Mittelhees. Es wird, anders als angekündigt, nicht gerodet im Heestal. Noch lange nicht, wenn es nach Stadt Kreuztal und Bürgerinitiative geht. Es gibt neue Klagen.

Es wird nicht gerodet am Rand des Heestals. Der 2. Dezember, für den der Beginn der Arbeiten angekündigt war, ist verstrichen. Allerdings nicht ohne einen Auftritt bei Schloss Junkernhees, den Ansgar und Silke Klein und Sascha Reller als martialisch empfinden: Begleitet von drei Security-Männern („Die sahen aus wie Polizisten“) inspizierten Vertreter von Amprion und der mit der „ökologischen Baubegleitung“ beauftragten Firma die Dänische Wiese und deren Umgebung. „Wir sind kein einziges Mal gefährlich gewesen“, beteuert Ansgar Klein, einer der Sprecher der Bürgerinitiative Junkernhees.

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Amprion-Stromtrasse: Das ist der Stand der Dinge in Kreuztal

Dass Amprion sich nicht ungeschützt auf die durchweg umstrittenen Stromleitungs-Baustellen begibt, ist nicht ungewöhnlich. Als der WDR vor ein paar Tagen in Ostwestfalen filmte – über den Planfeststellungsbeschluss für den Abschnitt Halle (Westfalen) - Landesgrenze Niedersachsen verhandelt das Bundesverwaltungsgericht am Mittwoch, 4. Dezember –, wurde die Polizei gerufen. In Kreuztal hat Amprion „Besitzeinweisungen“ erwirkt, das sind Vorgriffe auf eine spätere Enteignung. Dagegen wurden inzwischen fünf Klagen beim Bundesverwaltungsgericht erhoben, unter anderem auch von der Stadt Kreuztal, verbunden mit fünf Eilanträgen.

„Man sollte doch noch mal darüber nachdenken, ob man sich nicht irgendwo an einen Tisch setzt.“

Ansgar Klein, Bürgerinitiative

Bis Jahresende will das Gericht darüber entscheiden. Amprion hat zugesagt, bis dahin nicht zu roden, und im Gegenzug eine Fristverlängerung für eine Stellungnahme zu den Klagen erwirkt. Derweil ergänzt die Bezirksregierung ihre Besitzeinweisungen um „Klarstellungen“ zu Flurbezeichnungen und Flächengrößen – offenkundig mit dem Ziel, die beklagten Beschlüsse weniger angreifbar zu machen. Der Vorwurf der „Übersicherung“ meint, dass mehr Fläche als erforderlich enteignet wird. „Die haben sich für jedes Grundstück einen Maststandort eintragen lassen“, sagt Ansgar Klein, obwohl Teile der Flächen lediglich überspannt oder für Zufahrten oder als Lagerplätze in Anspruch genommen werden.

Bundesverwaltungsgericht: Kreuztal gegen Amprion
Beim Bundesverwaltungsgericht in Leipzig: Sascha Reller (links) und Ansgar Klein (rechts) sprechen für die Bürgerinitiative Junkernhees. Der Berliner Rechtsanwalt Philipp Heinz vertritt die Kreuztaler. Prof. Dr. Klaudia Witte  von der Uni Siegen wird als Sachverständige hinzugezogen. © WP | Steffen Schwab

Amprion-Stromtrasse: Das wollen Stadt Kreuztal und Bürger erreichen

An dem Planfeststellungsbeschluss für die Höchstspannungstrasse durch das Heestal können Stadt und Anwohner nicht mehr rütteln. Den hat das Bundesverwaltungsgericht im Juni bestätigt, ausgenommen das Baurecht für das in Junkernhees vorgesehene Umspannwerk. Verhindern wollen Bürgerinitiative und Stadt allerdings den baldigen Baubeginn. Zwei Hebel sieht Ansgar Klein: Zum einen die Wasserleitungen unter den Masten, die verlegt werden müssen – auf Grundstücke der Kläger: „Unwahrscheinlich, dass die einen Zugriff bekommen.“ Zum anderen die artenschutzrechtlichen Regelungen des Planfeststellungsbeschlusses, die die Kläger schon jetzt verletzt sehen: „Das wird den Bau auf Jahre verzögern.“ Ansgar Klein hofft, dass auch deshalb die angebotene und von Amprion bisher verworfene, von Stadt und Waldgenossen unterstützte Meiswinkel-Variante der Trasse durch den Wald eine neue Chance bekommt: „Man sollte doch noch mal darüber nachdenken, ob man sich nicht irgendwo an einen Tisch setzt.“

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Konkret geht es um so genannte „CEF-Maßnahmen“, die im Planfeststellungsbeschluss angeordnet wurden: Geschützte Arten müssen vor Baubeginn nicht nur umgesiedelt werden, der Erfolg der Wiederansiedlung an einem ungefährdeten Ort muss auch nachgewiesen werden. „Das ist nicht geschehen“, glaubt Ansgar Klein. Als Sachverständige haben Stadt und Bürgerinitiative die Siegener Biologin Prof. Dr. Klaudia Witte hinzugezogen, die auch schon im Prozess beim Bundesverwaltungsgericht beteiligt war. Sie hält unter anderem ein Haselmaus-Monitoring von April bis Oktober für erforderlich. Auch für die Schlingnatter sei das Heestal geeigneter Lebensraum.

Die Winterschlafstätten der Haselmaus würden durch die Entfernung der Gehölze, den Einsatz von Menschen und Maschinen zerstört und die betroffenen Tiere getötet. Zudem fordern die Kläger von der Bezirksregierung, die auch Obere Naturschutzbehörde ist, Maßnahmen, die eine Tötung von Schlingnattern, deren Störung in Winterquartieren und die Zerstörung von Winterquartieren und Lebensstätten sicher unterbinden.

Schließlich stehen an der Trasse Bäume und Baumgruppen, die Höhlenbäume für Fledermäuse sind. Bereits 2017, so Prof. Dr. Klaudia Witte, sei das Vorkommen von Fledermäusen nachgewiesen worden: „Daher ist es notwendig, diese Baumhöhlen zu kartieren. Sollten diese Baumhöhlen von Fledermausarten genutzt werden, müssen CEF-Maßnahmen vor der Zerstörung durchgeführt und evaluiert werden. Zum Beispiel müssen alternative Tagquartiere angeboten werden und diese müssen von Fledermäusen angenommen werden. Der Erfolg der CEF-Maßnahme muss durch ein Monitoring belegt werden.“

In dem Schreiben an die Naturschutzbehörde weisen die Kläger auf die Strafbarkeit der Tötung besonders geschützter Arten und der Zerstörung ihrer Lebensräume hin. Besonders heikel sieht die Bürgerinitiative den Bereich der geplanten Umspannanlage, für die es nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts kein Baurecht mehr gibt – weil sich dort ein geschütztes Biotop befindet, das bei der Planung nicht berücksichtigt wurde. „Wenn Amprion weiter auf der Dänischen Wiese plant, werden die ein artenschutzrechtliches Problem bekommen“, sagt Ansgar Klein. Den Ameisenbläuling haben die Heestaler jedenfalls schon entdeckt. „Wir waren ja im Sommer nicht untätig.“

Das ist zwischen Mast 371 bis 380

Von Mast 349 beim Umspannwerk Altenkleusheim bis zum Mast 373 in Junkernhees ist der Planfeststellungsbeschluss rechtswidrig. Bei Mast 371 in Fellinghausen würde die Meiswinkel-Variante abzweigen. Ab Mast 380 in Meiswinkel wird aktuell in Richtung Trupbach und Oberschelden gebaut. Die Lücke zwischen 371 und 380 lässt Ansgar Klein hoffen, dass Amprion doch noch einlenkt, um schneller voranzukommen: „Warum sonst haben die da nicht weitergebaut?“

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