der Standortgemeinden, die restlichen zehn Prozent an die Kommune des Betreibers. Bezogen auf JUWI AG als Betreiberin aus Wörrstadt verbleibt damit der Hauptanteil der Gewerbesteuer in Bad Laasphe“, so Gesper weiter.
Bad Berleburg geht in diesem Fall leer aus, denn hier gibt es aktuell kein Bauprojekt von JUWI. Das Gleiche gilt für Erndtebrück. Dort hatte JUWI 2017 noch Gespräche für einen Windpark bei Birkefehl geführt.