Bad Laasphe. Sehr viele Zuschauer und ein „Drohbrief“ eines Waldbesitzers machen die Ratssitzung zu etwas Besonderem.

Die Stadt Bad Laasphe hat sich mit großer Mehrheit gegen eine Erweiterung der Windkraftvorrangzonen um neue mögliche Standorte und die Einbeziehung von bereits bestehenden Anlagen in dem Dreieck Bad Laasphe, Banfe und Hesselbach entschieden. Mit 19 Gegenstimmen bei acht Ja-Stimmen und drei Enthaltungen ist dieser Plan der Verwaltung vom Tisch. Es ist aber weniger die Entscheidung selbst, die die Ratssitzung zu etwas Besonderem machte, sondern die Umstände, unter denen diese getroffen wurde.

So etwas erleben Kommunalpolitiker und die Stadtverwaltung selten: Der Zuschauerraum des Sitzungssaals im Bad Laaspher Rathaus reichte am Montagabend nicht aus. Deswegen waren eigens zusätzliche Stühle in das Foyer gestellt und die Trennwände zum Ratsaal geöffnet worden. Rund 100 Frauen und Männer waren gekommen, um die wichtigen Entscheidungen zur Zukunft der Erneuerbaren Energien in Bad Laasphe mitzuerleben.

Das hat vor allem die Menschen im Banfetal und in Puderbach mobilisiert, die mit den Ortsvorstehern Michael Ermert (Banfe), Walter Bohner (Hesselbach) und Tatjana Schuppener (Puderbach) nicht nur zum Zuhören gekommen waren, sondern auch, um kritische Fragen zu stellen.

Björn Strackbein.

„Wir springen nicht mehr über jedes Stöckchen, das uns die hochwohlgeborenen Herren hinhalten.“

Björn Strackbein

Neben der großen Öffentlichkeit, in der die Ratsmitglieder entschieden haben, ist es aber auch ein Brief der Rentkammer Wittgenstein an Bürgermeister Dirk Terlinden und die Bauamtsleiterin Manuela Manske, der für Ärger sorgte. Dieser wurde auch an die Fraktionsvorsitzenden verteilt. In dem von dem Rentkammerdirektor Fritz Richter unterzeichneten Schreiben kündigt Georg Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein der Stadt rechtliche Schritte an, falls diese seine Windkraftpläne weiterhin behindere.

Das wäre die zweite Klage, die der Stadt Bad Laasphe gegen ihre aktuellen Vorrangzonen droht. Bislang hat die Wittgenstein New Energy von Ludwig-Ferdinand Prinz zu Sayn-Wittgenstein eine Normenkontrollklage am Oberverwaltungsgericht Münster vorbereitet, die lediglich noch begründet werden müsste. Die Wittgenstein New Energy hatte zugesichert, diese Klage zurückzuziehen, wenn der Rat einer Erweiterung der Vorrangzonen im Bereich Wolfskammer und Großer Ahlertsberg zustimme, damit die vor der Rechtskraft der Vorrangzonen errichteten Windräder künftig innerhalb der Zonen liegen und damit auch Repoweringfähig wären.

Viele Zuschauer wollen die Ratssitzung und Entscheidung zur Vergrößerung der Windkraftvorrangzonen und zur Freiflächenphotovoltaik live verfolgen.
Viele Zuschauer wollen die Ratssitzung und Entscheidung zur Vergrößerung der Windkraftvorrangzonen und zur Freiflächenphotovoltaik live verfolgen. © WP | Lars-Peter Dickel

Die jetzt angedrohte Klage von Georg Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein zielt darauf ab, dass man ihm als Investor versprochen haben solle, auch über die „geringfügige Vergrößerung“ der Vorrangzone Gonderbachtal bei Fischelbach zu entscheiden, damit er seine bislang abgelehnten Pläne für Windräder nahe der Ilsequelle bei Feudingen verwirklichen könne. Der Sohn des ehemaligen Bad Laaspher Bürgermeisters und CDU-Bundestagsabgeordneten Botho Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein beruft sich in seinem Brief auf ein Gespräch mit Bürgermeister Dirk Terlinden und Bauamtsleiterin Manuela Manske. Darin habe der Bürgermeister Dirk Terlinden versprochen, diesen Wunsch mit den Fraktionsvorsitzenden zu besprechen. Terlinden bekräftigte in der Ratssitzung, dass er dies getan habe. Allerdings war diese Ausweitung bislang mit Verweis auf die schützenswerte Natur in dem Bereich politisch nicht mehrheitsfähig.

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In der Bauausschusssitzung am Mittwoch war in der Verwaltungsvorlage nur die Rede von den Erweiterungen der Zonen am Ahlertsberg und in der Wolfskammer, in denen Ludwig Ferdinand Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Berleburg Anlagen betreibt und weitere bauen möchte. Georg Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein und sein Rentkammerdirektor Fritz Reuter waren anwesend und kündigten nun an, rechtliche Schritte zu prüfen.

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Für Björn Strackbein (SPD) war der Fall klar: „Wir springen nicht mehr über jedes Stöckchen, das uns die hochwohlgeborenen Herren hinhalten.“ Der Brief habe ihn darin bestärkt, wie schon im Bauausschuss am Mittwoch, mit Nein zu stimmen: „Wir werden nichts anderes als erpresst.“

Carina Jung (Grüne) betonte: „Eine Nachverdichtung halte ich für sinnvoll.“ Sie fragte: „Gibt es nicht die Möglichkeit, bei den Zonen zu bleiben?“ Mit Blick auf die angedrohten juristischen Schritte macht auch die Grünen-Fraktionschefin klar: „Ich fühle mich erpresst.“

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Werner Oder (FDP) wiederholte seine Argumentation gegen die Ausweitung der Vorrangzonen aus dem Bauausschuss und fügte hinzu: „Ich habe nicht vor, mich von einem Investor unter Druck setzen zu lassen!“ Für Oder ist ein Punkt wichtig: Man habe die Vorrangzonen damals als rechtssicher dargestellt.

Und Klaus Preis (FDP) änderte seine Meinung. Er begründete dies mit Gesprächen mit den Ortsvorstehern von Banfe und Hesselbach und den Bürgern.

Terlinden hatte zuvor noch einmal eindringlich für die Verwaltungsvorlage geworben und auch bekundet, dass er dies nur mache, um den Wildwuchs zu verhindern und die bestehenden Vorrangzonen in ihrer Wirksamkeit zu erhalten. Terlinden verwies auf die möglichen Folgen, sollte die beim OVG in Münster bereits vorliegende Normenkontrollklage der Wittgenstein New Energy verhandelt und ähnlich entschieden werden, wie in Bad Berleburg.

Lediglich die gesamte „Die Fraktion“, Teile der CDU und der Bürgermeister Dirk Terlinden erklärten, an ihrer Zustimmung festzuhalten.

In der hitzigen Diskussion vor Publikum waren Teile der CDU-Fraktion und von „Die Fraktion“ für den Verwaltungsvorschlag. SPD, FDP und Grüne waren dagegen. Enthalten hatten sich Günter Wagner (CDU), Hartmut Hahlweg (Grüne) und Gordon Kämmerling (CDU).