Hagen. Die eine ist 52, die andere 32. Zwei Frauen dachten sich, es wäre gut, ihre Gespräche aufzuzeichnen. Ein besonderer Podcast.
Es ist eine dieser Urfragen, die Menschen sich stellen: Wie machen es andere? Die Hagenerinnen Christina (32) und Gaby (52), die genau zwei Lebensjahrzehnte trennen, gehen den vielen Antworten auf diese so simple Frage nach. In einem Podcast, den die beiden Frauen aus unterschiedlichen Generationen selbst geschaffen haben und den sie „Auf’n Pott Kaffee“ getauft haben. Das mittlerweile wöchentlich erscheinende Ergebnis ist nicht nur unterhaltsam und regt zum Nachdenken an. Es steht sinnbildlich für all jene menschlichen Beziehungen, Freundschaften und Netzwerke über Generationen hinweg, die den echten Zusammenhalt einer Gesellschaft prägen.
Völlig unterschiedliche Dekaden
Das Leben hatte die Freundschaft dieser beiden Frauen zunächst nicht vorgesehen. Bis Gabys Neffe eben Christina kennenlernte, heiratete und mittlerweile auch eine Familie mit ihr gegründet hat. Darüber entstand eine Freundschaft zweier Frauen, die sich in völlig unterschiedlichen Lebensphasen befinden. Die eine, Lehrerin, hat die Familie gegründet. Die andere hat mit ihrem Mann drei Kinder großgezogen, von denen zwei quasi gerade erst ausgezogen sind, um zu studieren. Zwei Menschen also aus dem ganz normalen – und das ist überhaupt nicht abwertend gemeint – Lebenswahnsinn mit all seinen Tönen, Gefühlen und Entwicklungen.
„Ich bin so alt wie ihre Mutter“
Nicht nur mit Blick auf das System Familie, sondern eben auch auf sich selbst. Als Frauen, die Lebensphasen durchschreiten oder hinter sich gelassen haben. „Ich bin ja letztlich so alt wie ihre Mutter“, sagt Gaby über Christina. „Und trotzdem sind wir Freundinnen. Und damit sind wir ja nicht allein. Jeder hat doch deutlich jüngere oder ältere Freunde oder Vertraute. Klar, in der Familie, aber auch über die Arbeit, Sportvereine, Nachbarschaften oder andere Begegnungen. Sich da auszutauschen und voneinander zu lernen, das macht es für mich aus.“
Ein Podcast wird geboren
Jedes Mal, wenn die beiden zuletzt spazieren gingen und Christina den Kinderwagen dabei vor sich herschob, stellten sie nach ihren Gesprächen fest: „Eigentlich müssten wir das mal aufzeichnen. Wenn uns das bewegt und hilft, dann ist das bestimmt auch bei anderen so. Wir sind doch ganz normale Menschen. Da kann doch jeder mitreden.“
Am Anfang steht die Technik
Christina – die während ihres Studiums bereits Erfahrungen als Influencerin für Kosmetik-Produkte sammelte – und Gaby machten sich schlau. „Wir brauchten Technik und überhaupt mal so etwas wie einen Plan, wie das eigentlich geht“. Sie buchten ein Online-Seminar und Gabys Mann fuchste sich in die technische Umsetzung hinein. Vom Schnitt bis zur Vertonung.
„Das Leben ist nicht immer perfekt, wir sind nicht immer perfekt. Aber das Tolle am Leben ist, dass wir uns immer weiter entwickeln können und jeden Tag die Chance haben, Dinge auch zu verändern. “
Das dauerte am Anfang acht Stunden, jetzt geht es viel fixer. Die beiden Frauen sitzen am Wochenende – jede bei sich zu Hause – vor dem Mikrofon, trinken Kaffee und sprechen – nach kurzer Anmoderation – über die weltlichsten aller Dinge. Das Thema ist vorbesprochen, die Verwirklichung weitestgehend frei.
Erfahrungen und Ausgehaltenes
„Beziehungen früher und heute“ (Folge 10) oder „Neuanfänge“ (Folge 1) oder „Einsam oder allein sein – die feinen Unterschiede“ (Folge 6) oder „Prägung“ (Folge 8). Die Unterhaltungen erheben keinen wissenschaftlichen Anspruch, kein Recherche-Team macht vorher zig Fakten-Checks. Es sind Gespräche aus Erfahrungen, Hoffnungen, Erlebtem oder Ausgehaltenem.
Wie hält eine Familie zusammen?
Wie streiten wir uns? Wie ist das mit der Liebe nach 30 Jahren Beziehung? Wie ist das, wenn die Kinder plötzlich raus sind und das Leben anders ist? Warum sind wir, wie wir sind, obwohl wir das manchmal nicht wollen? Wie hält eine Familie eigentlich zusammen, in der alle älter werden, die Pubertät durchlaufen, Rückschläge hinnehmen, Träume verfolgen und, und, und?
Verschiedenheit ist keine Hürde
Verschieden zu sein, das zeigt das Projekt der beiden Frauen, muss keine Hürde sein. Ganz im Gegenteil. „Es gibt ja Sachen, da werde ich nie mehr hinterherkommen“, sagt die 52-jährige Gaby. „Ich höre mir zum Beispiel keine Sprachnachrichten in zweifacher Geschwindigkeit an, um mir mal ganz schnell Infos reinzupfeifen. Da hat die Welt der jungen Menschen sich einfach weitergedreht.“ Aber Christina sagt eben auch: „Da ist eine Frau, die drei Kinder großgezogen und vieles geschafft hat und die ein ähnliches Weltbild wie ich hat. Das macht es aus. In Kontakt zueinander bleiben.“
„Eigentlich müssten wir das mal aufzeichnen, war der Gedanke. Wenn uns das bewegt und hilft, dann ist das bestimmt auch bei anderen so. Wir sind doch ganz normale Menschen. Da kann jeder mitreden.“
Zehn Folgen sind mittlerweile draußen. Und wer jemals versucht hat, etwas aufzubauen, das andere erreichen und vielleicht sogar auch binden soll, wird wissen, dass die hohe Abonnentenzahl von 1000 zu diesem frühen Zeitpunkt ein großer Erfolg ist. „Den wir ja gar nicht suchen“, sagt Gaby. „Wir wollen nicht berühmt werden, sondern einfach etwas weitergeben.“ Darin liegt in dieser Gründungsphase von „Auf‘n Pott Kaffee“ etwas Unbeschwertes und Echtes.
Das Leben ist nicht immer perfekt
„Das Leben ist nicht immer perfekt, wir sind nicht immer perfekt. Aber das Tolle am Leben ist, dass wir uns immer weiter entwickeln können und jeden Tag die Chance haben, Dinge zu verändern. Und ich denke gerade, dass unser Podcast das in gewisser Weise widerspiegelt“, sagt Gaby.
Der Podcast ist bei allen großen Streaming- und Audioanbietern hörbar.