Hagen. Diese Zahl scheint unglaublich: Von 111.156 geblitzten Temposündern kamen in Hagen 41.941 ungeschoren davon. Die Hintergründe.

Die Stadt Hagen hat inzwischen alle ihre 29 stationären Blitz-Anlagen umgebaut und mit der modernen S350-Lasertechnik ausgestattet. Die Lasertechnik ermöglicht die Erfassung von Fahrzeugen ohne Eingriff in die Fahrbahn. Bei den „alten“ Anlagen mussten Schleifen im Asphalt verlegt werden. „Die brauchen wir jetzt nicht mehr“, so Michael Kaub, Sprecher der Stadtverwaltung. Damit entfallen Kosten der Wartung, der Reparatur und der regelmäßigen Eichung.

Nach wie vor tappen die meisten Autofahrer in Höhe des Finanzamtes am Märkischen Ring in die Falle, 22.522 Verstöße zählte das Gerät in den ersten neun Monaten des vergangenen Jahres. Das vierte Quartal 2024 befindet sich noch in der Auswertung. Deshalb hinkt auch ein Vergleich mit dem Jahr 2023, damals wurden in zwölf Monaten 29.266 Verkehrsteilnehmer erwischt.

An allen 29 Messanlagen in der Stadt wurden 2024 bis Ende September 111.156 Tempoverstöße registriert. Davon waren jedoch nur 69.215 verwertbar, die übrigen 41.941 geblitzten Temposünder kamen ungeschoren davon.

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Unterschiedlich hohe Geldbußen in Europa

Die Gründe dafür, dass so viele Temposünder nicht belangt wurden, sind vielfältig. Da sind zum einen Motorradfahrer, deren Maschinen vorne kein Nummernschild tragen und die daher nicht identifiziert werden können. Aber auch Autofahrer bleiben häufig straflos, etwa wenn die A-Säule oder eine in der Windschutzscheibe platzierte Vignette das Gesicht des Fahrers verdeckt bzw. das Foto von zu schlechter Qualität ist. Das Ordnungsamt verschickt nur dann Verwarn- oder Bußgeldbescheide, wenn der Fahrer zweifelsfrei zu erkennen ist. „Manchmal lassen auch Softwarestörungen oder schlechtes Wetter eine Nachverfolgung nicht zu“, erklärt Michael Kaub.

„Manchmal lassen auch Softwarestörungen oder schlechtes Wetter eine Nachverfolgung nicht zu.“

Michael Kaub
Sprecher der Stadt

Fahrzeuge von Polizei und Feuerwehr, die im Einsatz mit hoher Geschwindigkeit an einer Messstelle vorbei brausen, werden natürlich ebenfalls nicht bestraft. Und dann sind da noch all die Fahrzeuge mit ausländischen Kennzeichen, die geblitzt werden. Zwar gibt es einen EU-Beschluss, wonach in Deutschland fällige Geldbußen auch in anderen Staaten vollstreckt werden können, doch diese Regelung greift erst ab einer Grenze von 70 Euro aufwärts. So sieht es eine im EU-Vollstreckungsabkommen enthaltene Bagatellgrenze vor.

Und da Verwarngelder in Deutschland zu den niedrigsten in Europa zählen, kommen die meisten Temposünder aus dem Ausland ohne Strafe davon. Deutsche Autofahrer können dagegen selbst geringfügige Tempoverstöße im Ausland sehr teuer zu stehen kommen. Beispiel: Wer hierzulande außerorts 20 km/h schneller unterwegs ist als erlaubt, kommt aktuell mit bis zu 60 Euro Bußgeld davon. In Italien werden laut ADAC dafür mindestens 175 Euro fällig, in Norwegen sogar mindestens 585 Euro.

Zwei neue Politessen eingestellt

Zurück zur Stadt Hagen, die neben den stationären Anlagen noch zwei Enforcement Trailer sowie drei mobile Geräte, mit denen aus Fahrzeugen heraus geblitzt werden kann, betreibt. Mit all diesen Messanlagen zusammen hat die Stadt von Januar bis Oktober 2024 insgesamt mehr als 2,4 Millionen Euro eingenommen. Auch wenn noch nicht alle Knöllchen rechtskräftig sind - schließlich kann jeder Verkehrsteilnehmer gerichtlich gegen einen Bescheid vorgehen -, so ist das doch eine hübsche Summe für die Stadtkasse.

Ein sogenannter Enforcement Trailer im Einsatz an der Rembergstraße in Hagen.
Ein sogenannter Enforcement Trailer im Einsatz an der Rembergstraße in Hagen. © WP | Michael Kleinrensing

Aber auch was Falschparker angeht, kann man der Stadtverwaltung wahrlich keine Untätigkeit vorwerfen. 2024 wurden Knöllchen in Höhe von insgesamt 3,26 Millionen Euro ausgestellt - eine klare Steigerung gegenüber 2023 (3,21 Millionen Euro) und erst recht gegenüber 2022 (2,92 Millionen Euro). 16 Außendienstler des Ordnungsamtes, jeweils acht Männer und Frauen, kontrollieren in Hagen den ruhenden Verkehr. Durch die Einführung der Anwohner-Parkzonen hat sich der Arbeitsaufwand noch einmal erhöht, sodass zwei weitere Politessen eingestellt wurden.