Hohenlimburg. Kundin (51) eines Supermarktes in Hohenlimburg rutscht auf riesiger Wasserlache aus. Der Markt will nicht haften - bis Mitarbeiter aussagen

Es ist ein Prozess, der eine überraschende Wende nimmt: Ein Supermarkt fühlt sich unschuldig an einem dramatischen Wasser-Unfall in seiner Filiale im Bezirk Hohenlimburg. Und pocht im Zivilverfahren vor dem Amtsgericht beharrlich auf eine Beweisaufnahme. Doch diese geht für das verklagte Unternehmen „desaströs“ aus, wie es der Richter benennt. Am Ende bleibt dem Lebensmittelhändler nur noch, 850 Euro Schmerzensgeld an eine verletzte Kundin (51) zu zahlen. So der abgeschlossene Vergleich. (Az. 19 C 178/24).

Rettungswagen im Einsatz

Was passierte am 1. April 2023 nachmittags in dem Supermarkt in Hohenlimburg? Ein Rettungswagen mit Blaulicht und ein Notarzt waren dort im Einsatz: Eine gestürzte Kundin (51) aus Schwerte lag im nassen Gang vor dem Tiefkühlregal und röchelte, weil sie keine Luft mehr bekam. Gegen 16.35 Uhr war die Frau dort ausgerutscht und hingefallen. Geschlittert auf einer Wasserlache am Boden, die, das ist unbestritten, fünf Meter lang und drei Meter breit war. Mit anderen Worten: ein kleiner See mitten im Supermarkt.

Defekt an Kühlwand

Die direkten Folgen des schweren Sturzes, ein akutes Kopfanstoßtrauma und ein Schädelhirntrauma, waren das eine - ein durch die Schocksituation ausgelöster epileptischer Anfall kam als Nebenfolge des tragischen Unfalls noch hinzu. Die Patientin musste intubiert werden, lag vier Tage lang auf der Intensivstation im Allgemeinen Krankenhaus (AKH). Als eigentliche Ursache der großen Wasserpfütze im Geschäft wurde „ein Defekt am Kühlwandregal“ ausgemacht. Das Problem war im Supermarkt längst bekannt. Bereits fünf Monate zuvor, im Dezember 2022, hatte es in der Filiale Hohenlimburg einen unerwünschten Wasseraustritt gegeben, im Januar 2023 wurde eine Fachfirma mit der Reparatur des defekten Tiefkühlregals beauftragt.

„Für die erlittenen Verletzungen ist die Klägerin ausschließlich selbst verantwortlich. Sie musste nur die Aufmerksamkeit auf den von ihr begangenen Weg richten.“

Anwältin des Supermarktes,
im Prozess wegen des Kunden-Sturzes

Schmerzensgeld abgelehnt

Die Haftpflichtversicherung des Marktes wollte einen Schmerzensgeldanspruch der Kundin trotzdem nicht anerkennen. Im Ablehnungsschreiben vom 15. Januar 2024 wurde behauptet, die Wasserpfütze im Geschäft sei „durch Starkregen entstanden“. Die Anwältin des Supermarktes argumentierte im Prozess: „Für die erlittenen Verletzungen ist die Klägerin ausschließlich selbst verantwortlich. Sie musste nur die Aufmerksamkeit auf den von ihr begangenen Weg richten.“ Das sieht die verletzte Frau ganz anders: „Das klare Wasser war auf dem Boden überhaupt nicht erkennbar und der ganze Gang dadurch spiegelglatt.“

Mitarbeiter als Zeugen

Die Anwältin des Supermarktes bestand auf eine Beweisaufnahme. Als Zeugen wurden drei Mitarbeiter vernommen, darunter der einstige Filialleiter, der das Unternehmen zwischenzeitlich verlassen hat. Sie bestätigten, dass sich morgens, vor der Öffnung des Geschäfts, regelmäßig Wasserlachen vor dem Kühlregal befunden hätten. Es sei unter den Beschäftigten auch ein mehrfaches Gesprächsthema gewesen, dass das Kühlregal hätte ausgetauscht werden müssen. „Wir konnten noch nicht mal ein Warnschild ,Vorsicht Rutschgefahr‘ aufstellen, weil es in der Filiale keines gab. Es war aber längst bestellt“, so ein Ex-Filial-Mitarbeiter.

Verkehrssicherungspflicht verletzt

Nach diesen Zeugenaussagen wäre der Supermarkt, wenn letztlich keine Einigung zustande gekommen wäre, wohl verurteilt worden. Die deutliche Ansage von Richter Krüger: Der Supermarkt habe seine Verkehrssicherungspflichten verletzt, „weil weder die Wasserlache entfernt, noch Warnschilder aufgestellt wurden. Eine so große Pfütze kann nur entstehen, wenn sich über einen längeren Zeitraum niemand um die Verkaufsfläche kümmert.“