Hagen. Sayeh Shahjmali-Grigori hat sechs Kinder - ein eigenes und fünf, die sie als Tagesmutter betreut. Aber was ist mit Tagesvätern in Hagen?
Bei Sayeh Shahjmali-Grigori (38) aus Hagen fließen regelmäßig Tränen. Immer dann, wenn es heißt, Abschied zu nehmen. Abschied von den Kindern, die sie so liebgewonnen hat. Doch trotz aller Wehmut, die ihr Beruf mit sich bringt, möchte die Hagenerin keinen anderen Job auf der Welt lieber verrichten: „Ich habe meinen Traumberuf gefunden. Tagesmutter zu sein, erfüllt mich voll und ganz. Es ist mein Lebensinhalt.“
„Ich habe meinen Traumberuf gefunden. Tagesmutter zu sein, erfüllt mich voll und ganz. “
Seit sieben Jahren ist Sayeh Shahjmali-Grigori inzwischen als „Kindertagespflegeperson“, so die amtsdeutsche Bezeichnung, in Hagen tätig. Eine Tagesmutter darf bis zu fünf Kinder in ihren eigenen vier Wänden betreuen. Sayeh Shahjamali-Grigori hätte sich früher nicht träumen lassen, dass sich in ihrem Leben einmal alles um kleine Kinder drehen würde, doch nach der Geburt ihrer Tochter und einem Jahr Elternzeit ließ sie sich von einer Freundin überreden, die Ausbildung zur Tagesmutter zu absolvieren.
Heute betreut die Medizintechnikerin in ihrer Wohnung in der Innenstadt fünf Kinder – vier Jungen und ein Mädchen. „Es ist so, als würde ich meine eigenen Kinder erziehen“, sagt sie: „Tagesmutter zu sein heißt für mich, einfach Mutter zu sein.“
Ein lukrativer und verantwortungsvoller Beruf
Längst nicht alle der rund 70 Tagesmütter in Hagen haben fünf Kinder unter ihren Fittichen, was nicht zuletzt von der Größe der Wohnung abhängt. Die 300 Stunden umfassende Ausbildung wird von der Stadt Hagen finanziert und ist Voraussetzung dafür, dass eine Frau als Tagesmutter arbeiten darf. Die Bezahlung beläuft sich auf 5,50 Euro pro Stunde pro Kind - ein durchaus lukrativer, aber auch verantwortungsvoller Job. „Es ist schon eine Hausnummer, fünf kleine Kinder bis zu acht Stunden am Tag im Auge behalten zu müssen“, sagt Nicole Schröder aus der Abteilung Tagesbetreuung für Kinder im Hagener Rathaus, die früher selbst als Tagesmutter gearbeitet hat: „Als Kindertagespflegeperson hat man einen Bildungsauftrag zu erfüllen, muss die Lernfortschritte der Kinder dokumentieren und Entwicklungsgespräche mit den Eltern führen.“
Sayeh Shahjmali-Grigori hat ihre geräumige Wohnung ganz auf die Bedürfnisse ihrer kleinen Schützlinge abgestimmt. Alle scharfen Kanten sind mit Eckschutzprofilen und Stoßschutzstreifen versehen, Kisten mit Autos, Puppen und anderem Spielzeug sind ebenso schnell hervorgeholt wie verstaut, die Kinder dürfen sowohl im Wohn- als auch im Zimmer ihrer Tochter spielen.
Regelmäßig liest sie aus Bilderbüchern vor, Peppa Wutz gehört ebenso zum Kanon wie Grimms Märchen. Gemeinsame Mahlzeiten und ein Mittagsschläfchen gehören ebenfalls zum festen Programm, Zwergkarnickel Perla darf frei in der Wohnung umherlaufen. Gerade für unter dreijährige Kinder ist die Betreuung durch eine Tagesmutter die ideale Alternative zum oft lauten, wuseligen Kindergarten: „Die Kinder genießen hier einen geschützten Raum, in dem sie sich frei entfalten können“, sagt Nicole Schröder.
Rechtsanspruch ab dem vollendeten ersten Lebensjahr
In Nordrhein-Westfalen hat jedes Kind ab dem vollendeten ersten Lebensjahr einen Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz und ab dem dritten Lebensjahr einen Anspruch auf einen Platz in einer Kindertageseinrichtung. Sayeh Shahjmali-Grigori hat sogar schon einmal ein vier Monate altes Baby betreut. Viele Kinder hat sie acht Stunden pro Tag in ihrer Obhut, sie lernen unter ihrer Aufsicht zu laufen und zu sprechen, ihre Wohnung ist der Kosmos, in dem die Jungen und Mädchen aufwachsen und in dem sie viele Phasen der so wichtigen Entwicklung in den ersten Lebensjahren verbringen. Es mag eine subjektive Momentaufnahme sein, aber Sayeh Shahjmali-Grigori strahlt eine innere Ruhe und Ausgeglichenheit aus, die sich auf die Kinder überträgt.
Die Stadt Hagen möchte weitere Kindertagespflegepersonen gewinnen, ein neuer Ausbildungskurs hat soeben begonnen, der nächste findet 2025 statt. Zum Anforderungsprofil gehören soziales Engagement, eine ansprechende häusliche Umgebung, der Hauptschulabschluss und ein Mindestalter von 25 Jahren. Eine Tagesmutter muss rauchfreie Räumlichkeiten bieten, vor allem aber ein großes Herz für Kinder haben.
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Die Tränen bei Sayeh Shahjmali-Grigori fließen spätestens dann, wenn die Betreuungszeit endet und sie die Kinder - meistens, wenn diese drei Jahre alt werden -, wieder abgeben muss. Das ist so, als würde sie ein eigenes Kind verlieren, aber sie weiß natürlich, dass sie die Jungen und Mädchen nicht behalten kann. Einen Tagesvater gibt es in Hagen nicht. Grundsätzlich steht die Tätigkeit aber auch Männern offen. Interessierte können sich an die Stadtverwaltung wenden.