Kreuztal. Die Stimmung im Heestal ist gespannt. Derweil bietet der Wasserverband eine Lösung an, bei der die Transportleitung keine neue Trasse braucht.

Der Wasserverband Siegen-Wittgenstein muss seine Transportleitung von der Breitenbachtalsperre durchs Heestal nach Freudenberg nicht zwingend verlegen, wenn Amprion dort seine Höchstspannungs-Stromtrasse baut. Das hat Dirk Müller, Geschäftsführer des Wasserverbandes, im Gespräch mit dieser Zeitung erklärt. „Es gibt Gedanken, was man machen kann.“ Die optimale Lösung, neben die alte Leitung eine neue bauen zu lassen, diese in Betrieb zu nehmen und dann die alte Leitung „abzuknipsen“, wird allerdings wegen des Widerstands im Heestal wohl nicht zum Zuge kommen, weil die Anwohner ihre Grundstücke freiwillig nicht zur Verfügung stellen. Auch Amprion ist nur durch die – einer Enteignung vorgreifende – „Besitzeinweisung“ an die benötigten Flächen gekommen.

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Wasserverband prüft: Leitung auf vorhandener Trasse austauschen

Dirk Müller räumt mit einem Missverständnis auf: Es ist nicht so, dass die Fundamentee der Masten die Wasserleitung zerstören würden. Vielmehr geht es darum, einem Blitzeinschlag vorzubeugen, der über Stromleitung und Mast auf die Gussleitung aus Metall geleitet werden könnte – wobei auch dieses Risiko gering sei: „Das hatten wir noch nie.“ Zur Sicherheit könnte die Gussleitung gegen eine Kunststoffleitung („HDPE“) ausgewechselt werden. Das kann auch in der vorhandenen Trasse geschehen. Die Bauzeit werde weniger als ein halbes Jahr in Anspruch nehmen, sagt Dirk Müller. „Das Gelände ist nicht übermäßig steil, das geht recht zügig.“

„Wir versuchen, keine verbrannte Erde zu hinterlassen. Schließlich möchten wir auch in 20 Jahren noch einmal wiederkommen dürfen.“

Dirk Müller, Wasserverband

Der Neubau auf einer Paralleltrasse war mit 2,1 Millionen Euro veranschlagt. Eine bloße Umgehung der einzelnen Maststandorte wäre nicht ausgeschlossen, aber auch nicht optimal. Denn das Wasser in der 30 Zentimeter Durchmesser großen Leitung braucht durchgängige Gefälle auf möglichst gerader Strecke, um ohne Druck durch ein Pumpwerk in Freudenberg anzukommen. Die Anlieger braucht der Wasserverband aber auch, wenn die Leitung da bleibt, wo sie ist. Auf einem Korridor von 20 Metern Breite werde der Oberboden während der Bauzeit aufgenommen werden müssen, sagt Müller. Dazu würde der Wasserverband am liebsten mit dem Einverständnis der Bewohner arbeiten. „Wir versuchen, keine verbrannte Erde zu hinterlassen. Schließlich möchten wir auch in 20 Jahren noch einmal wiederkommen dürfen.“

Beschwerde: 900 Euro für geschwärzte Unterlagen

Silke Klein, Vertreterin der Bürgerinitiative Junkernhees, hat sich bei der Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit beschwert, weil Flächen-, Zeit-, Datums- und Kostenangaben in den beim Wasserverband angeforderten Unterlagen geschwärzt worden seien. „Es macht den Anschein, als sollen Details zu der Baumaßnahme verheimlicht werden, die aber nicht unter das Betriebs- und Geschäftsgeheimnis fallen.“ In der vorigen Woche hat Silke Klein zwei Rechnungen vom Wasserverband Siegen-Wittgenstein bekommen. Für die nach dem Umweltinformationsgesetz begehrten Auskünfte werden insgesamt rund 900 Euro gefordert.

Die etwaige Auseinandersetzung über die Wasserleitungstrasse werde nicht der Wasserverband führen, stellt Dirk Müller fest. „Grundsätzlich ist Amprion gefordert, uns den Weg zu ebnen.“ Klar sagt Dirk Müller aber auch, dass er das Vorhaben der Höchstspannungstrasse unterstützt: „Für uns ist wichtig, dass sie zeitnah kommt. Wir brauchen eine funktionierende Stromversorgung.“ Gegen die sich auch die Bürgerinitiative nicht wendet, die, im Verein mit der Stadt Kreuztal, bisher vergeblich für eine alternative Trassenführung durch den Wald („Meiswinkel-Variante“) wirbt. Das Bundesverwaltungsgericht hat im Sommer den Planfeststellungsbeschluss –ausgenommen: das Umspannwerk – bestätigt, wird aber nun bis Jahresende zunächst über Eilanträge (und danach über fünf Klagen, unter anderem der Stadt Kreuztal) gegen die Besitzeinweisungen entscheiden. Gegenüber dem Bundesverwaltungsgericht hat Amprion zugesagt, bis dahin nicht – wie eigentlich ab Anfang Dezember geplant – zu roden, sich aber ausbedungen, die Grundstücke für Vermessungen und Voruntersuchungen zu betreten.

Ökologe fühlt sich von Anliegern bedrängt

Das geschieht nicht ohne Begleitmusik. Ansgar und Silke Klein, Grundstückseigentümer und Sprecher der Bürgerinitiative, hätten den Ökologen, der die Gehölze im Heestal begutachten sollte, „konstant verfolgt“, heißt es in einem Schreiben einer Bochumer Anwaltskanzlei an den Anwalt von Bürgerinitiative und Stadt: Sie hätten ihm „mit Fragen attackiert“ und fotografiert. „Der Sicherheitsdienst musste mehrfach dazwischentreten und den Ökologen abschirmen, damit dieser seine Arbeiten fortsetzen konnte.“ Der Anwalt solle seine Mandanten (die Grundstückseigentümer im Heestal, d. Red.) „anweisen, von einem derartigen Verhalten umgehend Abstand zu nehmen und die Durchführung der Arbeiten nicht weiter zu behindern.“ Angedroht wird ein Vorgehen „auf Grundlage des § 238 StGB“. Der Paragraf 238 des Strafgesetzbuches behandelt das Verbrechen der „Nachstellung“.

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In der Auseinandersetzung um die Besitzeinweisung versuchen die Grundstückseigentümer nachzuweisen, dass der kurzfristige Baubeginn, mit dem der Vorgriff auf die Enteignung begründet wird, gar nicht möglich ist, weil geschützte Arten wie Fledermaus und Haselmaus bisher nicht erfolgreich umgesiedelt worden seien. „Allein durch das Betreten der Laubstreu kann nicht ausgeschlossen werden, dass die schlafenden Tiere totgetreten werden. Ebenfalls kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Tiere durch das anfallende Schnittgut zerdrückt oder erschlagen werden“, schreibt der Anwalt der Bürgerinitiative an die Bezirksregierung Arnsberg als Höhere Naturschutzbehörde. Widersprochen wird der Behauptung von Amprion, bei der fotografierten Haselmaus handele es sich in Wirklichkeit um einen Siebenschläfer. Die lasse „starke Zweifel an der Kompetenz der ökologischen Baubegleitung aufkommen“.

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