Hohenlimburg. In kaum einem Gebiet der Stadt war das Nachtleben so groß wie hier. Auftakt einer Serie mit großen Erinnerungen, Bildern und Wirten.
Die Resonanz ist überwältigend. Einem Aufruf in dieser Zeitung, Erinnerungen an die große Hohenlimburger Kneipenzeit zu teilen, folgten so viele Menschen, dass die vielen Orte, Anekdoten, Wirte, Geschehnisse und Rückblicke nicht annähernd in einer Berichterstattung zu bündeln sind. Wie erste Recherchen zeigen, befanden sich in der einstigen Stadt Hohenlimburg sage und schreibe 81 Kneipen und Diskotheken. Eine Zahl, die im Gebietsverhältnis zum Hagener Stadtgebiet immer noch überragt und für sich steht. Und die vor allem für ein großes Gefühl steht, das Menschen in Hohenlimburg über Jahrzehnte miteinander verbunden hat.
Michael Schuh ist den Menschen in Hohenlimburg heute nicht nur als Geschäftsführer der Bürger für Hohenlimburg (BfHo), sondern auch als langjähriger Journalist im Stadtteil bekannt. Vor allem aber als Hohenlimburger Junge, der eine Leidenschaft hat: „Ich liebe gute alte Kneipen ohne großes Tamtam.“ Solche Kneipen eben, in denen es eben außer Bier nicht viel gibt. Außer vielleicht einer Frikadelle mit Senf. Daneben aber vor allem den Wirt oder die Wirtin als Mensch, der diese Kneipe prägt. Michael Schuh ist nach dem Aufruf dieser Zeitung in einer größere Recherche eingestiegen und hat entlang des Ortsteil-Rasters Innenstadt/Wesselbach, Oege, Nahmer, Reh/Henkhausen und Elseys 82 Betriebe identifiziert.
„In immerhin 59 Stück davon habe ich noch selbst ein Pils getrunken, die anderen kenne ich nur aus Erzählungen“, sagt Michael Schuh. Über ihn sind bereits Kontakte zu alten Wirtinnen und Wirten entstanden, die die große Hohenlimburger Kneipen- und Diskozeit geprägt haben und die die Redaktion noch journalistisch aufgreifen wird. Parallel dazu arbeitet der Hohenlimburger Heimatverein an einem seriellen Format, das den großen Kneipenbogen schlagen soll. „Zu vielen Kneipen haben wir Material, Bilder, texte oder Erinnerungen. Zu anderen aber nicht“, sagt der Vorsitzende Widbert Felka. Mit dem Archiv des Vereins wird die WP bei allen Berichterstattungen eng zusammenarbeiten.
Und aus jenem Archiv stammt (auch wörtlich) eine erste Erinnerung, die sich um eine der markantesten Innenstadt-Kneipen dreht: die kleine Gaststätte Busch. Das Wirtshaus stand zu alten Hohenlimburger Zeiten in der Mittelstraße 11, seit 1977 Lohmannstraße genannt. Eigentümer des Fachwerkhauses war im Rahmen der Hohenlimburger Innenstadtsanierung der späten 1960er- bis 1980er-Jahre die damalige Landesentwicklungsgesellschaft NRW geworden. Das Gebäude lag im Sanierungsgebiet.
Bevor die Fachwerkfassade um 1981 freigelegt wurde, wies das Haus eine Blechverkleidung auf. Pächter und Wirt war seit dem 1. September 1955 Horst Fieck. Am 27. August 1983 schenkte er das letzte Pils der Marke „DAB“ aus, um die gastliche Stätte danach aus Altersgründen für immer zu schließen. Er hatte die über Generationen überaus beliebte, gut bürgerliche Kneipe damit 28 Jahre lang geführt.
Legendär waren die Frikadellen seiner Frau Irma, wie deren Schnitzel, etwa das „Westfälische”. Zur Kneipe gehörte auch der Boxerhund „Jokie“, der gern in einer Luke der Wand hinter der Theke am Geschehen teilnahm. Legendär waren die ledernen Halteschlaufen an der Decke vor der Theke – sie sollen alten Straßenbahnbeständen entstammt haben –, in die der ermüdete Zecher greifen konnte, um seine Standfestigkeit nicht zu gefährden. Nach dieser Ära stand das Fachwerkhaus über zehn Jahre lang leer, bis es im Dezember 1994 baufällig abgerissen wurde.
Die Chronik einer Kneipe
Einige Fassadenteile und die Eingangstür konnten erhalten werden, um sie in den geplanten Neubau, der dem alten Fachwerkhaus nachempfunden wurde, zu integrieren. Bauherr war der Investor des Mitte der 1980er Jahre östlich (Herrenstraße) und südlich (Bahnstraße) angrenzend errichteten Wohnbebauungskomplexes. Der Kern des neuen, 1995/1996 erbauten unterkellerten Gebäudes besteht aus einem Stahlskelett. Der Öffentlichkeit vorgestellt und eröffnet wurde das als Speiselokal konzipierte neue „Haus Busch”, wie es der Investor nun nannte, im Mai 1996.
Im Ausschank war Krombacher Pils. Mit der früheren Kneipe Busch hatte es außer diesem Namen und der nachgebildeten Außenfassade nichts mehr gemein. Das neue Pächterehepaar führte das Haus vierzehn Jahre lang. Beim Hohenlimburger Stadtfest im Juli 2010 wurde der Gastronomiebetrieb eingestellt. Heute ist in dem Haus der Hohenlimburger Hilfsverein „Wir in Hohenlimburg“, der aus der Fluthilfe 2021 hervorgegangen ist, einquartiert und gibt Kleiderspenden aus.
Die Redaktion wird in den kommenden Wochen und Monaten immer wieder Schlaglichter auf alte Betriebe werfen und Menschen in diesem Zusammenhang zu Wort kommen lassen. Ganz wichtig ist: Melden Sie, liebe Leser, sich weiterhin bei uns und geben uns Tipps und Hinweise zur großen alten Kneipen-Zeit. Gerne per Mail an Hohenlimburg@westfalenpost.de. In einer der nächsten Berichterstattungen wird es auch einen räumlichen Überblick über die alte Kneipenlandschaft geben.