Hagen. Weil der Betrieb auf Dauer nicht wirtschaftlich ist, will der Träger Sparmaßnahmen ergreifen. 18 Kitas in Hagen sind betroffen

Stundenkürzungen beim Personal, Einschränkung von Zusatzangeboten, keine weitere Zusammenarbeit mit Personaldienstleistern und nur noch dringend nötige bauliche Maßnahmen, wenn ein Sicherheitsrisiko besteht: In den katholischen Kindertageseinrichtungen in Hagen gibt es seit kurzem drastische Sparmaßnahmen. 18 Kitas, verteilt über das ganze Stadtgebiet, sind davon betroffen.

Die Eltern merken die Auswirkungen schon jetzt: „Wir befinden uns seit einem Monat in der Notbetreuung. Die findet derzeit nur noch bis 14 Uhr statt“, sagt Sabrina Balkenhol, betroffene Mutter und Vorsitzende des Jugendamtelternbeirats in Hagen. „Viele Eltern stehen wieder vor dem Problem, dass sie keine verlässliche Kinderbetreuung haben. So kann es nicht weitergehen“, macht die Hagenerin ihrem Ärger Luft (siehe Beitext). Auf einen Brandbrief der Elternschaft hätten bislang weder der Träger (die Katholische Kindertageseinrichtungen Ruhr-Mark gem. GmbH) noch das Erzbistum reagiert. Die Eltern fühlen sich im Stich gelassen.

Auch interessant

Einrichtungen auf Dauer nicht wirtschaftlich

Der Hintergrund für den Sparkurs: Viele Träger stünden „vor einer angespannten finanziellen Lage, die insbesondere auf die derzeitigen Rahmenbedingungen des Kinderbildungsgesetzes (KiBiz) zurückzuführen ist“, heißt es in einem zweiseitigen Brief an die Eltern (liegt der Redaktion vor). Eine Studie der Prognos AG habe aufgezeigt, dass die finanziellen Mittel nicht ausreichen würden, um den Betrieb der Kitas langfristig zu sichern. Man habe auf einen neuen Referentenentwurf für ein neues KiBiz gewartet. „In der Zwischenzeit sind wir gezwungen, Maßnahmen zu ergreifen“, erklärt dort Geschäftsführer Thorsten Herrmann.

Das Kinderbildungsgesetz

Das Kinderbildungsgesetz (kurz: KiBiz) gilt seit dem 1. August 2020 in NRW. Das Gesetz regelt beispielsweise die Grundlagen und die Finanzierung der Kindertagesbetreuung sowie die Rahmenbedingungen für die frühkindliche Bildung in NRW und die Personalausstattung der Einrichtungen.

Im aktuellen Haushaltsentwurf der NRW-Landesregierung sind Kürzungen bei zahlreichen sozialen Diensten und Angeboten in Höhe von 83 Millionen Euro vorgesehen - viele Träger sind davon betroffen. Aus diesem Grund ist am 13. November eine Demonstration in Düsseldorf gegen die Sparpläne geplant.

In dem Brief listet der Träger gleich mehrere Sparmaßnahmen auf. Besonders drastisch aus Sicht der Eltern ist dabei die Anpassung der Personalstunden in der ohnehin schon angespannten Personallage, die kaum Luft für Urlaube oder Ausfälle lässt. „Bislang haben wir als Träger mit einem eigenfinanzierten Personalstundenüberhang die Betreuung gestärkt. Nun werden wir die Stunden der Fach- und Ergänzungskräfte in Richtung der gesetzlich vorgeschriebenen Mindestbesetzung reduzieren müssen“, erklärt der Träger. Dies könne bei einem Dienstausfall zu einer eingeschränkten Betreuung führen - wie aktuell unter anderem in der Kita „Maria Königin des Friedens“ am Kuhlerkamp. Insgesamt sind 156 Einrichtungen in Hagen und der näheren Umgebung betroffen.

Auch interessant

Zusatzangebote fallen weg

Zusätzliche Angebote und Aktionen könnten nur noch erfolgen, sofern entsprechende Personalkapazitäten vorhanden seien. Zudem wolle man die Zusammenarbeit mit Personaldienstleistern beenden und so weitere Kosten reduzieren, heißt es weiter. Bauliche Maßnahmen würden nur noch durchgeführt, „wenn eine akute Gefahr für Kinder und Personal besteht“, so der Träger. „Wir stehen über unser Bistum, das katholische Büro und unseren Dachverband in engem Austausch mit den KiBiz-Verantwortlichen. Parallel dazu arbeiten wir an weiteren Finanzierungsmöglichkeiten“, kündigt der Träger an - und lädt die Elternbeiräte für die kommende Woche nach Dortmund zu einem Austausch ein.

Weitere spannende Themen aus Hagen

Dechant Dieter Aufenanger zeigt Verständnis für beide Seiten, versteht aber auch die Wut der Hagener Familien: „Es ist eine Schande, dass die Sparpolitik des Bundes auf dem Rücken der Familien und Erzieherinnen und Erzieher ausgetragen wird. Die Kitas sind schon seit Jahren unterfinanziert und das KiBiz lässt kaum Spielraum für Lösungen. In der Politik muss sich etwas ändern“, spielt er nicht nur auf die Finanzierung, sondern auch die Anpassung der Personalschlüssel an. Entschieden möchte er dem Gerücht entgegentreten, dass Kita-Schließungen in Hagen bei den katholischen Einrichtungen geplant sind. Das sei nicht der Fall.

Dechant Dieter Aufenanger

„Die Kitas sind schon seit Jahren unterfinanziert und das KiBiz lässt kaum Spielraum für Lösungen. In der Politik muss sich etwas ändern“

Dieter Aufenanger

Die Katholische Kindertageseinrichtungen Ruhr-Mark gem. GmbH hat sich auf eine Anfrage der Redaktion zu weiteren Hintergründen am Dienstag nicht zurückgemeldet.